fair childhood kämpft für Kinderrechte
„Kinderarbeit ist eine besonders gravierende Form der Ausbeutung“
Wie lässt sich verhindern, dass Kinderarbeit in der Coronapandemie wieder zunimmt? Das war das Thema des Online-Austauschs mit internationalen Gästen.
Alle Formen von Kinderarbeit sollen bis 2025 weltweit abgeschafft werden – das fordern die Vereinten Nationen im Rahmen der „Ziele für Nachhaltige Entwicklung“. Schon vor der Coronapandemie mussten der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zufolge aber noch 152 Millionen Kinder weltweit arbeiten. Durch die Krise könnten nun weitere 66 Millionen Kinder in extreme Armut geraten. Umso wichtiger ist die Frage, wie lässt sich auch in Pandemie-Zeiten der Zugang zu Bildung ermöglichen und zugleich die gewerkschaftliche Arbeit vor Ort stärken?
Dazu gaben im Rahmen der Online-Veranstaltungsreihe „Internationale Solidarität in Zeiten der Corona-Krise“ die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe, Samuel Grumiau von der Bildungsinternationale (BI) und Robert Gunsinze von der Uganda National Teachers‘ Union (UNATU) Auskunft. „Kinderarbeit ist eine besonders gravierende Form der Ausbeutung“, so die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe.
„Think Tank“ für lokale Projekte
Die Bildungsinternationale helfe den Gewerkschaften vor Ort als eine Art „Think Tank“, um Projekte von Grund auf zu starten, berichtete Samuel Grumiau. Dazu gehören etwa Informationsbesuche in Nachbarländern – so dienten Projekte in Mali als Vorbild für geplante Vorhaben in Togo und Burkina Faso. Die BI gebe technische Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung, dokumentiere die Aktivitäten und beteilige sich an der Öffentlichkeitsarbeit.
In der GEW entstand vor zehn Jahren die Idee, das gewerkschaftliche Engagement gegen Kinderarbeit im Rahmen der spendenfinanzierten Stiftung fair childhood zu bündeln. Ihr Ziel ist es, auf das Thema Kinderarbeit innerhalb und außerhalb der Gewerkschaft aufmerksam zu machen und kinderarbeitsfreie Zonen vor Ort zu schaffen. Um Kinder zurück in die Schule zu holen, kooperiert fair childhood mit der Bildungsinternationale und lokalen Bildungsgewerkschaften. Die Stiftung stellt eine wichtige finanzielle Unterstützung für die Projekte gegen Kinderarbeit bereit.
Zum 10-jährigen Jubiläum von fair childhood ist aktuell eine Ausstellung erhältlich.
Kinder erfolgreich zurück in die Schule holen
Durch Corona gehen tendenziell weniger Kinder zur Schule, Mädchen würden früher verheiratet und früher schwanger, so Samuel Grumiau. So sei in Malawi die Zahl der Schulkinder in der betreuten Region während des Lockdowns zwischen März und Oktober 2020 von 7.800 auf 4.000 gesunken. Durch Aktionen vor Ort („Community Drives“) und Hausbesuche sei es aber gelungen, fast alle Kinder wieder zurückzuholen. Samuel Grumiau berichtete von einem Fall, in dem die Polizei das Recht auf Bildung gegenüber den Eltern durchsetzen musste.
Hilfe zur Selbsthilfe ist wichtig: in Nicaragua etwa würden Schulen ihre Corona-Schutzausrüstung selbst herstellen. In einigen Projekten würden mit Unterstützung der Gewerkschaften Schulgärten angelegt, um einen Teil der Nahrungsmittel für die Kinder selbst zu produzieren.
Wie verbessert man die Lernumgebung?
Hausbesuche seien wichtig, so Robert Gunsinze von UNATU, um nachzufragen, wenn Kinder nicht mehr zur Schule kommen. Während des Lockdowns von März bis September 2020 habe man viel Arbeit in Kampagnen investiert, um Lehrkräfte und Eltern zu motivieren – als Medium dienten dabei auch Community Radios. Viele Eltern dachten, die Schulen würden dauerhaft schließen. Inzwischen habe sich die Situation aber dank der erfolgreichen Aktivierungsarbeit vor Ort deutlich gebessert. Der Schutz vor COVID-19 werde durch Abstandsregeln in der Klasse, Händewaschen und Desinfizieren ermöglicht. Die Regierung unterstütze den Schulbesuch finanziell, die Krise habe das öffentliche Schulwesen gegenüber den Privatschulen gestärkt.
Perspektiven im Kampf gegen Kinderarbeit
Robert Gunsinze betonte zudem die Bedeutung der Ausbildung und Unterstützung von Lehrkräften – sie seien es schließlich, die lokal auf Schüler:innen und Eltern einwirken könnten. Auch die Lobbyarbeit bei lokalen Regierungen sei wichtig, so Samuel Grumiau in der Abschlussrunde, man müsse Politiker:innen die konkreten Erfolge vor Ort zeigen. Kinderarbeit sei kein isoliertes Problem, es brauche eine Kombination verschiedener Ansätze. Einzelne Elemente – wie etwa ein Lieferkettengesetz – seien wichtig, aber würden alleine nicht ausreichen, um Kinderarbeit zu beseitigen. Auch deshalb bleibe das gemeinsame Engagement von fair childhood und der Bildungsinternationale gegen Kinderarbeit notwendig.