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„Gemeinsam lernen – kein Einwand stichhaltig“

Die Ungleichheit der Bildungschancen ist in Deutschland so groß wie in kaum einem anderen Staat. Gleichzeitig ist auch der Leistungsstand der 15-Jährigen mittelmäßig. Das haben die PISA-Veröffentlichungen seit 2000 mehr als deutlich gemacht. PISA hat die Diskussion um eine Reform der Schulstruktur - also um eine gemeinsame Schule für alle – neu entfacht. Joachim Lohmann entkräftet eine Vielzahl von Einwänden gegen eine umfassende Schulstrukturreform mit den OECD-Daten selbst: Die Art des Schulsystems übt entscheidenden Einfluss aus auf die Chancengleichheit und die Leistungen der Schülerinnen und Schüler.

Die Reform der Schulstruktur war das am heftigsten umstrittene innenpolitische Thema der 70er Jahre. Seit den 80er Jahren versuchte die Politik, das Thema mit immer neuen Einwänden und Alternativstrategien zu verdrängen. Doch keine der Einwände trägt, und keine Alternative ersetzt die Strukturreform – weder bei dem Ziel der Chancengleichheit noch bei dem der Leistungssteigerung.

Für die OECD-Unterschiede bei der Chancengleichheit ist die Schulstruktur entscheidend. In einer gemeinsamen Schule für alle

  • wirkt sich durchschnittlich die Schulautonomie intensiver aus,
  • die Schüler verhalten sich positiver,
  • die Lehrer-Schüler-Beziehung gedeiht besser,
  • die Lehrkräfte sind schülerorientierter und
  • das Sitzenbleiben und die Abschulungen passieren seltener.


Auch die Ganztagsschule entfaltet sich in einer vertikalen Schulstruktur nur geringfügig. Bei der gemeinsamen Schule für alle wirkt weniger die soziale Zusammensetzung, sondern die Struktur und der Geist der Schülerzuwendung und des Förderns. Diese Faktoren schlagen so stark durch, dass der Beitrag des Kindergartens in bildungspolitisch führenden Staaten irrelevant wird. Die gemeinsame Schule für alle ist nicht nur maßgebend für mehr Chancengleichheit, auch die Leistung aller gewinnt. Diese hängt jedoch noch stärker von dem Geist eines Schulsystems ab, alle Jugendlichen zur Hochschulreife befähigen zu wollen. Je mehr Jugendliche diesen Abschluss schaffen, umso höher ist die Durchschnittsleistung und umso weniger Schüler/innen sind im untersten und umso mehr im Obersten Leistungsbereich. Dieser Geist des Schulsystems korreliert sehr eng mit einer gemeinsamen Schule für alle.

Mit der Schule für Alle steigt auch die Leistung

Mithin bleibt die Reform der Schulstruktur der entscheidende Faktor, um die Chancengleichheit zu erhöhen und die Leistung bei allen zu steigern. Die in manchen Bundesländern eingeführte gleichwertige Zweigliedrigkeit sollte konsequent weiterentwickelt werden.

Die Ungleichheit der Bildungschancen ist in Deutschland so groß wie in kaum einem anderen Staat. Gleichzeitig ist auch der Leistungsstand der 15-Jährigen mittelmäßig. Das haben die PISA-Veröffentlichungen seit 2000 mehr als deutlich gemacht.

PISA hat die Diskussion um eine Reform der Schulstruktur -also um eine gemeinsame Schule für alle – neu entfacht. Die politische Spitze in Bund wie Ländern war sich seit Ende der 80er Jahre einig: sie wollte das Ende der Strukturdebatte. CDU und FDP wollten die Bildungsprivilegien nicht infrage stellen, und SPD und Grüne fürchteten den gesellschaftlich-politischen Widerstand. Immer neue Einwände gegen eine Strukturreform wurden erhoben. Daran änderten zunächst auch die PISA-Daten nichts. Die Kultusminister waren sich einig, eine Strukturdebatte zu vermeiden. Sie rangen sich stattdessen zu Alternativen durch. Angestoßen durch neue lagerübergreifende politische Koalitionen kam es dann in einigen Ländern zu ersten Schritten einer Strukturreform: die Zweigliedrigkeit von Gymnasium und Gemeinschaftsschule/Oberschule, die wie das Gymnasium zur Hochschulreife führt. Diese Reform ist in der politischen Rechten einerseits umstritten, und andererseits erwartet sie, damit die Strukturdebatte zu beenden.

Doch die Chancengleichheit, die andere Staaten erreicht haben, verlangt eine umfassende Strukturreform – eine gemeinsame, inklusive Schule für alle. Die Vielzahl der Einwände gegen eine solche Reform tragen nicht. Das lässt sich mit den PISA-Ergebnissen belegen, denn diese stellen ein bisher unbekanntes Maß an empirischen Daten zur Verfügung, die noch immer unzureichend ausgewertet wurden.

Die vollständige Auswertung im Kasten rechts zum Download.