Die Expertinnen und Experten der von Jan-Martin Wiarda moderierten Podiumsdiskussion mit Mitgliedern des Akkreditierungsrats haben zahlreiche Strukturprobleme der Qualitätssicherung an Hochschulen benannt – etwa die übermächtige Rolle der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer. Für die Sicherung der Qualität von Studiengängen an deutschen Hochschulen ist der Akkreditierungsrat zuständig, der seit 1. Januar 2018 selbst alle Akkreditierungsentscheidungen zu treffen hat. Neben Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern gehören dem Rat mit Sitz und Stimme Vertreterinnen und Vertreter der Berufspraxis (Arbeitgeber wie Gewerkschaften), der Studierenden, der Länder, der Hochschulrektorenkonferenz sowie ausländische Experten an.
„Es war ein Fehler, Lehrerinnen und Lehrer bei der Begutachtung von Lehramtsstudiengängen nicht zu berücksichtigen.“ (Reinhold Grimm)
Die beiden Gewerkschaftsvertreter im Rat, Hans-Jürgen Urban (IG Metall) und Andreas Keller (GEW), kritisierten die unausgewogene Zusammensetzung des Akkreditierungsrats. „Schon jetzt unterbindet die absolute Professorenmehrheit in Hochschulsenaten und Fakultätsräten einen fairen Interessenausgleich. Es ist ärgerlich, dass dieser Mehrheitsautomatismus auf den Akkreditierungsrat übertragen wurde“, sagte der stellvertretende GEW-Vorsitzende Keller. Er kritisierte, dass ausschließlich Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer als Vertreter der Wissenschaft gälten – nicht aber wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zudem dürften ausgerechnet bei der Akkreditierung von Lehramtsstudiengängen keine „echten“ Vertreterinnen und Vertreter der Berufspraxis an den Gutachtergruppen vor Ort mitwirken.
„An die Stelle von Schulleiterinnen oder Lehrkräften treten Repräsentanten der obersten Schulbehörde, so ist die Vorgabe der Musterrechtsverordnung der Kultusministerkonferenz. Wir fordern die Länder auf, in ihren Rechtsverordnungen Lehrkräfte als zusätzliche Berufspraxisvertreterinnen und -vertreter vorzusehen“, sagte Keller. Der Vorsitzende des Akkreditierungsrats, Reinhold Grimm, schloss sich in Budenheim der GEW an: „Es war ein Fehler, Lehrerinnen und Lehrer bei der Begutachtung von Lehramtsstudiengängen nicht zu berücksichtigen.“
Zur Frage, wie die große Zahl an Akkreditierungsanträge in den kommenden Jahren bewältigt werden kann, äußerte sich IG Metall-Vorstandsmitglied Urban skeptisch: „Der Akkreditierungsrat hat das Problem erkannt – aber längst noch nicht gebannt.“ In den kommenden Jahren werde sich zeigen, welche Gestaltungsmöglichkeiten sich für die Gewerkschaften im engen Rahmen des neuen Akkreditierungssystems ergeben.“