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fair childhood

„Fehlende Bildung und Armut - das ist ein Teufelskreis“

Die GEW-Stiftung fair childhood bringt Mädchen, die arbeiten oder früh Mutter geworden sind, zurück in den Schulunterricht. So können sie dem Teufelskreis aus Armut und fehlender Bildung entfliehen.

Ein Stück Baumwollstoff, eine Nadel, Garn – manchmal braucht es nicht mehr, um Mädchen für die Schule zu gewinnen. „Wir zeigen den Lehrerinnen und Lehrern in Workshops, wie sie gemeinsam mit ihren Schülerinnen und Schülern Menstruationsbinden nähen können“, sagt Kalamagi Gowan von der Uganda National Teachers‘ Union, kurz UNATU, einem Partner der GEW-Stiftung fair childhood. Denn in den meisten Regionen des Landes können es sich die Familien nicht leisten, Binden zu kaufen. In der Regel versuchen die Mädchen und Frauen während ihrer Periode, das Blut mit den Blättern der Hirse und anderer Pflanzen aufzufangen. Toiletten sind rar. „Die Mädchen schämen sich, wenn sie bluten – und bleiben zu Hause“, sagt Gowan. Je mehr Unterricht sie versäumten, desto -schwieriger werde es, sie an den Schulen zu halten, für den Unterricht zu begeistern, sie bis zu einem Abschluss zu begleiten. Gowan: „Fehlende Bildung und Armut – das ist ein Teufelskreis.“

Die Gründe, warum Mädchen dem Schulunterricht fernbleiben, sind vielschichtig. Dazu zählen nicht nur fehlende Menstruationsbinden und Schultoiletten. Oft müssen Mädchen den ganzen Tag auf ihre Geschwister aufpassen, weil Vater und Mutter arbeiten oder migriert sind. Viele Eltern können sich außerdem weder Schulgebühren noch -uniformen leisten. Sie benötigen das Geld, das die Kinder auf dem Kaffeefeld, in Minen, in einem fremden Haushalt verdienen. Oder sie haben Sorge, dass die Tochter auf dem Weg zur Schule vergewaltigt wird. „Manche Väter und Mütter meinen leider auch, dass ihre Töchter keinen Schulabschluss benötigen, da sie ohnehin früh heiraten“, bedauert Gowan.

Weltweit besuchen 129 Millionen Mädchen keine Schule

In vielen Regionen der Welt gehen weniger Mädchen zur Schule als Jungen – und brechen diese häufiger ab. Weltweit treffe das auf 129 Millionen Mädchen im schulpflichtigen Alter zu, informiert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und schreibt: „Mädchen sind beim Zugang zu Bildung weiterhin stark benachteiligt.“ Allein in Afrika besuchten neun Millionen Mädchen – und sechs Millionen Jungen – im Alter zwischen sechs und elf Jahren nie eine Schule, so die UNESCO.

Das versuchen die GEW-Stiftung fair childhood und ihre Partner – in Afrika vor allem lokale Lehrkräfte-Gewerkschaften – zu ändern. Mit Erfolg: Zwischen 2021 und 2023 sind durch die Projekte mehr als 1.800 Mädchen an die Schulen zurückgekehrt. In Uganda beispielsweise sprechen UNATU-Vertreterinnen und -vertreter mit Eltern, Dorfältesten oder religiösen Führerinnen bzw. Führern über traditionelle Rollen, Geschlechtergleichheit, die Rechte der Mädchen und Frauen. Sie organisieren Gruppen, damit die Kinder den oft langen Schulweg nicht mehr alleine zurücklegen müssen. Sie klopfen an die Türen der Gemeindevorsteherinnen und -vorsteher sowie der Schulbehörden, machen Druck, dass Toiletten gebaut werden und die Schulen das Material für die selbstgenähten Binden erhalten. Druck auch dafür, dass es an jeder Projektschule mindestens eine Ansprechpartnerin für die Mädchen gibt.

Überdies sensibilisieren sie Lehrkräfte in UNATU-Workshops. Sie zeigen diesen, wie sie Teenie-Mütter, die die Schule abgebrochen haben, wieder in die Klassen integrieren können. Sie zeigen, wie eine wertschätzende und gleichberechtigte Sexualerziehung gelingt – denn, so Gowan, „dass Menstruation normal ist, wissen viele Mädchen und Jungen nicht“.