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ILO-Entscheidung zu Belarus

Gewerkschaftsrechte systematisch verletzt

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) fordert, die Unterdrückung und Verhaftung von Gewerkschafter:innen in Belarus zu beenden. Die freien Gewerkschaften kämpfen weiter – auch mit Unterstützung des DGB und der GEW.

Foto: By Immanuel Giel (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons

Auf ihrer Jahreskonferenz übte die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) im Juni scharfe Kritik an der eklatanten Verletzung von internationalen Arbeitsstandards in Belarus. Der Normenüberwachungsausschuss, das höchste internationale Überwachungsgremium zur Einhaltung internationaler Arbeitsstandards, hatte sich zuvor eingehend mit der Situation in Belarus befasst.

Er kommt zu einem klaren Ergebnis: Angesichts der extremen Gewalt zur Unterdrückung friedlicher Proteste und Streiks nach den Präsidentschaftswahlen im August 2020 hat sich die Situation für die unabhängigen Gewerkschaften im Land weiter verschlechtert. Belarus wurde erneut in die Liste der Länder aufgenommen, die systematisch die Rechte von Beschäftigten und ihrer Vertretung verletzen.

Die ILO fordert von der Regierung in Belarus:

  • ohne Verzögerung Arbeitnehmerrechte und -freiheiten vollständig anzuerkennen
  • den Schutz von Gewerkschaftsvertreter:innen bei der Ausübung ihrer Funktionen und der Wahrnehmung ihrer Freiheitsrechte zu garantieren
  • Maßnahmen zur Freilassung aller Gewerkschafter:innen zu ergreifen und alle Verfahren im Zusammenhang mit der Beteiligung an friedlichen Protestveranstaltungen einzustellen
  • Verhaftungen oder die Anwendung von Gewalt, Einschüchterung oder Verfolgungen von Gewerkschaftsfunktionären und Mitgliedern zu unterlassen

„Die Entscheidung der ILO verlangt nicht nur klare Maßnahmen von Belarus zur Einhaltung internationaler Menschenrechte, sondern begründet auch ein moralisches Gebot für die internationale Staatengemeinschaft nicht tatenlos zuzusehen“, kommentiert Frank Hoffer von der Global Labour University den aktuellen Beschluss der ILO im DGB-Magazin Gegenblende.

Auszeichnung für couragiertes Eintreten

Am 17. Juni wurden die freien Gewerkschaften von Belarus für ihr couragiertes Eintreten für Arbeitnehmerrechte mit dem Arthur Svensson Preis ausgezeichnet.Trotz anhaltender Repressionen und Verhaftungen haben die freien Gewerkschaften nie aufgehört, Beschäftigte zu organisieren und für ihre Rechte einzutreten, heißt es in der Begründung (englisch) zur virtuellen Verleihung.

Der internationale Preis wird jedes Jahr an Einzelpersonen und Organisationen vergeben, die in bedeutendem Maße zur Förderung der Gewerkschaftsrechte weltweit beitragen.

GEW unterstützt freie Gewerkschaft in Belarus

Auch an den Hochschulen wird der Belarussischen Freien Gewerkschaft (SPB) weiterhin die Anerkennung verweigert. Hochschulbeschäftige und Studierende werden von den Hochschulleitungen unter Druck gesetzt, wenn sie Gewerkschaftsorganisationen gründen und der SPB beitreten wollen. Zahlreiche Studierende wurden exmatrikuliert, Wissenschaftler:innen entlassen oder ihre befristeten Verträge nicht verlängert.

Die GEW hat sich deshalb im Mai an das Wissenschaftsministerium und die Hochschulleitung der Belarussischen Staatsuniversität gewandt, um gegen die Entlassungen zu protestieren und die Einhaltung von Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechten anzumahnen. „Wir erwarten von der Hochschulleitung, dass sie alle Hindernisse für Gewerkschaften bei der Ausübung ihrer Rechte beseitigt und solidarisieren uns mit unserer Schwestergewerkschaft SPB“, heißt es in dem Schreiben.

Der DGB und die Einzelgewerkschaften werden den Austausch mit den freien Gewerkschaften auch zukünftig fortsetzen.