Zum Inhalt springen

Frauen am Griff nach der Macht

In den Spitzenpositionen aller Bereiche unserer Gesellschaft sind Frauen weiter erschreckend unterrepräsentiert - auch im Bildungsbereich. Ob Schulleitung oder Hochschulrektorat: Je höher die Position, desto geringer ist der Frauenanteil.

Der neue Star-Wars-Film „Der letzte Jedi“ wurde von vielen männlichen Fans weltweit als einer der schlechtesten der Erfolgsserie angesehen. Ob es wohl daran liegt, dass dieser Film wie kein anderer der Serie Frauen in Machtpositionen zeigt, die die Handlung vorantreiben, sie als Persönlichkeiten prägen? Und dass der Film Frauen zu allem Überfluss nicht nur als Objekte des männlichen Blicks inszeniert? Das irritiert, denn es ist keineswegs akzeptiert, dass Frauen nicht nur nach der Macht greifen, sondern sie selbstverständlich ausüben.

In den Spitzenpositionen aller Bereiche unserer Gesellschaft sind Frauen immer noch erschreckend unterrepräsentiert. Dies gilt auch im Bildungsbereich. Ob Schulleitung oder Rektorat an der Hochschule: Je höher die Position, desto geringer ist der Frauenanteil. Nach wie vor ist die Liste der Ämter, die noch nie eine Frau innehatte, recht lang. Man kann auch nicht argumentieren, die Entwicklung schreite immerhin mit großen Schritten voran. Denn auch Rückschritte sind zu verzeichnen – der Frauenanteil im 2017 gewählten neuen Bundestag ist auf den niedrigsten Stand seit den 1990er-Jahren gefallen. Und auch im Bildungsbereich ist der Fortschritt allenfalls eine Schnecke.

„Führungseigenschaften wie Selbstbewusstsein, Durchsetzungsstärke, Entscheidungsfreude und Selbstvermarktung gelten als männliche Eigenschaften.“

Die Ursachen für dieses Problem sind vielfältig. Gern wird mit individuellen Präferenzen beschwichtigt – Frauen hätten eben kein Interesse an Macht und würden lieber sachorientiert arbeiten oder sich in Lehre und Forschung statt Hochschulleitung engagieren. Die in diesem Argument verborgene geschlechtsspezifische Zuschreibung „Frauen sind ...“ ist bereits Teil des Problems und eine Sicherungsebene der gläsernen Decke. Führungseigenschaften wie Selbstbewusstsein, Durchsetzungsstärke, Entscheidungsfreude und Selbstvermarktung gelten als männliche Eigenschaften. Sie werden an Frauen anders wahrgenommen und auch nicht in gleichem Maße honoriert.

Eine Falle, in die Frauen häufig tappen und die in vielen Fortbildungen und Karrierenetzwerken Thema ist, ist der Irrglaube, dass Leistung und Sacharbeit ausreichen, um erfolgreich zu sein und Karriere zu machen. Leistung versteht sich von selbst. Frauen müssen bewusst daran arbeiten, darüber zu reden und ihre Erfolge sichtbar zu machen. Sie tun das aber unter den erschwerten Bedingungen einer Gesellschaft, die bei Frauen Zurückhaltung honoriert und bei Männern den starken Auftritt. Für Frauen an der Spitze ist bereits der Auftritt als Störfaktor in einer männlich geprägten Welt eine Herausforderung, die gelernt und erfolgreich bewältigt werden muss.

„Mit Sanktionen verknüpfte Zielvorgaben und Quoten wirken.“

Eine wesentliche Karrierebedingung – auch im Bildungsbereich – ist das Gesehen- und Gefragt-Werden. An dieser Stelle spielen Geschlechterrollenstereotype, aber auch die unterschiedlichen Lebensrealitäten von Frauen und Männern eine Rolle. Die Repräsentationsfrage löst sich nicht durch Zeitablauf von selbst. Wenn Organisationen etwas ändern wollen, müssen sie eine Strategie haben, wie qualifizierte Frauen gezielt gefördert werden können. Auch die Kultur an der Hochschule oder Schule, was Themen wie Sexismus oder Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf angeht, spielt dabei eine entscheidende Rolle. Durch Gleichstellungsgesetze und Frauen- beziehungsweise Gleichstellungsbeauftragte an Hochschulen kann viel erreicht werden, wenn die Politik und die Führungsebene der Organisation hinter dem Thema stehen und eine Strategie haben.

Aus der intensiven Beobachtung der Diskussionen in der Privatwirtschaft und auch der Justiz kann ich im Ergebnis feststellen: Mit Sanktionen verknüpfte Zielvorgaben und Quoten wirken. Denn dann fallen die qualifizierten Frauen auf, die man vorher angeblich vergeblich gesucht hat.

Prof. Dr. Maria Wersig, Foto: Hoffotografen