National Education Union (NEU)
„Hungrige Kinder können nicht lernen“
Die britische Bildungsgewerkschaft National Education Union führt eine Kampagne, um allen Grundschulkindern in England eine kostenlose Schulmahlzeit zu bieten. Auch in Deutschland sollte es laut GEW ein entsprechendes Angebot geben.
In Großbritannien leben 4,3 Millionen Kinder in Armut. Angesichts von steigenden Preisen und sinkenden Löhnen falle es vielen britischen Eltern schwer, ihre Kinder ausreichend und gesund zu ernähren. „Wenn Kinder hungrig sind, können sie nicht lernen. So einfach ist das.“ Darauf verweist die britische Kampagne „Free School Meals for All“. Sie fordert, eine kostenlose warme Mahlzeit allen Grundschulkindern in England anzubieten.
Kampagne wird breit unterstützt
Initiiert wurde die Kampagne im September 2022 von der GEW-Schwestergewerkschaft National Education Union (NEU). Unterstützung leisten inzwischen mehr als 300 Organisationen und Einzelpersonen. Der Bürgermeister von London gehört ebenso dazu wie die Child Poverty Action Group, die Tageszeitung Daily Mirror, Parlamentsabgeordnete sowie religiöse und gemeinnützige Organisationen. Auch Schauspielerin Kate Winslet, Popmusiker Ed Sheeran und Star-Koch Yotam Ottolenghi machen mit.
Schulessen bislang nur für Klassen 1 und 2
Bislang bieten Englands Schulen lediglich während der ersten beiden Schuljahre ein kostenloses tägliches Essen. Ab Klasse 3 gehen die Kinder leer aus. Schottland begann 2021, das Schulessen auf alle Mädchen und Jungen unter neun Jahren auszuweiten. In Wales erhalten seit 2022 alle Schulkinder eine kostenlose warme Mahlzeit. „Die Kampagne hat den Erfolg, dass inzwischen auch in London allen Grundschulkindern ein kostenloses Schulessen geboten wird“, erklärt ein NEU-Sprecher.
Nun soll ein weiterer Schritt erfolgen. „Es ist Zeit, dass England aufholt“, heißt es in einem Offenen Brief der Kampagne, der an den britischen Premierminister Keir Starmer (Labour-Partei) gerichtet ist. England solle das kostenlose Schulessen allen Kindern der - sechs Jahre umfassenden - Grundschule ermöglichen. Das entlaste auch arme Familien, argumentieren die Initiator*innen und Unterstützer*innen der Kampagne.
Bürgerrat ebenfalls für kostenlose Mahlzeiten
In Deutschland forderte der Bürgerrat Ernährung im Januar dieses Jahres, kostenlose tägliche Mahlzeiten für alle Schulkinder einzuführen. Der vom Deutschen Bundestag eingesetzte Bürgerrat verwies dazu auf internationale Studien. In Schweden und Finnland gebe es seit Jahrzehnten Gratismittagessen an Bildungseinrichtungen. Dort seien „positive Effekte auf die Gesellschaft gemessen worden“. Das betont die emeritierte Professorin Ulrike Arens-Arzêvedo, Ernährungswissenschaftlerin an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg.
Laut Statistischem Bundesamt sind in Deutschland 2,1 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren „armutsgefährdet“. Betroffen seien vor allem Mädchen und Jungen, deren Eltern niedrige Bildungsabschlüsse haben. Die Hilfsorganisation Save the Children Deutschland e.V. spricht gar von drei Millionen Unter-18-Jährigen, die hierzulande in Armut leben. „Sie können sich nicht gesund und ausgewogen ernähren“, betont der Verein.
„Ein gut organisiertes und kostenfreies schulisches Mittagessen ermöglicht allen Kindern, sich in der Schule wohlzufühlen.“ (Anja Bensinger-Stolze)
Ab 2026 wird bundesweit für Grundschulkinder ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung schrittweise eingeführt. Weit mehr Schulen als heute stehen dann vor der Aufgabe, ein gesundes, abwechslungsreiches Mittagessen anzubieten. Dazu erklärt Anja Bensinger-Stolze, Vorsitzende des GEW-Vorstandsbereichs Schule: „Das Mittagessen in der Schule ist für alle Kinder von besonderer Bedeutung. Am Essen teilzunehmen, ermöglicht ihnen die soziale Teilhabe am Leben in der Schule. Ein gut organisiertes und kostenfreies schulisches Mittagessen ermöglicht allen Kindern, sich in der Schule wohlzufühlen.“