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GEW: "Bund muss Grundgesetzänderung für Pakt für gute Arbeit in der Wissenschaft nutzen"

Der Bundesrat stimmt heute in Berlin nicht nur über die Grundgesetzänderung zur Lockerung des Kooperationsverbots in der Wissenschaft ab, sondern auch über die 25. BAföG-Novelle.

Stimmt die Länderkammer zu, wovon auszugehen ist, ist der Weg frei für eine BAföG-Erhöhung um sieben Prozent ab Herbst 2016. Ein Schritt in die richtige Richtung, aber die Erhöhung kommt zu spät und fällt zu gering aus, hat die GEW bereits im Oktober 2014 mit dem „Halteraner Signal“ kritisiert. Auch in Sachen Kooperationsverbot ist die GEW stets für eine weitergehende Verfassungsänderung eingetreten. Jetzt aber sollte der Bund wenigstens die erweiterten Möglichkeiten, Wissenschaftspolitik zu gestalten und Hochschulen zu finanzieren, auch nutzen. Die GEW hat dafür bereits 2013 im Köpenicker Appell einen „Pakt für gute Arbeit in der Wissenschaft“ vorgeschlagen.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die Bundesregierung aufgefordert, einen „Pakt für gute Arbeit in der Wissenschaft“ aufzulegen. Der Anlass: Der Bundesrat hat heute der Lockerung des Kooperationsverbots im Grundgesetz zugestimmt. „Damit ist der Weg für den Bund frei, eine größere Verantwortung für die Gestaltung der Wissenschaftspolitik zu übernehmen. Die Bundesregierung muss die Grundgesetzänderung nutzen, um die Beschäftigungsbedingungen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen mit einem ‚Pakt für gute Arbeit in der Wissenschaft‘ zu stabilisieren – im Interesse der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, aber auch der Kontinuität und damit Qualität von Forschung und Lehre“, sagte der stellvertretende Vorsitzende und Hochschulexperte der GEW, Andreas Keller.

„Ein ‚Pakt für gute Arbeit in der Wissenschaft‘ soll Hochschulen und Forschungseinrichtungen gezielt Anreize bieten, qualifizierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine dauerhafte Perspektive in Hochschule und Forschung zu eröffnen“, betonte Keller. Neun von zehn wissenschaftlichen Angestellten hätten heute einen Zeitvertrag, über die Hälfte von ihnen mit einer Laufzeit von weniger als einem Jahr, dauerhafte Berufsperspektiven neben der Professur gebe es so gut wie keine. „Mit dem Pakt sollen Hochschulen und Forschungseinrichtungen gefördert werden, wenn sie den Anteil unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse erhöhen. Ebenso wenn sie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine geregelte Laufbahn (Tenure-Track) anbieten und dabei Frauen und Männern die gleichen Chancen eröffnen“, erläuterte der GEW-Hochschulexperte.

Keller machte deutlich, dass sich die GEW nach wie vor dafür einsetzt, das Kooperationsverbot für den gesamten Bildungsbereich zu kippen. „Die Lockerung des Kooperationsverbots für die Wissenschaft ist ein erster Schritt in die richtige Richtung – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Aber nur dann, wenn der Bund die neuen Gestaltungsmöglichkeiten tatsächlich nutzt“, mahnte der GEW-Vize. Zudem müssten Bund und Länder die Hochschulen und Forschungseinrichtungen über die bereits bestehenden Pakte wie den Hochschulpakt, die Exzellenzinitiative oder den Pakt für Forschung und Innovation darauf verpflichten, faire Beschäftigungsbedingungen zu garantieren.

Länder Tarifrunde 2015: Gewerkschaften setzen Befristungsunwesen auf die Tagesordnung

In der Länder-Tarifrunde 2015 werden die Gewerkschaften den Kampf gegen das Befristungsunwesen im öffentlichen Dienst auf die Tagesordnung der Tarifverhandlungen setzen: Die sachgrundlose Befristung soll ausgeschlossen werden, lautet eine der gemeinsamen Forderungen von ver.di, GEW, GdP und dbb tarifunion. Zum öffentlichen Dienst der Länder gehören auch die Beschäftigten an Hochschulen sowie an außerhochschulischen Forschungseinrichtungen, die den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TVL) anwenden.

Am 16. Februar 2015 beginnen in Berlin die Tarifverhandlungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL). Weiter fordern die Gewerkschaften eine Gehaltserhöhung von 5,5 Prozent, mindestens jedoch 175 Euro für die im öffentlichen Dienst der Länder Beschäftigten sowie eine zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamtinnen und Beamten. Für die GEW ist außerdem von entscheidender Bedeutung, dass der Einstieg in die tarifliche Eingruppierung der 200.000 angestellten Lehrkräfte an Schulen und Hochschulen gelingt.

