Doch die Mehrheit der Rektorinnen und Rektoren, Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Hochschulen scheint das nicht zu beeindrucken – sie setzen ungebrochen auf Zeitverträge. Das hat das neue Hochschul-Barometer des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft und der Heinz Nixdorf-Stiftung ergeben.
So sehen die Hochschulleitungen an den staatlichen Universitäten bei ihren Qualifizierungs- und Drittmittelstellen "nur begrenzten Spielraum für eine Senkung der befristeten Beschäftigung", meldet das Hochschul-Barometer, dessen Ergebnisse auf einer Befragung aller Hochschulen in Deutschland beruhen. Den Universitäten sei die "Flexibilität wichtig, die sich bei Hochschulentwicklung und der Weiterqualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses durch Zeitverträge" ergebe. Den Anteil (62,9 Prozent) befristeter Verträge beim wissenschaftlichen Personal wollen sie im Durchschnitt gerade um 5,5 Prozentpunkte von 62,9 auf 57,4 Prozent senken, was einer Entfristung von jeder elften Stelle entspräche, hat das Barometer ergeben.
Der stellvertretende Vorsitzende und Hochschulexperte der GEW, Andreas Keller, hat die Hochschulen und Forschungseinrichtungen für ihre zögerliche Haltung kritisiert. "Immer mehr Zeitverträge mit immer kürzeren Laufzeiten – das ist nicht nur ungerecht gegenüber hoch qualifizierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sondern die Wissenschaftseinrichtungen sägen mit der Befristungspraxis an dem Ast, auf dem sie selbst sitzen: Das Hire-and-Fire-Prinzip unterminiert die Kontinuität und damit die Qualität der Arbeit in Forschung, Lehre und Wissenschaftsmanagement." Er verwies auf die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen privater Industrieunternehmen, in denen selbstverständlich fast ausschließlich mit unbefristet beschäftigten Forscherinnen und Forschern gearbeitet werde. "Mit guten Argumenten scheinen Politik und Gewerkschaften nicht weiterzukommen, es ist daher an der Zeit, verbindliche Maßnahmen zur Eindämmung des Befristungswesens in der Wissenschaft zu ergreifen", mahnte Keller. So solle künftig die Finanzierung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen an eine faire Befristungspraxis geknüpft werden. Weiter sprach sich Keller dafür aus, die für 2020 geplante Evaluierung des 2016 novellierten Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vorzuziehen.