In Deutschland fehlt nicht nur ein länderübergreifendes Verständnis von Inklusion, auch extrem unterschiedliche Finanzierungskonzepte behindern einer neuen Studie zufolge eine inklusive Kindertagesbetreuung. „Die bisherigen Finanzierungsmechanismen in den 16 Bundesländern bilden einen Flickenteppich, dessen Struktur zum einen sehr unterschiedlich ausfällt und zum anderen massive Löcher hat“, bilanzieren Nora Rudolphi und Christa Preissing in der von der GEW, dem Paritätischen Gesamtverband und der Diakonie Deutschland beauftragten Expertise „Schlüssel zu guter Bildung, Erziehung und Betreuung – Finanzierung inklusiv. Länderspezifische Finanzierungssysteme als eine Grundlage von Inklusion in der Kindertagesbetreuung“. Sie kritisieren weiter: „Die länderspezifischen Finanzierungssysteme scheinen insgesamt aktuell weitgehend nicht geeignet, um Inklusion entsprechend der UN-Behindertenrechtskonvention flächendeckend umzusetzen.“
Die von der Max-Traeger-Stiftung geförderte Studie leitet daraus sieben Forderungen ab:
- Bedingungen für Teilhabe und Selbstbestimmung verbessern
- Verbindlichkeit und Transparenz schaffen
- Anreize für Inklusion verstärken
- Zugangshürden überwinden – Zuständigkeiten bündeln
- Inklusion weit denken und finanzieren
- Qualifikation der Fachkräfte finanzieren
- In der SGB VIII-Reform die Finanzierung einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe sicherstellen
Auf rund 90 Seiten analysieren die Autorinnen des Berliner Kita-Instituts für Qualitätsentwicklung (BeKi) zuvor die Ausführungsgesetze aller 16 Länder und beschreiben, wie diese Inklusion in Einrichtungen fördern, realisieren oder erschweren. Für Träger von Kindertageseinrichtungen sowie für Familien zeigen sich dabei je nach Bundesland und teilweise auch innerhalb eines Landes höchst unterschiedliche finanzielle und strukturelle Gegebenheiten.
„Bisher zeigt sich, dass die Finanzierung oft noch an einem alten Integrationsverständnis anknüpft.“ (Björn Köhler)
Diese großen regionalen Unterschiede hätten auch „große Auswirkungen auf die praktische Arbeit vor Ort und die Arbeitsbedingungen der Fachkräfte“, sagte Björn Köhler, Vorstand des GEW-Organisationsbereichs Jugendhilfe und Sozialarbeit. „Wenn wir Inklusion ernst nehmen, müssen wir Zugangshürden abbauen. Dazu gehört auch eine einheitliche, angemessene Finanzierung. Bisher zeigt sich, dass die Finanzierung oft noch an einem alten Integrationsverständnis anknüpft.“
Seit 2013 haben alle in Deutschland lebenden Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in der öffentlich geförderten Kindertagesbetreuung. Dieser umfasst spätestens seit Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention durch die Bundesrepublik im März 2009 Inklusion als übergreifendes Ziel. Die Länder präzisieren dieses Ziel auf der Grundlage des bundesweiten SGB VIII in ihren Ländergesetzen. Damit verbundene Anforderungen an Träger von Kindertageseinrichtungen und pädagogische Fachkräfte werden in den Bildungsplänen der Länder konkretisiert.