Einflussnahme bei den Novellierungen der Landesgleichstellungsgesetze
Relevant gerade für Frauen mit gleichstellungspolitischen Aufgaben sind die anstehenden Novellierungen der Gleichstellungsgesetze in Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland. Demnach wurden bei der Tagung vor allem Möglichkeiten der politischen Einflussnahme diskutiert. Ilse Führer-Lehner informierte über noch existierende Schwachstellen (z.B. im Schulbereich, bei Teilzeitstellen). Auch fehlen oft Sanktionen, was eine erfolgreiche Umsetzung der Gleichstellungsgesetze einschränkt. Wichtig ist auch, andere Gesetze im Blick zu behalten, so z.B. die Landespersonalvertretungsgesetze. Die Entwurfsfassung des LPVG in Baden-Württemberg schränkt das passive Wahlrecht für Beauftragte für Chancengleichheit in Personalräten enorm ein. Auch soll in Hamburg ein neues Hochschulgesetz die Gleichstellung regeln. Umso wichtiger, dass bei den Novellierungen gesetzliche Regelungen zum Abbau der Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen, sowie Regelungen zur Umsetzung des Gleichstellungsauftrags vorangetrieben werden. Nathalie May regte in ihrem Workshop zur Einflussnahme an den Novellierungen an.
Teilzeit und doch keine Zeit
Alltag der Frauenbeauftragten an Schulen ist immer wieder die Teilzeitarbeit, die überwiegend Frauen betrifft. Die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch Teilzeit hat einen hohen Preis. Geringere Renten- und Pensionsansprüche, Gehaltseinbußen und ungünstige Arbeitszeiten, eine zu geringe Entlastung bei außerunterrichtlichen Tätigkeiten, sowie Überlastung sind Alltag von Teilzeitkräften. Mithilfe der GEW-Umfrage in Niedersachsen zu „Be- und Entlastungen familienbedingter Teilzeitkräfte an Niedersachsens Schulen“ wurden mit Wencke Hlynsdóttir vor allem Möglichkeiten der Erleichterung für Teilzeitkräfte diskutiert. Eine Erwirkung einer Dienstvereinbarung an Schulen ist zentral. Wichtig ist aber auch, dass Frauen ihre Rechte kennen und einfordern, wenn es um Teilzeit geht, so z.B. in Fällen wie Stillzeit, Krankheit des Kindes oder Regelungen zum Elterngeld.
Diskriminierungsfreie Personalpolitik und Antidiskriminierungspolitik - was muss getan werden?
Eine Herausforderung für Gleichstellungsbeauftragte und Personalräte ist immer die diskriminierungsfreie Personalpolitik. Passend zu diesem Thema wurden im Vortrag „Diskriminierung im Beschäftigungsverhältnis“ die zentralen Ergebnisse des zweiten Berichts der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) von Nathalie Schlenzka vorgestellt. Mit 25,49 Prozent der Beratungsanfragen ist „Geschlecht“ immer noch eines der häufigsten Diskriminierungsgründe. So beziehen mehr Frauen als Männer Anfragen zur Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt. Häufig wegen dem Zugang und Problemen im Beschäftigungsverhältnis. Angesetzt werden sollte bei der Identifikation von Barrieren beim Berufsaufstieg, Transparenz bei Aufstieg und Weiterbildung, demografie- und diversitygerechte sowie lebensphasenorientierte Personalpolitik und die Verstärkung der Berücksichtigung individueller Bedürfnisse.
Diversity im Bildungsbereich ist auch Gegenstand eines GEW- Gewerkschaftstagsbeschlusses aus diesem Jahr. Thomas Viola Rieske informierte über Gender und Diversity und zeigte Pflichten, Chancen und Risiken von Diversitypolitik auf. Gleiche Bildungschancen und die Förderung gesellschaftlicher Vielfalt ist auch Ziel der gewerkschaftlichen Arbeit der GEW.
Die Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und minister, -senatorinnen und senatoren der Länder (GFMK) formulierte im September einen Leitantrag zur Entgeltgleichheit und zu geschlechtergerechter Beurteilung im öffentlichen Dienst und setzte damit ein wichtiges Zeichen für Geschlechtergerechtigkeit in der Personalpolitik.
Reform der Lehrer_innenbildung
Die GEW hat sich zum Ziel gesetzt, Genderkompetenz in der Lehrer_Innenbildung zu verankern. Eine inhaltliche Reform der Lehrer_innenbildung ist notwendig, um Genderkompetenzen umzusetzen und somit auch an Schulen ein Klima der Akzeptanz hinsichtlich sexueller Vielfalt zu schaffen. Denn inhaltlich ist das Thema Genderkompetenz in der Ausbildung der Lehrer_innen massiv unterrepräsentiert. Nina Blasse, von der Universität Flensburg und Mitglied im GEW- Bundesfrauenausschuss, erarbeitete mit den Teilnehmerinnen Mittel und Wege für die Umsetzung von Genderkompetenz an Schulen. So ist nicht nur der Austausch unter Kolleg_Innen für eine Sensibilisierung wichtig, sondern auch das Besuchen von Seminaren während dem Studium und Referendariat und die Förderung von Gesetzesänderungen hinsichtlich der Repräsentation sexueller Vielfalt in Schulbüchern.
Fraueninteressen in Männerwelten- immer noch unterrepräsentiert?
In den 80iger Jahren wurden Fraueninteressen – vor allem in Gewerkschaften – stark vorangetrieben. Es ist jedoch immer noch eine Herausforderung, Fraueninteressen durchzusetzen. Dr. Audrey Podann verdeutlichte das am Beispiel der Gewerkschaften. In den Führungspositionen befinden sich nach wie vor überwiegend Männer. Das hängt u.a. mit der Orientierung am „Normalarbeitsbegriff“ zusammen. Für die Arbeit ist demnach der Mann zuständig. Andere Lebensbereiche, die auch Frauen wichtig sind, werden häufig außer Acht gelassen, nach dem Motto „Anerkennung nur durch Arbeit“. Historisch gesehen wurde die Interessenswahrnehmung von Frauen nach dem zweiten Weltkrieg von Gewerkschaften stark gefördert und anerkannt. Nur ein paar Jahre später wurde aus dieser Interessenswahrnehmung bereits wieder eine „Last“. Heute ist deshalb ist Gleichstellungspolitik in den Gewerkschaften fest verankert. Damit gleichstellungspolitische Ziele erfolgreich vorangetrieben werden können, müssen Fraueninteressen noch stärker berücksichtigt und gefördert werden.
Es ist nicht abwegig, dass im Zuge des Neoliberalismus ein Wandel im Kontext des Feminismus stattgefunden hat. So neigen viele Frauen dazu, männliche Verhaltensweisen anzunehmen, um ihre Interessen durchzusetzen. Wie kann es weitergehen mit der Gleichstellungspolitik und welche neuen Perspektiven, auch in Gewerkschaften, sollte es geben?