Smartphones und Social Media in Schulen
„Gemeinsam Medienkonzepte entwickeln“
Handys verbieten? Altersbeschränkungen? Dies beschäftigt nicht nur die Bildungsminister*innen der Länder. Für Diskussion und Erfahrungsaustausch sorgte die GEW-Onlinetagung „Ohne Phone – alles gut?“.
Auf der GEW-Onlinetagung „Ohne Phone – alles gut? am 5. Mai fand ein interessanter Erfahrungsaustauch zum Thema Smarthones und Social Media an Schulen statt und es wurde lebhaft und kontrovers diskutiert.
So plädierte Sascha Prinz, Medienpädagoge und Bildungsreferent beim Göttinger Verein Blickwechsel e.V., gegen ein generelles Verbot von Smartphones an Schulen. „Wie sollen Kinder den Umgang damit lernen, wenn wir ihnen den Umgang verbieten?“ Der Einsatz müsse jedoch „altersabhängig stattfinden“. Eine sinnvolle Aufgabe an Schüler*innen könnte lauten: „Geht mal raus und fotografiert alles, was jetzt blüht.“ Dann habe man „Kinder, Natur und Technik zusammengebracht“.
Empathie-Schulung gegen Cybermobbing
Mit Blick auf Cybermobbing mittels Social Media erklärte der Medienpädagoge: „Wir brauchen Empathie-Schulung.“ Wichtig sei zu verhandeln, „wie gehen wir miteinander um?“ Die Interessen der US-amerikanischen IT-Konzerne seien klar. „Die wollen Geld verdienen.“ Daraus folge die Frage, „ob wir nicht eine andere digitale Infrastruktur brauchen?“
„Ich sehe, dass die Gefahren eindeutig überwiegen.“ (Tim Engartner)
Professor Tim Engartner, Sozialwissenschaftler an der Uni Köln und Autor des Buches „Raus aus der Bildungsfalle“, forderte, die Nutzung von Smartphones im Unterricht bis zur Klasse 10 zu untersagen. „Ich sehe, dass die Gefahren eindeutig überwiegen.“ Im Schnitt nutzten junge Menschen digitale Endgeräte täglich drei Stunden und 28 Minuten. Das führe zu einem „Verlust an sozialen Kontakten“. Die Lesefähigkeit von Kindern und Jugendlichen sei gesunken. Der Einsatz von Smartphones, so Engartner, lenke davon ab, „was Lernen ausmacht“. Lernen bedeute mitunter, „harte Brocken zu erarbeiten“. Dies lasse sich nicht durch das Anschauen von YouTube-Videos ersetzen.
„Wir können den Schülern nicht in die Tasche greifen und alles durchsuchen.“
Ihre ehemalige Schule habe Smartphones im Unterricht per Hausordnung untersagt, berichtete eine Lehrerin. „Das hat sehr gut funktioniert.“ Die Geräte wurden morgens eingesammelt und in einer „Handy-Garage“ abgelegt. Bei Verstößen habe sie das Handy einkassiert, mitunter mussten die Eltern das Smartphone abholen. Inzwischen habe sie die Schule gewechselt. Dort gebe es keine klare Hausordnung. Folge: Viele Störungen durch Handy- und Tablet-Nutzung, Unterricht sei dann „kaum möglich“.
Eine Teilnehmerin stellte klar, dass Lehrkräfte nur begrenzt die Möglichkeit haben, Smartphone-Verbote durchzusetzen. „Wir können den Schülern nicht in die Tasche greifen und alles durchsuchen.“ Viele Lehrerinnen und Lehrer seien unsicher, wie sie sich verhalten sollten, sagte eine Kollegin. Auch etliche Eltern seien überfordert und kein Vorbild, was den verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien betrifft.
Gemeinsam Medienkonzepte entwickeln
Anja Bensinger-Stolze, beim GEW-Vorstand für Schule zuständig, verwies auf den „UNESCO Weltbildungsbericht 2023“. Dem zufolge könne die Nutzung digitaler Medien im Klassenzimmer zu „Ablenkungen und Unterbrechungen beim Lernen führen“. Lehrkräfte empfänden die Nutzung von Tablets und Handys „als Beeinträchtigung ihrer Klassenführung“. Sie betonte allerdings: Die GEW stehe nicht dafür, per Gesetz oder Verordnung Smartphones an Schulen zu verbieten. Stattdessen sollten Lehrkräfte jeweils gemeinsam mit Schüler*innen und Eltern ein Schulkonzept zur Mediennutzung entwickeln.
Lehrkräfte benötigen Fortbildung
Ralf Becker, beim GEW-Vorstand für Berufliche Bildung und Weiterbildung verantwortlich, lenkte den Blick auf Regelungen im Ausland. So verbietet Frankreich bereits seit 2010 Smartphones im Unterricht, seit 2018 gilt dies auch für die Schulpausen. Becker erklärte: Beim Einsatz von Smartphones den Kinder- und Jugendschutz zu definieren, würde Schulen überfordern. „Das ist Aufgabe der Politik und muss gesamtgesellschaftlich ausgehandelt werden.“ Um digitale Medien an Schulen sinnvoll und verantwortungsbewusst einsetzen zu können, müssten Schulen eigene Geräte haben und besser mit Personal ausgestattet werden. Außerdem: „Wir brauchen Fortbildung. Und Zeit für Entwicklung von Konzepten und Fortbildung“, so Becker.