E&W 11/2020
Fachkräftemangel in Schule, Kita, Jugendhilfe und Hochschule
Der Fachkräftemangel in Kita, Schule und Jugendhilfe ist nicht neu. Seit Jahren wird das Thema diskutiert und dabei der Kern des Problems vergessen: die fehlende Innovation. Die neue E&W berichtet über die spezifischen Probleme der Bildungsbereiche.
Der Mangel an pädagogischen Fachkräften heißt nicht, dass weniger Menschen entsprechende Berufe ergreifen wollen – das Gegenteil ist der Fall: „Diese Arbeitsfelder verzeichnen einen auffallend hohen und weiter wachsenden Zulauf – aber auch viel Abwanderung. Der Mangel ist vielfach selbstgemacht und berührt wesentliche strukturelle Fragen“, schreibt unsere Gastkommentatorin Anke König, Professorin an der Universität Vechta. Viele Wege führen zum Beispiel in den Erzieherinnenberuf, aber zu wenige junge Leute schlagen sie ein. Die „Praxisintegrierte Ausbildung“ (PiA) ist dabei die derzeit erfolgversprechendste Variante im Kampf gegen den Fachkräftemangel.
Wenn ab 2025 bundesweit ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen gilt, wird auch dort der Bedarf an Fachkräften weiter steigen. Nur sechs von zehn Lehrkräften, die in Berlin für das laufende Schuljahr eingestellt wurden, sind derweil für den Beruf durch Lehramtsstudium und Referendariat ausgebildet; immer mehr Schulen müssen auf Quereinsteigerinnen und -einsteiger zurückgreifen. Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger gehören auch in Mecklenburg-Vorpommern längst zum Schulalltag. Stefan Tockner, Chemiker und Mitbegründer der Landesfachgruppe Lehrkräfte im Seiteneinstieg (LiS), berichtet im E&W-Interview über seine Erfahrungen.
Angebot und Nachfrage stimmen auf dem Lehrkräftearbeitsmarkt schon seit Jahren nicht mehr überein. Verantwortlich dafür sind die Länder, die sich die Situation mit Zahlentricks schönrechnen. Auch Mark Rackles, ehemaliger Bildungsstaatssekretär in Berlin, hat in seiner Studie „Lehrkräftebildung 2021“ nach den Gründen für den Lehrkräftemangel in Deutschland gesucht. Im Interview erklärt er, wo die Probleme liegen. Im Hochschulbereich sollte unterdessen das Tenure-Track-Programm von Bund und Ländern einen Kulturwandel anstoßen. Ob das gelingt, ist offen.
Die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe kommentiert: „Grund für den Personalmangel im Bildungsbereich ist eine föderale Entscheidungs- und Finanzblockade. Politik muss endlich mehr Verantwortung übernehmen und den Bildungsbereich deutlich besser finanzieren.“ In der Jugendhilfe sieht es kaum besser aus. Hohe Überlastung, keine angemessene Bezahlung, fehlende Räume: Die schlechten Arbeitsbedingungen in Berlin führen dazu, dass in den Regionalen Sozialpädagogischen Diensten (RSD) rund 100 Stellen nicht besetzt sind.
Weitere Themen der Novemberausgabe der „E&W“:
- Coronapandemie: Ein Virus und viele Fragezeichen
- Coronapandemie: Lüften, lüften, lüften
- Digitalisierung: Big Teacher übernimmtStudienabbrecher: Holt die Eltern mit ins Boot!
- Weiterbildung: Ohne Grundbildung mehr soziale Ungleichheit
- Weiterbildung: Teilhabe braucht Grundbildung
- GEW-Fachtag: Schleichender Bedeutungsverlust
- Tarifrunde 2020: Protest mit Playmobil
- Fachkonferenz „Für eine feministische Zeitpolitik der GEW“: Unsichtbare Arbeit sichtbar machen
- Arbeitszeit: Entlastung – und zwar sofort!
- GEW in Bildung unterwegs: Ganz im Zeichen von Corona