Kriminalstatistik zur Partnerschaftsgewalt
Häusliche Gewalt nimmt zu
2019 gab es mehr als 141.000 Opfer von häuslicher Gewalt - 81 Prozent davon Frauen. Die Initiative „Stärker als Gewalt“ startet deshalb einen Aktionsmonat gegen häusliche Gewalt mit einem Fokus auf das lokale Umfeld und die Nachbarschaft.
Die Zahl von Gewaltdelikten in Beziehungen ist laut einer neuen Kriminalstatistik im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen. Insgesamt wurden knapp 142.000 solcher Gewalttaten polizeilich erfasst, das ist knapp ein Prozent mehr als im Vorjahr, wie aus der am Dienstag veröffentlichten Statistik „Partnerschaftsgewalt“ 2019 des Bundeskriminalamtes (BKA) hervorgeht. Zu 81 Prozent waren Frauen betroffen und zu 19 Prozent Männer. Die Hälfte der Opfer lebte zum Tatzeitpunkt mit dem Täter oder der Täterin in einem Haushalt (50,5 Prozent).
„In der Zeit der Corona-Pandemie ist nach den Berichten der Frauenhäuser, Beratungsstellen und Hilfetelefone davon auszugehen, dass häusliche Gewalt eher zunimmt.“ (Franziska Giffey)
„An fast jedem dritten Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Und alle 45 Minuten wird - statistisch gesehen - eine Frau Opfer von vollendeter und versuchter gefährlicher Körperverletzung durch Partnerschaftsgewalt“, sagte Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD). „In der Zeit der Corona-Pandemie ist nach den Berichten der Frauenhäuser, Beratungsstellen und Hilfetelefone davon auszugehen, dass häusliche Gewalt eher zunimmt - zumal wir damit rechnen müssen, dass die Dunkelziffer deutlich höher liegt als die Zahl der polizeibekannten Fälle.“
BKA-Präsident Holger Münch betonte: „Neben der täglichen Arbeit der Strafverfolgungsbehörden kommt vor allem den vielen staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen eine große Bedeutung zu, die den Opfern mit ihren Hilfsangeboten zur Seite stehen. Letztlich ist auch jeder Einzelne von uns dazu aufgefordert, die Augen vor der Partnerschaftsgewalt nicht zu verschließen und sie zu ahnden, wann immer wir sie bemerken.“
Im Jahr 2019 wurden durch ihre jetzigen oder früheren Partnerinnen und Partner insgesamt 141.792 Personen Opfer von Mord und Totschlag, Körperverletzung, Vergewaltigung, sexueller Nötigung, Bedrohung und Stalking, Freiheitsberaubung, davon knapp 81 Prozent Frauen.
Knapp 115.000 Frauen waren von Partnerschaftsgewalt betroffen. Gemessen an der Gesamtzahl weiblicher Opfer in den Bereichen Mord und Totschlag, Körperverletzung, Vergewaltigung, sexueller Nötigung, Bedrohung und Stalking ist das ein Anteil von 34,5 Prozent, dagegen sind es bei den Männern 5,5 Prozent.
2019 wurden in Deutschland Frauen und Männer Opfer von Partnerschaftsgewalt (jeweils vollendete und versuchte Delikte)
- von vorsätzlicher einfacher Körperverletzung: über 69.000 Frauen; 17.800 Männer,
- von Bedrohung, Stalking, Nötigung: 28.906 Frauen; 3571 Männer,
- von Freiheitsberaubung: 1514 Frauen; 183 Männer
- von gefährlicher Körperverletzung: knapp 12.000 Frauen; 5169 Männer
- von Mord und Totschlag: 301 Frauen, 93 Männer.
Bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung in Partnerschaften sind die Opfer zu über 98 Prozent weiblich, bei Stalking und Bedrohung in der Partnerschaft sind es 89 Prozent Der Anteil männlicher Opfer ist bei vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung mit 20,5 Prozent sowie bei Mord und Totschlag mit 23,6 Prozent vergleichsweise am Höchsten.
Mit der Initiative „Stärker als Gewalt“ hat das Bundesfrauenministerium deshalb den November zum Aktionsmonat gegen häusliche Gewalt ausgerufen. Mit zahlreichen Materialien und Aktionen, online und offline, wird auf das Thema hingewiesen und zum aktiven Einschreiten ermutigt. Darüber hinaus wird eine Nachbarschaftsaktion gestartet, bei der die Botschaft in die Kommunen und die unmittelbare Nachbarschaft der Menschen getragen wird.
Jede und jeder Einzelne kann bei der Aktion mitmachen und sich aktiv gegen häusliche Gewalt einsetzen. Alle interessierten Unternehmen, Verwaltungen, Vereine oder Privatpersonen, die die Nachbarschaftsaktion unterstützen wollen, finden Materialien auf der Webseite der Initiative zum Download.
„Die Nachbarschaft im direkten Umfeld ist bei Gewalt in Familie und Partnerschaft besonders wichtig, um Betroffenen und ihrem Umfeld zu zeigen, welche Handlungsmöglichkeiten es gegen Gewaltsituationen im häuslichen Umfeld gibt und wo sie Hilfsangebote finden.“
„Während der Corona-Krise ist vielen Menschen bewusst geworden, wie wichtig eine gute Nachbarschaft ist. Die Nachbarschaft im direkten Umfeld ist bei Gewalt in Familie und Partnerschaft besonders wichtig, um Betroffenen und ihrem Umfeld zu zeigen, welche Handlungsmöglichkeiten es gegen Gewaltsituationen im häuslichen Umfeld gibt und wo sie Hilfsangebote finden“, erklärt die Initiative.
Mit dem bundesweiten Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter 08000 116 016 wird betroffenen Frauen zudem seit 2013 bundesweit und rund um die Uhr kostenlos eine anonyme und niedrigschwellige Erstberatung in 18 Sprachen ermöglicht.