Die Gewerkschaften seien nicht gegen internationalen Handel und Globalisierung - "aber die Gewinne sind immer ungleicher verteilt", betonte der DGB-Chef. "Deshalb brauchen wir eine neue und andere Handelspolitik." Der Protest gegen die Freihandelsabkommen mit den USA und Kanda sei zudem "nicht nur ein deutscher Protest, alle Gewerkschaften in Europa sind sich einig".
Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger kritisierte, TTIP und CETA hätten keinen fairen Handel zum Ziel, sondern "dienen kurzfristigen Gewinnerwartungen von Konzernen". Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, unterstrich: "Es geht ganz grundsätzlich um die Frage, wer hier das Sagen haben soll." Deutschland sei "nicht nur Wirtschafts-, sondern vor allem Lebensstandort".
Schon bei der Auftaktkundgebung am Hauptbahnhof hatte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter die Demonstranten eingeschworen: "Wir können die Regierung unter Druck setzen." Es dürfe nicht zugelassen werden, "dass seltsame Geheimverträge darüber entscheiden, was wir essen, und was wir tun". Bei den Mehrheitsverhältnissen im Deutschen Bundestag sei es wichtig, "dass noch mehr Protest auf der Straße stattfindet", sagte Linken-Parteichef Bernd Riexinger.
Druck auf das öffentliche Bildungssystem könnte steigen
Bei den transatlantischen Freihandelsabkommen geht es um den Abbau von Handelshemmnissen, insbesondere mit Blick auf den Handel mit Dienstleistungen. Die TTIP-Befürworter - etwa die Industrie und die Europäische Kommission - erhoffen sich mehr Wirtschaftswachstum. Die Gegner befürchten, dass allein Großkonzerne profitierten und die demokratische Mitbestimmung massiv beschnitten werde. Zudem rechnen sie mit einem Abbau von Umwelt-, Sozial-, Verbraucher- und Arbeitnehmerstandards.
Die GEW lehnt sowohl TTIP als auch CETA strikt ab. Beide Abkommen stellen nach Ansicht der Gewerkschaft eine Bedrohung der öffentlichen Daseinsvorsorge in Deutschland und Europa dar. Auch der Druck auf das öffentliche Bildungswesen könnte steigen, Privatisierungen wären eine Folge. Konkurrenz und Exklusion statt guter Bildung für alle könnte das Ergebnis sein. Neben der GEW-Vorsitzenden Tepe marschierten am Samstag auch ihr Stellvertreter Andreas Keller, die GEW-Vorstandsmitglieder Frauke Gützkow, Norbert Hocke und Ansgar Klinger sowie viele weitere GEW-Mitglieder mit.
"Schluss mit der Geheimdiplomatie"
Im Fokus der Kritik steht weiter der geplante Investorenschutz - auch wenn die EU-Kommission inzwischen einen Reformvorschlag vorlegte und ein TTIP-Handelsgericht schaffen will. Investorenschutz bedeutet, dass ausländische Investoren vor Schiedsgerichten gegen Regierungen klagen könnten, wenn diese Entscheidungen träfen, die ihre Investments gefährden könnten. Die Investitionsschutzklausel könnte nationales Recht damit aushebeln.
"Es muss Schluss sein mit der Geheimdiplomatie und den Verhandlungen hinter verschlossenen Türen", monierte Hoffman. So etwas dürfe es in einer Demokratie nicht geben. Auch Schneider verlangte transparente Verhandlungen statt "Kungelrunden zwischen Konzernen und Staaten". Hoffmann gab sich sogar optimistisch: Sollte es bei den Wahlen am 19. Oktober in Kanada zu einem Regierungswechsel kommen, werde die neue Regierung CETA nicht ratifizieren. Und Schneider betonte: "Wenn TTIP nicht gestoppt wird, kommen wir wieder - und wir werden noch viel mehr sein".
Zu den Protesten unter dem Motto "TTIP und CETA stoppen! Für einen gerechten Welthandel!" aufgerufen hatte ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Entwicklungs-, Umwelt- und Kulturorganisationen - darunter der DGB und die GEW, der BUND, der Deutsche Kulturrat und Greenpeace. Grüne und Linke unterstützten die Aktion. Die Organisatoren rechneten ursprünglich mit rund 50.000 Teilnehmern. Die Europäische Bürgerinitiative (EPI) hatte zuvor rund drei Millionen Unterschriften zum Stopp der Verhandlungen gesammelt.
Impressionen der Massenproteste für einen fairen Welthandel