Zum Inhalt springen

Neues Ganztagsförderungsgesetz

„Der Bund muss auf Qualität bestehen!"

Der Streit, wie der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung finanziert wird, hält an. Die GEW ermahnt den Bund, mehr zu investieren. Sonst wird „der Ganztag entweder scheitern oder nur mit abgespeckter Qualität kommen“, erklärte Björn Köhler.

Einheitliche Qualitätskonzepte sind entscheidend, um für jedes Kind in der Ganztagsbetreuung Chancengleichheit herzustellen. (Foto: GEW)

Der Gesetzentwurf für einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für alle Grundschülerinnen und -schüler liegt zwar endlich vor. Er wurde aber nicht - wie zunächst geplant - diese Woche im Bundeskabinett behandelt. Deshalb ist weiter offen, ob es mit dem Vorhaben bis zum Ende der Regierungszeit der großen Koalition noch etwas wird. Zumal Bund und Länder wegen der immensen Kosten in Milliardenhöhe bis heute um die Finanzierung streiten. „Wenn der Bund sich nicht stärker an den Kosten beteiligt, wird der Ganztag entweder scheitern oder nur mit abgespeckter Qualität kommen“, warnt Björn Köhler, zuständig für Jugendhilfe- und Sozialarbeit im GEW-Hauptvorstand.

„Das Ganze geht letztendlich zu Lasten von Beschäftigten, Kindern und Familien, auf dessen Rücken der Streit ausgetragen wird.“ (Björn Köhler)

„Wenn das Gesetz nicht in dieser Legislatur durchgeht, ist es ein Zeichen, dass man sich zu lange Zeit mit der Debatte zwischen Bund und Ländern gelassen hat“, sagte Köhler. „Das Problem war auch, dass die Länder bei der Frage der Qualität lange gemauert haben. Das Ganze geht letztendlich zu Lasten von Beschäftigten, Kindern und Familien, auf deren Rücken der Streit ausgetragen wird.“

Wettrennen gegen die Zeit

Hintergrund: Nach dem Kabinett muss das Gesetz noch durch Bundestag und Bundesrat. Die Zustimmung der Länderkammer ist wegen des Streits über die Finanzierung aber ungewiss. Bis zur Bundestagswahl im Herbst wird die Zeit deshalb immer knapper. In jeder Wahlperiode fallen Gesetze, die nicht abschließend beraten werden, der sogenannten Diskontinuität zum Opfer: Sie verfallen.

„Ein guter Ganztag braucht gut ausgebildete Fachkräfte und gute Arbeitsbedingungen – nur so kann der Lebensort ‘Ganztag’ auch mit kindgerechtem Leben gefüllt werden.“ (Björn Köhler)

In ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf begrüßt die GEW ausdrücklich, dass die Bundesregierung den Rechtsanspruch auf ganztägige Bildung und Betreuung im Grundschulalter ab dem Schuljahr 2025/2026 noch in dieser Legislatur voranbringen will.

Sie mahnt aber auch, dass die von der Bundesregierung zugesagten 3,5 Milliarden Euro für Investitionen an den Schulen in den Jahren 2020, 2021 und 2022 nicht ausreichen werden. Nach der Einschätzung des Deutschen Jugendinstituts (DJI) sind mindestens 7,5 Mrd. Euro nötig. „Es ist zu befürchten, dass die erheblichen Unterschiede bei der finanziellen Leistungsfähigkeit der Länder und Kommunen zu deutlichen qualitativen Unterschieden bei der Infrastruktur für den Ganztag führen werden“, sagte Björn Köhler.

Die GEW plädiert deshalb dafür, an dem Thema Qualität im Ganztag dran zu bleiben. „Ein guter Ganztag braucht gut ausgebildete Fachkräfte und gute Arbeitsbedingungen – nur so kann der Lebensort ‘Ganztag’ auch mit kindgerechtem Leben gefüllt werden“, sagte Köhler.

Fachkräftegebot bleibt zentral

Ebenfalls sieht die GEW die Refinanzierung der laufenden Kosten, besonders der Personalkosten, durch den Bund als zu gering an. Gerade im Hinblick auf die hohen Belastungen der Länder und Kommunen durch die Coronapandemie ist hier eine deutliche Aufstockung notwendig. Sonst bestehe verstärkt die Gefahr, dass das Fachkräftegebot des SGB VIII nicht fachgerecht ausgelegt und unterlaufen werde. „Am besten wäre es, Qualitätsstandards direkt am SGB VIII festzumachen, z.B. eine Fachkraft Kind-Relation von 1:10. Es muss klar sein, dass der Bund nur solche Projekte fördern darf, die wissenschaftlichen und pädagogischen Standards entsprechen!“, forderte Köhler.