Institut für Hochschulforschung: Mittelbau und Lehrbeauftragte unverzichtbar für die Lehre

An Hochschulen lehren nicht nur Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer – Mittelbau und Lehrbeauftragte sind unverzichtbar für die Aufrechterhaltung des Lehrangebots. Das ist ein zentrales Ergebnis der Studie „Wer lehrt warum? Strukturen und Akteure der akademischen Lehre“, die soeben am Institut für Hochschulforschung an der Universität Halle-Wittenberg vorgelegt worden ist. In 75 Prozent der untersuchten Fachbereiche erbringen Professorinnen und Professoren weniger als die Hälfte der Lehre. An den Universitäten wird bis zu 63 Prozent der Lehre von wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschultert.

An drei von 19 untersuchten Fachbereichen an Hochschulen erbringen Lehrbeauftragte über die Hälfte der Lehre, an den Universitäten sind es bis zu einem Drittel, von denen jede Zweite und jeder Zweite unentgeltlich lehrt. Die Ergebnisse der Studie, die auf der 9. GEW-Wissenschaftskonferenz vom 30.09. bis 03.10.2015 in Saalfeld (Thüringen) diskutiert werden sollen, sind somit auch Wasser auf die Mühlen der GEW-Initiative zur Verbesserung der Situation von Lehrbeauftragten.

GWK-Bericht zur Chancengleichheit: Der Fortschritt ist eine Schnecke

„Auch wenn sich in den letzten Jahren der Anteil von Wissenschaftlerinnen in den Führungspositionen der Hochschulen sowie – mit deutlich geringerer Dynamik – in den außerhochschulischen Forschungseinrichtungen kontinuierlich erhöht hat, so sind die Fortschritte weiterhin sehr langsam. Auch die aktuelle Datenerhebung belegt, dass Frauen immer noch an eine ‚gläserne Decke‘ stoßen.“ So lautet das zentrale Ergebnis des Datenmaterials „Chancengleichheit in Wissenschaft und Forschung“, das die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK) vorgelegt hat. Der Anteil von Frauen auf Professuren liegt inzwischen bei 20,4 Prozent, bei den Professuren mit der höchsten Besoldungsstufe C4 bzw. W3 sind es 16,5 Prozent.

Rückläufig ist die Entwicklung bei den Juniorprofessuren: Bei ihnen ist der Frauenanteil von 38,6 auf 38,0 Prozent zurückgegangen. Gerade mal 14,5 Prozent der Präsidentinnen und Präsidenten, Rektorinnen und Rektoren sind Frauen. An den außerhochschulischen Forschungseinrichtungen sind 13,5 Prozent der Führungspositionen (Professuren und andere Leitungspositionen) von Frauen besetzt, an der Fraunhofer-Gesellschaft sogar nur 4,5 Prozent. Mit anderen Worten: Der Fortschritt ist eine Schnecke, was die Gleichstellung von Frauen und Männer angeht. „Ausgeglichenes Geschlechterverhältnis durchsetzen“ – die Forderung des Templiner Manifests ist aktueller denn je.

Online-Petition von PolitikwissenschaftlerInnen

„Wissenschaft als Beruf – für bessere Beschäftigungsbedingungen und planbare Perspektiven“ – unter diesem Motto steht eine Online-Petition, die Vertreterinnen und Vertreter der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft (DVPW) vorgelegt haben. Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die von der GEW gestarteten Initiativen Templiner Manifest und Herrschinger Kodex fordern die Politikwissenschaftlerinnen und Politikwissenschaftler Hochschulen und Forschungseinrichtungen auf, sich auf stabile Beschäftigungsbedingungen und planbare Karrierewege zu verpflichten. 

Zuvor war eine ähnliche Initiative von Soziologinnen und Soziologen erfolgreich verlaufen: Die Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) hat zugesagt, die Vorschläge umzusetzen und den akademischen Mittelbau angemessen in den DGS-Gremien zu beteiligen. Vorbildliche Aktionen, die Nachahmung in anderen Fachgesellschaften verdienen!

Mit dem 2007 in Kraft getretenen Wissenschaftszeitvertragsgesetz gilt an Hochschulen und Forschungseinrichtungen ein weitreichendes Sonderarbeitsrecht, das die Befristungspraxis immer weiter verschärft hat. Inzwischen machen sich alle Fraktionen des Deutschen Bundestages für eine Änderung des Gesetzes stark, die Regierungsparteien haben in ihrer Koalitionsvereinbarung eine Novelle angekündigt.

Die GEW erwartet, dass jetzt endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden. Mit einem eigenen Gesetzentwurf für die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes ergreift sie dafür die Initiative. Den Gesetzentwurf werden wir im Rahmen des 6. Follow-up-Kongresses zum Templiner Manifest am 16. Januar 2015 in Berlin präsentieren. Vertreterinnen und Vertreter wissenschaftspolitischer Organisationen sowie Bundestagsabgeordnete aus allen Fraktionen werden Stellung nehmen.