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Coronapandemie

HRK legt Finger in die Wunden der Bund-Länder-Hochschulpolitik

Die Hochschulrektorenkonferenz hat mit einer aktuellen Entschließung den Finger in die Wunden der Hochschulpolitik von Bund und Ländern gelegt. „Bleibt zu hoffen, dass nicht auch dieser Appell auf taube Ohren stößt“, sagte GEW-Vize Andreas Keller.

„Gute Rahmenbedingungen für Studium und Lehre“ lautet der Titel der Entschließung, die der Senat der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) vor dem Hintergrund der Auswirkungen der anhaltenden Coronapandemie auf den Lehr- und Forschungsbetrieb verabschiedet hat. „Viele der darin formulierten Forderungen greifen Initiativen der GEW auf“, sagte Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender der GEW und Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung.

So entspreche die HRK-Forderung nach einem Ausbau der digitalen Infrastruktur der Hochschulen „auf Basis einer entsprechenden Übereinkunft von Bund und Ländern“ dem GEW-Vorschlag für einen  „Hochschuldigitalpakt“. Auch die Initiative für eine bessere und einheitlichen Anrechnung digitaler Lehre auf die Lehrdeputate, nach einer Reform des BAföG mit einer „Notfallkomponente“, nach einem Ausbau der sozialen Infrastruktur, nach einer Verbesserung der „Teilhabe internationaler Studierender“, nach kompetenzorientiertem Prüfen, nach einer Modernisierung des Urheberrechts und nach mehr Geld für den Hochschulbau finde ihre Entsprechung in GEW-Positionen, wie sie zuletzt im Positionspapier „Lehre und Studium krisenfest machen“ vom Herbst 2020 zugespitzt worden seien.

„Alles in allem zeigt der Rundumschlag der HRK, wie groß der Handlungsbedarf in der Hochschulpolitik von Bund und Ländern ist. Wie ein Brennglas hat die Coronakrise die Strukturdefizite des Hochschulwesens sichtbar gemacht.“ (Andreas Keller)

GEW-Kritik an HRK-Forderungen zum Kapazitätsrecht

Kritisch sah Keller hingegen die HRK-Forderung nach einer Flexibilisierung des Kapazitätsrechts. „Es trifft zwar zu, dass die in den derzeitigen Kapazitätsverordnungen niedergelegten Curriculum-Normwerte nicht die Anforderungen an eine intensivere Betreuung der Studierenden im Bologna-Zeitalter mit einer immer heterogener zusammengesetzten Studierendenschaft gerecht werden. Was aber nicht geht: Zulassungsbeschränkungen vollständig von den Lehrkapazitäten zu lösen. Das Recht auf Hochschulzulassung hat Grundrechtstatus. Wir müssen daher den Numerus clausus durch einen massiven Ausbau der Lehrkapazitäten und eine damit einhergehende Verbesserung der Betreuungsrelationen überflüssig machen – so herum wird ein Schuh draus. Ich wünsche mir einen Einsatz der HRK auch für diese Zielsetzungen“, führt Keller aus.

Unterstützung gibt es von der GEW für die Forderung nach einer besseren Finanzierung neuer Studiengänge in Gesundheitswissenschaften und in der Kindheitspädagogik, die im Zug der Akademisierung dieser Berufsfelder auf- und ausgebaut werden, sowie der Lehrerinnen- und Leherbildung, für die sich neue Anforderungen etwa in den Bereichen Digitalisierung und Inklusion ergeben.

„Die Bildungswissenschaften haben eine besondere Verantwortung für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Sie müssen daher eine Aufwertung an den Hochschulen und in der Landespolitik erfahren.“ (Andreas Keller)

GEW: Impf- und Testangebote bei Öffnung der Hochschulen

Zuvor hatte HRK-Präsident Peter-André Alt Bund und Länder aufgefordert, in ihren Beschlüssen zur Coronapandemie auch die Hochschulen mitzudenken, aber darauf klar gestellt, dass die aktuelle Situation noch keine Rückkehr zu einem normalen Präsenzbetrieb an den Hochschulen erlaube. GEW-Vize Keller unterstützt diesen Kurs grundsätzlich. „Auch an den Hochschulen gilt: Gesundheit first. Inmitten einer dritten Pandemiewelle den Präsenzlehrbetrieb wieder aufzunehmen, wäre verantwortungslos. Auf der anderen Seite kann selbst gut gemachte Online-Lehre kein gleichwertiger Ersatz für die Vermittlung von Wissen und Kompetenzen in Präsenzveranstaltungen sein. „Bund und Länder müssen daher Öffnungsschritte auch für die Hochschulen in ihre Planungen einbeziehen. Wenn Bildungseinrichtungen geöffnet sind oder geöffnet werden sollen, muss den Beschäftigten ein Impf- und Testangebot gemacht werden“, erklärte der GEW-Hochschulexperte.