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Schools of Tomorrow

Hightech und Kräutergarten

Für den Ideenwettbewerb „Schools of Tomorrow“ hat sich das Berliner Haus der Kulturen der Welt (HKW) in eine utopische Schule mit Forderungen und Visionen verwandelt – darunter Homeoffice-Tage und Hilfsroboter.

Beim Ideenwettbewerb „Schools of Tomorrow“ wurde auch ein Kräutergarten für die Schulküche prämiert. Foto: Nadine Emmerich

Henrik Pätzold wünscht sich Unterricht „wie ein Computerspiel“. „Eine neue Lektion ist ein neues Level“, sagt der 14-jährige Schüler der Berliner Friedensburg-Oberschule. Sein Team erstellte mit 360-Grad-Kameras und einer Virtual-Reality-Software neue Lernumgebungen am PC – eine Dschungellandschaft, eine Unterwasserwelt, eine Raumstation. Der Unterricht kann dann via Smartphone-3D-Brille in den virtuellen Klassenraum verlegt werden. Henrik ist einer von rund 2.000 Schülerinnen und Schülern aus 200 Schulen, die am Ideenwettbewerb „Schools of Tomorrow“ sowie experimentellen Schulprojekten teilgenommen haben. Beim „Testlauf für die Schule der Zukunft“ in Berlin wurden im Juni die Sieger des Wettbewerbs gekürt und ausgewählte Projekte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier präsentiert.

Ein Jahr lang erarbeiteten Schülerinnen und Schüler aller Klassenstufen mit Lehrkräften, Künstlerinnen und Künstlern sowie Fachleuten Konzepte. Darauf basierend entstand ein Stundenplan, auf dem auch Fächer wie Parkour und Yoga stehen. Im HKW präsentierten die Schulen unter anderem eine mobile Werkbank für Unterricht im Freien, einen Kräutergarten für die Schulküche und einen Instagram-Account: Unter dem Hashtag #instantdemocracy geht es hier um neue Kommunikationsformen und Mitbestimmung. „Künftig müssen alle von allen lernen, um voranzukommen“, sagt Medienpädagoge Robert Behrendt.

Das Digitale ist derweil längst nicht so dominant wie vielleicht erwartet. Statt Tablets und VR-Brillen wünschen sich viele Schülerinnen und Schüler, dass Kreativität mehr gefördert wird. Und: Sie wollen mit den Händen arbeiten. „Ich kann besser lernen, wenn ich bildlich sehe, was ich mache“, sagt Mailé Toussaint (16) aus der Berliner Sekundarschule Sophie Scholl.

„Wir müssen mehr in die Schule von morgen investieren.“ (Frank-Walter Steinmeier)

Einige Wünsche lassen schmunzeln: ein wöchentlicher Homeoffice-Tag, Roboter als Hilfskräfte oder Wellnessbereiche. Ein aus allen Ideen formuliertes Manifest zeigt indes, wie ernst es den jungen Menschen ist: „Wir fordern Respekt, keine Diskriminierung, weniger Leistungsdruck“, heißt es unter anderem. Mehr Bewegung und Sport, mehr Unterricht in der Natur, gesünderes Essen. Außerdem: neue Fächer wie Logik, Steuererklärung und Erste Hilfe.

Bundespräsident Steinmeier zeichnete vier Konzepte zur Schule der Zukunft aus: eine Collage der Theodor-Haubach-Grundschule, das Hightech-Schulgebäude des Gymnasiums Allermöhe (beide Hamburg) mit Holografie und weltweiten Livestreams, das selbstproduzierte Musikvideo „Ode an die Schule“ des Manfred-von-Ardenne-Gymnasiums (Berlin) und das Papierpuppentheaterstück „Kamishibai“ der Deutschen Schule Tokyo Yokohama.

Klar ist derweil: Auch die schlichtesten Forderungen des Wettbewerbs sind nicht ohne Geld zu machen. Steinmeier betonte: „Wir müssen mehr in die Schule von morgen investieren.“ Alle Verantwortlichen in Ländern und Kommunen sollten gemeinsam handeln. Die GEW sieht darüber hinaus auch den Bund in der Pflicht. Sie mahnt seit langem, viele Schulen seien von modernen Lernräumen weit entfernt. Jüngst machten etliche Landesverbände unter dem Motto „lerntRÄUME gestalten“ erneut darauf aufmerksam, dass für eine bessere bauliche und technische Ausstattung von Kitas, Schulen und Hochschulen mehr Geld notwendig sei.

Und wie geht es mit den Schulprojekten weiter? Noch ist die Antwort vage. „Etliche Schulen haben die Anregung aufgenommen, partizipative Zukunftswerkstätten durchzuführen“, erklärt das HKW. Einige dächten über bauliche Veränderungen nach oder leiteten diese ein – etwa Rückzugslernräume. Andere planten, weiter mit Medienbildungsfachleuten zusammenzuarbeiten, um den kritischen Umgang mit digitalen Technologien zu fördern. Eine umfassende Dokumentation mit Handreichungen zu allen Projekten ist in Vorbereitung.