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GEW-Jahrestagung Internationales 2020

„Weltweit müssen Lehrkräfte zusammenstehen“

Die GEW hat auf ihrer Jahrestagung über die Beschlüsse des Weltkongresses in Bangkok beraten und darüber, wie sich Angriffe auf demokratische und gewerkschaftliche Rechte abwehren lassen.

Rund sechzig Personen waren am 7. und 8. Februar in Bad Hersfeld zur Jahrestagung Internationales gekommen, um über die Ergebnisse des achten Weltkongresses der Bildungsinternationale (BI) im Juli 2019 in Thailand zu diskutieren.

Angriffe auf demokratische und gewerkschaftliche Rechte

Die aktuelle Situation ist ernüchternd: Weltweit stehen demokratische Rechte und öffentliche Bildung unter Druck. Angesichts dieser Entwicklung hat der BI-Weltkongress ein wichtiges Signal der Geschlossenheit und Ermutigung gesetzt. Die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe hob die zentrale Botschaft aus Bangkok hervor:

„Weltweit müssen Lehrkräfte zusammenstehen und für die Verteidigung von Grund- und Menschenrechten eintreten.“ (Marlis Tepe)

In zahlreichen Ländern seien rechtspopulistische Bewegungen und Parteien auf dem Vormarsch, die mit Hassparolen Ängste schüren und eine Politik der Ausgrenzung betreiben, so Tepe. Auch die Wissenschaftsfreiheit sei zunehmend in Gefahr, machte der stellvertretende GEW-Vorsitzende Andreas Keller deutlich.

Klar ist, die GEW wird sich auch weiterhin für verfolgte Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter weltweit einsetzen. So bleiben die internationale Solidaritätsarbeit und die Unterstützung von verfolgten Kolleginnen und Kollegen der türkischen Bildungsgewerkschaft Eğitim Sen wichtige Anliegen.

Die ehemalige Eğitim Sen Generalsekretärin, Sakine Esen Yılmaz, die 2016 aus der Türkei fliehen musste, war auf der Jahrestagung anwesend. Eindrücklich berichteten auch Birgit Koch und Cetin Mogultay aus den Landesverbänden Hessen und Nordrhein-Westfalen von der ersten öffentlichen Protestkundgebung von Eğitim Sen in Ankara, an der sie für die GEW im November 2019 teilgenommen haben.

Zudem wird die GEW ihr Engagement gegen Rechts fortführen und Lehrkräfte dabei unterstützen, in den Bildungseinrichtungen Haltung zu zeigen. Die Erinnerung an den Holocaust gemeinsam wach zu halten bleibt eine wichtige Aufgabe, wie Dorota Obidniak von der polnischen Gewerkschaft ZNP betonte. Sie hatte die Konferenz der Bildungsinternationale anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau im Januar 2020 mit vorbereitet, an der auch Kolleginnen und Kollegen der GEW teilnahmen.

Diskussion der Beschlüsse von Bangkok

Auf der Tagung tauschten sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemeinsam mit den GEW-Delegierten und europäischen Gästen, die am BI-Weltkongress teilgenommen hatten, aus, wie die internationalen Beschlüsse auch hierzulande umzusetzen seien.

Der Weltkongress stand unter dem Motto „Lehrkräfte und ihre Gewerkschaften übernehmen Verantwortung“. Dazu gehört auch, den Kampf gegen Privatisierung und Kommerzialisierung im Bildungssystem weltweit fortzusetzen. In diesem Kontext fordert die GEW mit der Kampagne „Bildung weiter denken“ auch in Deutschland weiterhin eine bessere Finanzierung von Bildung ein.

Die Anträge des Weltkongresses spannten insgesamt einen weiten Bogen an bildungspolitischen Themen, die für die Arbeit der GEW von Bedeutung sind. Dazu gehörten insbesondere die Themen Inklusion, professionelle Unterrichtsstandards, Zukunft des Lehrkräfteberufs in der digitalen Welt, Bildungsfinanzierung, Friedenserziehung, Migration und Klimawandel.

Mit Bezug auf die Beschlüsse der BI zu den Rechten von Geflüchteten forderte die Studentin und GEW-Delegierte Nathalie Schäfer mehr Anstrengungen von der Politik bei der Unterstützung von Geflüchteten, der Anerkennung von Bildungsabschlüssen sowie bei der Öffnung der Hochschule für geflüchtete Studierende.

Wissen und Lerninhalte sind weltweit zudem noch immer von einer kolonialen Perspektive geprägt. Anne Albers, Lehrerin und GEW-Delegierte aus Berlin, warb dafür, diese zu hinterfragen und sich gemeinsam mit anderen Bildungsgewerkschaften für eine diskriminierungsfreie Bildung einzusetzen.

Kristina Aaltonen von der der Gewerkschaft Danmarks Lærerforening aus Dänemark beleuchtete Inhalte und Nutzen eines globalen Rahmenabkommens zu professionalen Unterrichtstandards, das zwischen der BI und der UNESCO vereinbart wurde.

Internationale Zusammenarbeit stärken

Die ganze Breite der internationalen Arbeit der GEW spiegelten Kurzberichte zu Burkina Faso, Israel, Nicaragua, Polen, Türkei, USA sowie zum Auslandschuldienst. Ergänzt wurden sie um Berichte zur Arbeit von Fair Childhood, des Nord-Süd-Netz des DGB-Bildungswerks und der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Ein besonderes Augenmerk lag auf den Erfahrungen mit den jüngsten Streiks der Lehrkräfte in Polen, den Niederlanden und in den USA. In den Niederlanden hat die Bildungsgewerkschaft AOb in den letzten 2,5 Jahren elf Streiks durchgeführt. Ähnlich zur Situation in Deutschland ist ein drängendes Problem der Lehrkräftemangel. Die AOb kämpft für die gleiche Bezahlung der Grundschullehrkräfte und eine bessere Bildungsfinanzierung.

GEW, AOb und BI arbeiten beim Kampf gegen Kinderarbeit weiterhin eng zusammen. Die GEW ist zudem in der 100 Million Campaign gegen Kinderarbeit engagiert. Eugenie Stolk und Trudy Kerperien von der AOb zeigten den engen Zusammenhang zwischen Kinderarbeit und Bildungsbeteiligung auf. Im letzten Jahr haben die Niederlande ein Gesetz „Wet Zorgplicht Kinderarbeid“ zum Verbot von Kinderarbeit in Lieferketten von Unternehmen beschlossen. Von diesen Erfahrungen zu lernen, kommt eine besondere Bedeutung zu: Auch in Deutschland steht die Auseinandersetzung um ein Lieferkettengesetz an, mit dem Unternehmen zur Wahrung von Menschenrechten verpflichtet werden sollen.

Goodbye, Manfred Brinkmann!

Und noch eine wichtige Personalie war ein Thema: Manfred Brinkmann beendet seine mehr als dreizehnjährige Tätigkeit als Referent für Internationales der GEW. Die Anwesenden und Gäste hatten für ihn eine schöne Abschiedsfeier vorbereitet, erinnerten an gemeinsame Stationen und dankten ihm für seinen Einsatz.

Manfred Brinkmann wird ab Juni 2020 als Sozialreferent in der Deutschen Botschaft in Brasília tätig sein. Seine Nachfolge bei der GEW hat Carmen Ludwig angetreten, die zuvor als Geschäftsführerin der gemeinnützigen bildungsgesellschaft lea des Landesverbands Hessen tätig war.