Weltalphabetisierungstag
GEW fordert Rechtsanspruch auf Grundbildung
Grundbildung muss auch kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Dazu sind ein Rechtsanspruch, niedrigschwellige Angebote und sichere Stellen in der Weiterbildung nötig. Und eine Gesamtstrategie von Bund, Ländern und Kommunen.
Anlässlich des Weltalphabetisierungstags am 8. September fordert die GEW einen Rechtsanspruch auf eine umfassende Grundbildung, die über Lesen und Schreiben hinausgeht. „Grundbildung muss auch der persönlichen und beruflichen Entfaltung sowie der politischen und kulturellen Teilhabe an der Gesellschaft dienen“, sagte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe am Freitag in Frankfurt am Main. „Nur mit einem Rechtsanspruch wird es verbindliche und verlässliche Strukturen geben“, ergänzte der GEW-Berufs- und Weiterbildungsexperte Ansgar Klinger.
„Grundbildung für alle Menschen“ ist ein Unterziel der von den Vereinten Nationen beschlossenen Nachhaltigkeitsziele. Die GEW mahnt die Bundesregierung an, diese Ziele stärker als bisher zu unterstützen. In Deutschland wurde 2016 die Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung gestartet.
„Wir brauchen vielfältige öffentliche Angebote, die die Menschen mit geringer Lese- und Schreibkompetenz vor Ort abholen.“ (Marlis Tepe)
Tepe betonte, den 6,2 Millionen so genannten funktionalen, erwachsenen Analphabeten in Deutschland öffne sich der Zugang zu gesellschaftlicher Teilhabe viel zu langsam. „Wir brauchen vielfältige öffentliche Angebote, die die Menschen mit geringer Lese- und Schreibkompetenz vor Ort abholen. Neben betrieblichen Maßnahmen können Grundbildungszentren an Volkshochschulen entscheidende Schritte leisten, wenn sie personell und finanziell gut ausgestattet sind.“
Klinger sagte, eine erfolgreiche Grundbildung benötige mehr Professionalität – etwa tarifvertraglich gesicherte Dauerstellen statt befristeter Honorarlehrkräfte. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) müsse neben der beruflichen Qualifizierung die notwendige Grundbildung vermitteln. Ansätze arbeitsplatzorientierter Grundbildung in Unternehmen müssten Teil betrieblicher Weiterbildung werden. Angesichts des Fachkräftemangels „ist eine Gesamtstrategie von Bund, Ländern und Kommunen für flächendeckende Bildungsberatung und -angebote dringend notwendig“.
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) sprach sich dafür aus, stärker auch an die Kinder der Menschen mit Lese- und Schreibschwächen zu denken. Rund 4,5 Millionen Kinder in Deutschland wüchsen mit mindestens einem Elternteil auf, das Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben habe. Diese Kinder liefen Gefahr, ebenfalls nur ein niedriges Bildungsniveau zu erreichen. Daher müssten gerade diese Eltern gezielt gefördert werden, damit sie ihre Kinder in der Lese- und Schreibentwicklung unterstützen könnten.