Cornelsen-Schulleitungsstudie 2025
Hohe Belastungen und akuter Personalmangel im Fokus
Für Schulleitungen bleibt der Lehrkräftemangel laut aktueller Studie das dringlichste Problem. Mehr als die Hälfte berichtet, es fehle akut Personal. Deutlich wichtiger wurde das Thema Gesundheit.
Schulleitungen in Deutschland operieren laut der neuen Cornelsen-Schulleitungsstudie 2025 häufig an der Grenze ihrer Belastbarkeit. Der Lehrkräftemangel bleibt die wohl größte Herausforderung. Mehr als die Hälfte der befragten Schulleitungen beklagt einen akuten Personalmangel. Ein weiteres Viertel berichtet von einem potenziellen Personalmangel, sollten studentische Lehrkräfte oder Quer- und Seiteneinsteiger*innen wegfallen. 90 Prozent der befragten Schulleitungen sagen, sie bräuchten mehr Personal, um zentrale Schulgestaltungsaufgaben umzusetzen.
„Schulleitungen und Kollegien brauchen endlich wieder Rahmenbedingungen, um ihre Arbeit professionell tun zu können.“ (Anja Bensinger-Stolze)
„Der eklatante Lehr- und Fachkräftemangel ist die Achillesferse des Schulsystems. Er bremst nicht nur nahezu jedes schulpolitische Reformvorhaben aus, sondern gefährdet mittlerweile die Bildungsanstrengungen in Deutschland insgesamt“, sagt Anja Bensinger-Stolze, GEW-Vorstandsmitglied Schule. „Schulleitungen und Kollegien brauchen endlich wieder Rahmenbedingungen, um ihre Arbeit professionell tun zu können.“
96 Prozent wünschen sich mehr multiprofessionelle Teams
Das zweitgrößte Thema für Schulleitungen ist die Gesundheit von Lehrkräften und Schüler*innen. 96 Prozent der Schulleitungen sagen, dass sie mehr multiprofessionelle Unterstützung benötigten, um psychischen Problemen und Erkrankungen bei ihren Schüler*innen zu begegnen. Auch soziale Auffälligkeiten (98 Prozent) und Lernschwierigkeiten (94 Prozent) stehen oben auf der Liste der Herausforderungen, für die aus Schulleitungssicht multiprofessionelle Unterstützung notwendig wäre.
GEW-Expertin Bensinger-Stolze schlägt vor, das Wohlbefinden der Lernenden und Lehrenden als Indikator für Schulqualität einzuführen. „Voraussetzung dafür sind deutlich mehr Zeit im Schulalltag, also die Senkung der Unterrichtsverpflichtung, die bessere personelle Ausstattung mit Lehrkräften sowie mit Personal der Schulsozialarbeit und -psychologie.“ Bensinger-Stolze spricht sich für die Etablierung von Gesundheitspersonal an Schulen aus, wie es etwa in Skandinavien zum Standard gehöre.
Ungleiche Startchancen ausgleichen
Die Mehrheit der Schulleitungen (68 Prozent) hält das deutsche Schulsystem darüber hinaus für ungerecht – rund 8 von 10 finden sogar, dass es Menschen zurücklasse. Viele Schulleitungen halten deshalb eine bedarfsorientierte Schulentwicklung für notwendig, um gezielt dort zu unterstützen, wo der Bedarf am größten ist. Ein Beispiel dafür ist das Startchancenprogramm, das von 75 Prozent der Schulleitungen befürwortet wird.
78 Prozent der Schulleitungen glauben, dass die gebundene Ganztagsschule einen Beitrag zur Verbesserung von Bildungschancen leisten könne. Vier von zehn Schulleitungen wünschen sich eine flächendeckende Umsetzung des gebundenen Ganztags. Eine spätere Differenzierung nach Schulform, die derzeit in den meisten Ländern nach der vierten Klasse erfolgt, wäre aus Sicht von 73 Prozent der Schulleitungen sinnvoll. 82 Prozent sind sich einig, dass verstärkt auf die Heterogenität von Schüler*innen eingegangen werden müsse.
„Je weniger Selektion, desto besser kann jedes Kind seine Bildungspotenziale entwickeln.“
„Die Chancengleichheit in der Bildung erhöht sich, wenn die Schülerinnen und Schüler mindestens bis zur 10. Klasse zusammen lernen. Das zeigt das Beispiel der skandinavischen Staaten. Je weniger Selektion, desto besser kann jedes Kind seine Bildungspotenziale entwickeln“, betont auch Bensinger-Stolze. „In den Bundesländern, die Gesamt- und Gemeinschaftsschulen mit der Möglichkeit ein Abitur zu machen oder eine sechsjährige Grundschule vorhalten, sind die Bildungschancen auch für benachteiligte Schülerinnen und Schüler sehr viel besser.“
KI ist Aufsteigerthema
Auch gesellschaftliche Spannungen sehen Schulleitungen als belastend an (63 Prozent), 55 Prozent nannten hier den zunehmenden Rechtsextremismus. 59 Prozent finden, dass Demokratie und „Civic Education“ ein größeres Gewicht an Schulen bekommen sollten.
Das Thema Digitalisierung nahm etwas an Bedeutung ab. Ein großer Teil der Schulleitungen (76 Prozent) ist mit der digitalen Ausstattung zufrieden, wünscht sich aber Fachpersonal zur Begleitung des Lernens und zur Fortbildung der Lehrkräfte. KI ist das Aufsteigerthema, das für Schulleitungen in den nächsten fünf Jahren zentral wird.
Ein Drittel der Schulleitungen (33 Prozent) hält zudem Inklusion für eines der dringlichsten Themen. Die Studie trennt indes zwischen Inklusion und Integration. Betrachtet man beides zusammen, wären es mehr als zwei Drittel, die das Thema zu den wichtigsten zählen.
Erstmalig wurden auch berufliche Schulen befragt und als „Hidden Champions“ bezeichnet. Diese gingen pragmatischer mit Personalmangel um und seien offener für Digitalisierung und KI.
Die Schulleitungsstudie 2025 wurde vom FiBS Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie im Auftrag des Cornelsen Verlags durchgeführt. Neben einer repräsentativen Onlinebefragung fanden persönliche Gespräche mit Schulleitungen statt. An der Onlinebefragung nahmen insgesamt 2.405 Schulleitungen teil.