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Gesunde Ernährung in Kita, Schule und Hochschule

Gut und günstig?

Bio, regional, frisch: Beim Essen an den Hochschulmensen hat sich viel getan. Doch trotz der gestiegenen Qualität nimmt die Zahl der Stammgäste ab.

Die Zeiten, in denen es in der Hochschulmensa ungesundes Essen gab, sind zwar vorbei, trotzdem ist die Zahl der „Stammgäste“ jedoch gesunken. (Foto: picture alliance/Winfried Rothermel)

Nicht mal Schweine fressen Mensaessen. Studierende der Ruhr-Universität Bochum hatten einem Ferkel ein Hochschulgericht serviert, doch das Tier lehnte ab. Die Aktion, die sich Ende der 1960er-Jahre abgespielt haben soll (ob sie stimmt oder nicht, ist unklar), galt als Zeichen des Frusts über die Kreationen aus der Großküche der Lehranstalt. Unabhängig davon, ob die Anekdote wahr ist: Die Zeiten, in denen Mensabesuchern der Mittagstisch wenig Auswahl bot und lieblos auf Plastiktabletts geklatscht wurde, sind vorbei. Heute gleichen viele Unirestaurants mit ihrer Essensauswahl eher bunten Marktplätzen.

„Da hat sich viel verändert“, sagt Professor Peter Stehle, Ernährungswissenschaftler an der Universität Bonn, über das Angebot der Hochschulküchen. Der 65-Jährige beobachtet eine deutlich internationalere und vielfältigere Essensauswahl im Vergleich zu seiner Studentenzeit. Damit bedienen die Mensen heute nicht nur diverse Geschmäcker, ein breites Angebot ist auch ernährungsphysiologisch wichtig. „Nur durch abwechslungsreiches Essen bekommen wir die Nährstoffe, die wir brauchen, um körperlich und geistig aktiv zu sein“, sagt Stehle. Er rät zu einer verstärkt pflanzlichen Ernährung mit frischen und regionalen Zutaten. Außerdem sollte immer das komplette Lebensmittel gegessen werden, statt isolierter Substanzen.

Den Anspruch an ein vielfältiges und vollwertiges Essensangebot versuchen bundesweit 57 Studentenwerke zu erfüllen. In 952 Mensen und Cafeterien verköstigen sie das Gros der Studierenden und Beschäftigten. Hier wird neben Fleischgerichten vegetarisch und vegan gekocht. Salattheken gehören zur Selbstverständlichkeit, direkt vor Ort zubereitetes Essen ist keine Seltenheit. Es gibt Kalorienreduziertes und Fettarmes. Auch nach Halal-Standards wird gekocht. „Die Speisen werden täglich frisch zubereitet und meist direkt ausgegeben“, sagt Sarah Bock, Leiterin des Referats Hochschulgastronomie beim Deutschen Studentenwerk (DSW), der Dachorganisation der Studentenwerke. „In der Regel bekommt der Kunde ein Essen, das nicht länger als 30 Minuten warmgehalten wurde.“

„Jedes Studentenwerk hat ein Hygiene- und Qualitätsmanagement, das Produkte stichprobenartig auf Frische, Temperatur, Mindesthaltbarkeit und weitere Kriterien testet.“ (Sarah Bock)

Mancherorts sind die Mensen und Cafeterien bio-zertifiziert. Etwa in Oldenburg (Niedersachsen). Das Gemüse, das dort auf den Tellern landet, kommt „zu einem Drittel aus ökologischer Erzeugung; bei anderen pflanzlichen Erzeugnissen liegt der Anteil zum Teil sogar noch weit höher“, teilt das dortige Studentenwerk auf seiner Webseite mit. Neben den Kontrollen durch Lebensmittelämter, denen die Studentenwerke unterliegen, prüft eine staatlich zugelassene Öko-Kontrollstelle einmal pro Jahr unangekündigt die Einhaltung der mit dem Bio-Siegel verbundenen EU-Rechtsvorschriften, die unter anderem den Einsatz von chemisch-synthetischen Düngemitteln oder Geschmacksverstärkern verbieten.

