Bayreuther Erklärung
GEW kritisiert Unis für die Verteidigung von Zeitverträgen
Die Vereinigung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands hat sich in einem Positionspapier für das Festhalten an den Befristungsmöglichkeiten an Hochschulen ausgesprochen. Die GEW kritisiert dies als „anachronistisch“.
Die GEW hat die Bayreuther Erklärung der Universitätskanzlerinnen und -kanzler zu Zeitverträgen in der Wissenschaft scharf kritisiert. „Die Uni-Verwaltungschefs tun sich schwer mit den immer lauter werdenden Forderungen, mehr Dauerstellen im akademischen Mittelbau zu schaffen. Eisern halten sie an der Vorstellung fest, dass nur befristet beschäftigte wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gute Leistungen erbringen“, sagte der Hochschulexperte und stellvertretende Gewerkschaftsvorsitzende Andreas Keller. „Das ist anachronistisch – die Kanzlerinnen und Kanzler haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Sie sollten sich endlich ihrer Verantwortung für faire Beschäftigungsbedingungen und verlässliche Karrierewege in der Wissenschaft stellen.“
„Gute Lehre, gute Forschung und gutes Wissenschaftsmanagement setzen gute Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen voraus." (Andreas Keller)
Eine Hochschule sei nicht wie in der „Bayreuther Erklärung“ beschrieben „primär ein Qualifizierungssystem“, sondern vor allem ein Lehr- und Forschungssystem, dessen Betrieb ohne die rund 200.000 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammenbräche. „Gute Lehre, gute Forschung und gutes Wissenschaftsmanagement setzen gute Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen voraus", betonte Keller. Die GEW kritisiert im Streit um mehr Dauerstellen im akademischen Mittelbau das bestehende Verhältnis von 9 zu 1 unbefristet zu befristet als absolut unangemessen.
Die Vereinigung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands hatte bei ihrer 62. Jahrestagung am 19. September 2019 in Bayreuth eine Erklärung zur Regelung befristeter Beschäftigungsverhältnisse in der Wissenschaft verabschiedet. Darin heißt es, zwar seien die Forderungen nach Entfristung nachvollziehbar. Dies hätte jedoch Konsequenzen: „Vorhandene Qualifizierungsmöglichkeiten im wissenschaftlichen Mittelbau würden langfristig blockiert, eine Versorgung des Arbeitsmarktes mit wissenschaftlich qualifizierten Fachkräften würde dadurch stark eingeschränkt und eine Qualifizierung der Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen, mit der entsprechenden sozialen Sicherheit, könnte künftig nicht mehr gewährleistet werden.“
Auch in sozialen Netzwerken wie Twitter wird unter dem Hashtag #BayreutherErklärung seit Tagen über das Positionspapier der Kanzlerinnen und Kanzler diskutiert.
Die #BayreutherErklärung basiert auf (mindestens) 2 Fehlannahmen: (1) Befristungen betreffe derzeit nur Wissenschaftler*innen während Qualifikationsphasen. (2) Qualifizierung sei nur auf befristeten Stellen möglich. Beides ist falsch.
— Jule Specht (@jule_specht) 7. Oktober 2019
Die #BayreutherErklärung der Universitätskanzler_innen liest sich wie eine Bankrotterklärung des deutschen Wissenschaftsmanagement. Wo bleibt die Erklärung zur Personalstruktur/-entwicklung für die Wissenschaft des 21. Jahrhunderts? https://t.co/1fjgeJxeC1
— Martin Grund (@GrundMar) 7. Oktober 2019
Wir fordern die Hochschulen auf, sich von der #BayreutherErklärung zu distanzieren & sich stattdessen für einen Abbau der uferlosen Befristung einzusetzen.
— Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft (@NGA_Wiss) 10. Oktober 2019
Unsere Stellungnahme zur #BayreutherErklärung der Uni-Kanzler*innen auf @Soziopolis https://t.co/J68AmdrW0C
Faszinierend unwissend, die #BayreutherErklärung
— Hedwig Richter (@RichterHedwig) 7. Oktober 2019
-> Nächstes Mal erst das Paper von @Junge_Akademie lesen:https://t.co/LwUX2QeYpb
Bei der Entfristung geht es um Postdocs u. Habilitierte. Welchen gesellschaftlichen Mehrwert deren Befristung hat, konnte bisher niemand ermitteln.
"Flexibilität und Dynamik der Wissenschaft" wird doch nicht durch hohe Fluktuation beim Personal erreicht. Und wie schaffen das eigentlich die Professor*innen, so ganz ohne Befristungsdruck? #BayreutherErklaerung
— Elias Kreuzmair (@KRZMR) 7. Oktober 2019