Rund fünfzig Kolleginnen und Kollegen waren der Einladung zur GEW-Jahrestagung Internationales nach Bad Hersfeld gefolgt, um sich über die internationale Arbeit ihrer Gewerkschaft auszutauschen und mit der GEW-Vorsitzenden Marlis Tepe und ihrem Stellvertreter Andreas Keller zu diskutieren, welchen Beitrag die Bildungsgewerkschaft zur Vorbeugung von Konflikten und zur Friedensförderung leisten kann.
Warum Menschen fliehen
Dass die Welt in keinem guten Zustand ist machte der Journalist und Friedensaktivist Reiner Braun deutlich, in dem er ein Schlaglicht auf internationale Konfliktherde wie die in Syrien, der Türkei, Somalia, der Ukraine oder im südchinesischen Meer warf. Es gebe weltweit eine Dynamik hin zum Krieg, der durch eine Politik der gemeinsamen Sicherheit begegnet werden müsse. Die Frage der Abrüstung müsse erneut auf die Tagesordnung gesetzt werden, Waffenexporte seien kriminell, zu Verhandlungen gebe es keine Alternative, so Braun. Er forderte eine Wiederbelebung der Friedensbewegung, die nur mit den Gewerkschaften möglich sei. Ramona Lenz von medico international wusste zu ergänzen, das derzeit in jedem siebten Land der Erde Krieg herrscht. Mehr als 62 Millionen Menschen seien auf der Flucht. Krieg und Gewalt seien jedoch nicht die einzigen Ursachen, warum Menschen sich gezwungen sehen, ihre Heimat zu verlassen. Auch Armut, politische Verfolgung, Rohstoffhandel, Landraub, Umweltzerstörung und Klimawandel seien verantwortlich für die Flucht- und Migrationsbewegungen unserer Zeit. Lenz wies auf die von GEW und medico international herausgegebene Broschüre ‚Warum Menschen fliehen‘ hin, die über Zusammenhänge zwischen ungleicher Verteilung von Reichtum und Flucht und Migration informiert.
Politik der Gleichschaltung in der Türkei
Ein Waffenembargo gegen die Türkei und eine Friedensbewegung gegen den Krieg in ihrem Land forderte auch die Lehrerin und Gewerkschafterin Sakine Esen Yılmaz, die bis zu ihrer Flucht nach Deutschland im August 2016 Generalsekretärin der Bildungsgewerkschaft Egitim Sen war. Yılmaz berichtete von Gräueltaten der Sicherheitskräfte gegen die Zivilbevölkerung in den türkischen Kurdenregionen und von Massenentlassungen und Verhaftungen gewerkschaftlich aktiver Lehrerinnen und Lehrer nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei. Die AKP-Regierung unter Staatspräsident Erdogan betreibe nach innen eine Politik der Gleichschaltung und Uniformierung der Gesellschaft und außenpolitisch einen aggressiven Neo-Osmanismus. Deutschland und Europa müssten in dieser Situation an ihren Werten festhalten und sich mit der Opposition in der Türkei solidarisieren.
Was Bildungseinrichtungen und Gewerkschaften zum Frieden beitragen können
In rotierenden Arbeitsgruppen nach der Methode des World-Café wurden darüber diskutiert, was Bildungseinrichtungen und Gewerkschaften zur Vermeidung von Kriegen und für eine Erziehung zum Frieden leisten können. Gefordert wurde, Friedens-und Menschenrechtserziehung in die Lehrkräfteausbildung aufzunehmen und in Schulen und Kitas zu implementieren. Die Gewerkschaften der Bildungsinternationale sollten ‚Frieden für alle‘ zum Schwerpunkt ihrer Arbeit machen. Internationale Austauschprogramme müssten stärker gefördert werden. Angesichts massiver Werbung von Schülern für den Militärdienst durch Jugendoffiziere der Bundeswehr sowie der Angst vor Arbeitsplatzverlusten bei Beschäftigen in der Rüstungsindustrie sei es notwendig, sich gegen den Einsatz der Bundeswehr an Schulen zu stellen und für alternative Konzepte der Rüstungskonversion zu engagieren. Notwendig sei eine Zusammenarbeit mit anderen DGB Gewerkschaften und eine Vernetzung mit zivilgesellschaftlichen und kirchlichen Gruppen.