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IGB-Weltkongress in Berlin

Rund 1.500 Delegierte und Gäste aus aller Welt haben vom 18. - 23. Mai 2014 am dritten Weltkongress des Internationalen Gewerkschaftsbunds teilgenommen, der unter dem Motto "Building Workers` Power“ in Berlin stattfand.

Fotos: Manfred Brinkmann

Aus Sicht der Bildungsgewerkschaften ist wohl das bemerkenswerteste Ergebnis des Weltkongresses des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB), der nach einer Woche am 23. Mai 2014 in Berlin zu Ende ging, dass die Weltorganisation künftig von einer Lehrerin, der Australierin Sharan Burrow als Generalsekretärin, und einem Hochschullehrer, dem Brasilianer Joao Antonio Felicio als Präsident geführt wird. Die Bildungsgewerkschaften waren ansonsten nur mit etwa 100 unter den 1.500 Delegierten vertreten und Bildungsfragen spielten keine explizite Rolle unter den Tagungsthemen, sieht man einmal von der Rede des UN-Beauftragten für Bildungsfragen, des ehemaligen britischen Premierministers Gordon Brown, ab.

Indirekt kam die Forderung nach besserer Bildung - etwa als Voraussetzung zur Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten oder der Mobilisierung von Arbeitsemigranten – immer wieder zur Sprache. Am Rande des IGB-Kongresses hatte die GEW die Delegierten der internationalen Bildungsgewerkschaften zu einem Abendempfang in die Landesvertretung Schleswig-Holstein ins Zentrum Berlins eingeladen, wo die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe u.a. den Generalsekretär der Bildungsinternationalen (Educational International), Fred van Leeuwen, begrüßen konnte.


Katar als Beispiel moderner Sklaverei

Der Kongress hatte sich drei große Themen gesetzt: Gewerkschaftswachstum, Förderung der Arbeitnehmerrechte und nachhaltige Arbeitsplätze. In einer Reihe von Subplenen berichteten Delegierte aus allen Kontinenten anschaulich über die Verletzung von Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechten, über Langzeitarbeitslosigkeit und den großen Anteil informeller Arbeit, über die 400 Millionen ‚Working Poor‘, über die zunehmende soziale Spaltung weltweit und nicht zuletzt darüber: Drei Viertel der Menschheit sind ohne sozialen Schutz!

In dem Subplenum „Arbeitnehmerrechte“ etwa wurde deutlich, wie viele ausbeuterische Facetten prekäre Arbeit hat, die nicht nur immer auf Profitmaximierung zielt, sondern auch auf die Verhinderung gewerkschaftlicher Organisierung. Ein weiterer Schwerpunkt in diesem Subplenum war die Lage der Wanderarbeiter. Spektakulärer Höhepunkt war der Auftritt des französischen Fußballprofis Zahir Belounis, der ein Jahr lang in Katar festgehalten wurde, die dortige „Kafala“ als System der Rechtlosigkeit und Sklaverei geißelte und sich nun für die Rechte von Arbeitsemigranten engagiert.

Kampagnen statt klassischer Lobbyarbeit in internationalen Institutionen

So war eine der Forderungen, die der neue IGB-Präsident Joao Felicio mit nach Brasilien nahm, bei der Fifa nicht nur die unmenschlichen Arbeitsbedingungen auf den WM-Baustellen in Katar anzuprangern, sondern zu fordern, neu über den Austragungsort der Fußball-WM 2022 abstimmen zu lassen. Die Agenda, auf die sich die Gewerkschaften für die nächsten vier Jahre zum Abschluss des Kongresses verpflichteten, war konsequenterweise – ausgehend von Katar – alle Formen moderner Sklaverei zu bekämpfen und zu beenden. Darüber hinaus wollen sie sich für einen Mindestlohn stark machen, von dem die Beschäftigten in Würde leben können. Hier fasst man als erstes ins Auge, den Teufelskreis der Hungerlöhne in den Lieferketten globaler Konzerne zu beenden.

Für eine solche Agenda wird es neuer Strategien bedürfen, die über klassische Lobbyarbeit in internationalen Institutionen hinausgeht und vor allem die Bedeutung von Kampagnen erkennt. Thematisches Neuland betritt der IGB mit der Forderung nach einem ehrgeizigen Klimaschutzabkommen: „There are no jobs on a dead planet“. Die Vernetzung von Arbeitnehmerorganisationen, Umweltschützern, NGOs und sozialen Bewegungen wurde als zwingend notwendig erkannt.

Neue Stärke der Internationalen Gewerkschaftsbewegung

Nicht zuletzt aber will man 27 Millionen neue Mitglieder organisieren. Zwar ist der IGB der weltweit größte Verband freier Gewerkschaften mit 176 Millionen Mitgliedern in 161 Ländern. Man darf aber nicht vergessen, dass nur 7 % der Arbeitnehmer überhaupt gewerkschaftlich organisiert sind (11% in der formellen Ökonomie). Und der All-Chinesische Gewerkschaftsverband - der nicht zum IGB gehört - hat allein mehr Mitglieder als der IGB weltweit. In der Lobby des Kongresszentrums „City Cube“ wurden übrigens kostenlos Schals mit dem ITUC-Logo ausgegeben. Nur wenigen ist das Kleingedruckte aufgefallen: „Made in China“!

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass auch große Reden gehalten wurden: vom scheidenden IGB-Präsidenten Michael Sommer („Wir sind die Vereinten Nationen der arbeitenden Menschen“), Außenminister Frank-Walter Steinmeier („Die Ungleichheit spaltet Gesellschaften“), vom ILO-Generaldirektor Guy Ryder u.a. In vielen Plenardiskussionen wurde die neue Geschlossenheit und Stärke der Internationalen Gewerkschaftsbewegung sowie die Notwendigkeit globaler Strategien gegen die Macht neoliberaler Akteure auf den Weltmärkten zum Ausdruck gebracht. Übrigens: Jeff Bezos von Amazon gewann die IGB-Abstimmung über den schlechtesten Boss der Welt.