Mit „mensaVital“ hat das DSW zudem eine Menü-Linie auf ernährungsphysiologischer Basis entwickelt. 43 Studentenwerke bieten die „energiedefinierte, vollwertige, ausgewogene Mischkost“ für die „Bedürfnisse von Menschen mit sitzender Tätigkeit“ an. Bock zufolge beschäftigt inzwischen fast jedes Studentenwerk eine Ökotrophologin oder einen Ökotrophologen, um das Speisenangebot nach ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen zu optimieren.

Qualitätskriterien

Damit die Essensqualität stimmt, haben Studentenwerke und DSW Kriterien erstellt, die sowohl Großhändler wie Transgourmet als auch regionale Lieferanten erfüllen müssen. Nach Erhalt wird die Ware geprüft. „Jedes Studentenwerk hat ein Hygiene- und Qualitätsmanagement, das Produkte stichprobenartig auf Frische, Temperatur, Mindesthaltbarkeit und weitere Kriterien testet“, sagt Bock. Bevor überhaupt in größeren Mengen bestellt werde, „gibt es Verkostungen“. Die 57 Mensenbetreiber haben sich zudem auf nachhaltige Einkaufsrichtlinien verständigt.

Seit Oktober bietet etwa das Studentenwerk Göttingen nur noch Fleisch von Schweinen an, die aus der Region kommen, mehr Platz als in der konventionellen Tierhaltung haben, nicht auf Fliesen oder Gittern leben, sondern auf Stroh, und nur wenige Kilometer zum Schlachtbetrieb transportiert werden müssen. Zudem wird das Futter für diese Tiere vom Bauern selbst ohne Einsatz von Gentechnik angebaut. Die Gäste hatten sich für das „Strohschwein“ ausgesprochen.

„Studierende verlangen vor allem regionale, saisonale, faire und Bioprodukte.“

Was die Besucher ihrer Restaurants gerne auf dem Tablett hätten, erfahren die Studentenwerke in Mensa-Ausschüssen und durch Kundenbefragungen. „Studierende verlangen vor allem regionale, saisonale, faire und Bioprodukte“, sagt Bock. Umfragen zeigen aber auch, dass trotz aller Anstrengungen der Mensen weniger Studierende dort essen gehen als früher. 1991 waren 45 Prozent von ihnen Stammgäste. 2016 aß nur noch weniger als ein Drittel regelmäßig, was aus der Hochschulküche kam. Ein Grund: die „Ernährungsqualität“. Mit der waren nur 30 Prozent der Hochschüler zufrieden, hat die 21. Sozialerhebung des DSW ergeben. In Jena gingen 42 Prozent der gelegentlichen Mensagänger aufgrund der aus ihrer Sicht nicht ausreichenden Qualität nicht öfter dort essen.

Defizitärer Bereich

Für die Studentenwerke, die ihr Speisenangebot auch durch die Essensverkäufe finanzieren müssen, ist das eine Herausforderung. Studierende bezahlen rund ein bis fünf Euro für ein Gericht. Der Spagat zwischen gut und günstig gelingt den Studentenwerken meist nicht alleine. In Siegen etwa ist der Gastronomiebereich „seit jeher stark defizitär“, heißt es dort. Die fehlenden Einnahmen werden durch Sozialbeiträge der Studierenden und einen Landeszuschuss ausgeglichen. Dieses Jahr sah man sich dennoch gezwungen, erstmals nach 2014 die Preise wieder anzupassen. Auch in Bremen müssen die Mensagäste seit März mehr bezahlen. Aus eigener Kraft habe man „keine andere Möglichkeit“, begründete die dortige Leiterin der Hochschulgastronomie, Anke Grupe-Markschat, den Schritt.

Immerhin zeigen Umfragen auch: Die Mehrheit der Uni-Esser ist mit dem Preis-Leistungsverhältnis zufrieden. Auch Ernährungsexperte Stehle sieht es positiv: „Für den Preis bieten die Mensen ein gutes Essen“, sagt er. Und wie bewerten die heutigen Studierenden der Ruhr-Uni ihre Hochschulküche? Auf der App iMensa vergibt knapp ein Drittel fünf von fünf möglichen Sternen.