Im Schnitt verbringen die 1.850 Schülerinnen und Schüler der Leonore-Goldschmidt-Schule in Hannover vier Nachmittage pro Woche in der Integrierten Gesamtschule (IGS). Das Angebot ist breit: 28 Arbeitsgemeinschaften stehen zur Auswahl – ob „Impro Dance“ oder „Comiczeichnen“, „Funfußball“ oder „Fairplay“, „Fahrrad-Werkstatt“ oder „Bogenschießen“. Als die Schule 1974 gegründet wurde und auch der Ganztag im Konzept stand, „da war das etwas sensationell Neues“, sagt Michael Fricke, Leiter des Fachbereichs Ganztag und Sport. „Deutschland war immer ein Halbtagsschulland.“ Das hat sich geändert, und gerade Kindern aus bildungsferneren Familien kommt das zugute. In Hannover-Mühlenberg leben besonders viele von ihnen.
Wenn Gesamtschuldirektor Michael Bax sämtliche Herkunftsländer der Schülerfamilien zusammenzählt, kommt er auf mehr als 40, auch wegen der Flüchtlinge, die hier in Sprachlernklassen gefördert werden. Über 40 Prozent der Schülerinnen und Schüler haben ausländische Wurzeln. Von den 240 Fünftklässlern erreichten mehr als 100 nicht die Standardkompetenzen in Lesen und Schreiben, „und 70 haben ganz große Probleme mit den Grundrechenarten“. Sie zu unterstützen, sei vor allem Sache des Fachunterrichts und der ergänzenden Förderangebote. „Es wäre eine komplette Überforderung, das dem Ganztagsbereich zu überlassen.“ Wenn es nach der Kultusministerkonferenz geht, sollte es eigentlich einen „konzeptionellen Zusammenhang“ zwischen Fachunterricht und Nachmittagsangeboten geben. In Hannover-Mühlenberg seien außerunterrichtliche Vormittagsmodule aber noch in Planung und Aufbau, sagt Fricke. Er kenne auch keine Schule, „wo diese Konstruktion richtig mit Leben gefüllt ist“.
„Gerade die Raumausstattung bleibt ein zentrales Problem vieler Schulen.“
Knapp ist auch das Personal. „Das ist immer auf Kante genäht“, sagt Schulleiter Bax mit Blick auf die lediglich 95-prozentige Unterrichtsversorgung. Von den 160 Lehrkräften haben nur etwa zehn eine Nachmittags-AG übernommen. „Der Pflichtunterricht geht vor“, zitiert Bax die niedersächsische Landesschulbehörde. Fricke weiß von zwei bis drei Kollegen, die gerne eine AG angeboten hätten, aber für reguläre Stunden gebraucht werden. Deshalb kommen vor allem externe Kooperationspartner zum Zuge. Je nach Schuljahr leiten sie 40 bis 60 Prozent der Arbeitsgemeinschaften.
Seit vier Jahren nimmt die Schule auch Kinder mit Förderbedarf aller Kategorien auf. „Die Inklusion ist jetzt im 9. Schuljahr angekommen“, berichtet Fricke. Er sieht darin „eine Riesenaufgabe“. Der Neubau sei zwar behindertengerecht, biete aber nicht genügend Differenzierungsräume, kritisiert Bax. Ein Problem, das auch andere Ganztagseinrichtungen haben: „Gerade die Raumausstattung bleibt ein zentrales Problem vieler Schulen“, heißt es in der StEG-Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen von 2015. Die Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf sind natürlich auch in das Nachmittagsangebot eingebunden. Bei einigen laufe das ganz gut, andere kämen nicht so gut zurecht, erzählt Koordinatorin Martina Janz. „Da ist noch Handlungsbedarf. Da können wir personell und inhaltlich noch aufstocken.“
Die Reportage von Eckhard Stengel ist in voller Länge in der Januarausgabe der „E&W“ veröffentlicht.