Zum Inhalt springen

GEW-Studie belegt volkswirtschaftlichen Nutzen von Investitionen in Kitas

Ein Euro für den Kindergarten bringt volkswirtschaftlich das drei- bis vierfache für die Gesellschaft. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie, die im Auftrag der GEW an der Universität Bielefeld erstellt wurde. Wer 5.200 Euro in einen Kita-Platz investiert erzielt damit 20.000 Euro an volkswirtschaftlicher Wertschöpfung durch ein höheres Familieneinkommen, mehr Steuereinnahmen und zusätzliche Beiträge für die Sozialversicherung.

Die Autorin der Studie, Kathrin Bock-Famulla, hat die Betriebskosten von Kitas den Erträgen gegenübergestellt, die vor allem durch die Berufstätigkeit der Mütter, der Erzieherinnen und die Vermeidung von Frauenarbeitslosigkeit erzielt werden. Mit dem gleichen Verfahren hatte bereits im Jahre 2000 das Sozialdepartement der Stadt Zürich den volkswirtschaftlichen Nutzen der Kindertagesstätten gemessen und war zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen.

Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat in seinem Wochenbericht 32/02 eine Untersuchung veröffentlicht, aus der Autoren den Schluss ziehen, dass Investitionen in Kindereinrichtungen der sinnvollere Weg der Familienförderung sind.

Der DIW-Studie, die von Dr. Ellen Kirner und Markus M. Grabka durchgeführt wurde, analysiert auf der einen Seite die Einkommenssituation von Haushalten mit Kindern und ohne Kinder und stellt dem die Ausgaben des Staates für die Förderung von Ehe und Familie gegenüber. Die Analyse beruht auf der Auswertung des Sozioökonomischen Panels (SOEP), einer repräsentativen Wiederholungsbefragung privater Haushalte, die seit 1984 in Westdeutschland und seit 1990 in Ostdeutschland jährlich durchgeführt wird. Im Jahre 2000 erfolgte eine Verdopplung der SOEP-Stichprobe auf rund 25 000 Befragungspersonen.

Die GEW sieht sich durch diese Studien in ihrer Forderung zum Ausbau der institutionellen Kinderbetreuung bestätigt. Auch der 11. Kinder- und Jugendbericht, den die Bundesregierung im Februar 2002 dem Bundestag übergeben hat, unterstützt den Ausbau. In einer von zehn Empfehlungen an die Politik heißt es: "Die bessere Förderung der infrastrukturellen Angebote hat Vorrang vor der Erweiterung der individuellen finanziellen Transferleistungen (die Erhöhung des Kindergeldes, Familienlastenausgleich etc.)."
Genau das Gegenteil will die CDU/CSU mit der Einführung eines "Familiengeldes" von bis zu sechshundert Euro pro Kind und Monat. Die Kosten für die Kinderbetreuung sollen steuerlich absetzbar sein.

SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN haben vor, das Kindergeld nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben, vor allem aber zielgerichtet für bedürftige Familien zu erhöhen. Ansonsten sollen für alle Kinder ausreichende Angebote an ganztätigen Kindertagesstätten und Schule ausgebaut werden.
Für den Ausbau der Ganztagsschulen hat die Bundesregierung für die kommende Legislaturperiode vier Milliarden Euro zur Unterstützung der Länder bereitgestellt.

Zentrale Ergebnisse der GEW-Studie zum volkwirtschaftlichen Nutzen

Das Gutachten basiert auf der Auswertung einer repräsentativen Teilstichprobe des Sozioökonomischen Panels (SOEP) für Westdeutschland und zwei Fallstudien in jeweils 10 Einrichtungen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

Im Rahmen dieser Fallstudien wurden Eltern zum einen nach dem persönlichen Nutzen befragt, den sie erfahren, wenn ihre Kinder eine Kindertageseinrichtung besuchen und zum anderen nach ihren Erwerbseinkommen. Zur Ermittlung des individuellen Nutzens wurden die Eltern gefragt, welche Effekte die Schließung der Kindertageseinrichtungen für ihre familiale Situation hätte. Außerdem konnten die Betriebskostendaten der beteiligten Träger ausgewertet werden. Die erhobenen Daten erlauben ebenfalls die Berechnung der Kosten-Ertrags-Relationen aus volkswirtschaftlicher Perspektive für die untersuchten Einrichtungen.

Die Auswertung der drei Populationen zeigt, dass Ausgaben für Kindertageseinrichtungen aus volkswirtschaftlicher Perspektive Investitionen darstellen. Der Ertrag dieser Investitionen beläuft sich für einen investierten Euro auf bis zu 4 Euro.

Die Elternbefragung zeigt, dass mehr als 53% der erwerbstätigen Mütter (62% aller befragten Mütter) ihre Erwerbstätigkeit vollständig und mehr als 22% teilweise aufgeben müssten. Darüber hinaus gehen mehr als 48% der erwerbstätigen Mütter davon aus, dass sie durch die Aufgabe der Erwerbstätigkeit aufgrund der mangelnden Kinderbetreuung den beruflichen Anschluß verlieren würden. Lediglich für 10% hätte die Schließung der Einrichtungen nach eigener Einschätzung keinerlei Konsequenzen.

Auffällig ist, dass lediglich 3% der Väter angeben, dass sie bei der Schließung der Kindertageseinrichtungen ihre Erwerbstätigkeit vollständig und etwa 8% teilweise aufgeben müssen. Eine Schließung der Einrichtungen hätte demnach fast ausschließlich Konsequenzen für die Erwerbssituation der Mütter.

Von den erwerbstätigen Müttern geben 28% an, dass sie durch die Schließung der Einrichtung und den damit verbundenen Verlust des Arbeitsplatzes entweder von Sozialhilfe oder von Arbeitslosengeld leben müssten und somit aus volkswirtschaftlicher Perspektive Kosten verursachen würden. Weiterhin geben knapp 26% an, dass sie laufende Kredite nicht zurückzahlen könnten und fast 72% müssten nach eigener Einschätzung ihren Lebensstandard einschränken, d. h. dass ein großer Teil der Familien ihr Konsumverhalten einschränken müsste. Lediglich 12% geben an, dass sie keine finanziellen Konsequenzen durch die Schließung der Einrichtungen zu erwarten hätten.

Knapp 50% der Haushalte mit erwerbstätigen Müttern möchten ihr Kind durchschnittlich zwei Stunden täglich länger betreuen lassen.

29% der befragten Mütter, die nicht erwerbstätig sind, möchten gern berufstätig sein. Insgesamt sind bzw. möchten 76% aller befragten Mütter erwerbstätig sein.