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Finanzierung der Weiterbildung

Es fehlt an allem

Weiterbildung halten Unternehmen und Politik für wichtig. Trotzdem ist der öffentlich finanzierte Bereich an Volkshochschulen, Musikschulen und bei den Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit im Digitalpakt Schule außen vor geblieben.

Die öffentlich geförderte Weiterbildung ist nach wie vor unterfinanziert. Das gilt auch für die digitale Ausstattung. (Foto: mauritius images/Pitopia/kebox)

Eigentlich sind sich alle einig. Fragt man bei den Parteien im Bundestag nach, trifft man nur auf große Fans der Weiterbildung. Enorm wichtig sei das lebenslange Lernen, heißt es immer wieder, Weiterbildung müsse gestärkt und gefördert werden, gerade im Bereich der Digitalisierung. Doch wie genau diese Stärkung und Förderung aussehen sollte, ist sehr viel weniger klar.

Nötig wäre es allemal, mehr in die Weiterbildung zu investieren. Das gilt sowohl für die betriebliche wie auch für die im öffentlichen Auftrag stattfindende Weiterbildung – an VHSn, Musikschulen und mit Blick auf die Lehrgänge sowie Sprach- und Integrationskurse der BA. „Der Bereich ist unterfinanziert“, sagt Ansgar Klinger, Vorstandsmitglied für Berufliche Bildung und Weiterbildung der GEW. „Es fehlt bei der digitalen Ausstattung, Administration und Fortbildung.“

Beim Digitalpakt Schule ist die öffentlich finanzierte Weiterbildung aber außen vor geblieben – trotz des großen Bedarfs. Die Politik habe sich der Verantwortung entledigt, anstatt Professionalisierungsvorgaben zu machen und den Bereich zu unterstützen, sagt Klinger. „Corona hat deutlich gemacht, dass das Bildungswesen nicht krisenfest ist und mehr Anstrengungen erforderlich sind.“ Der Digitalpakt müsse erweitert werden.

Digitalpakt Weiterbildung

Was aber planen die Parteien? „Wir wollen eine Kultur der Weiterbildung etablieren“, erklärt Astrid Mannes, die für die CDU/CSU-Fraktion im Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung sitzt, auf Nachfrage. Konkrete Vorhaben nennt Mannes nicht, sondern verweist auf die Nationale Weiterbildungsstrategie von 2019. „Damit hat die Bundesregierung ein deutliches Zeichen gesetzt.“ Außerdem fördere der Bund bereits seit 2014 das VHS-Lernportal mit rund 14 Millionen Euro und habe mit der Änderung des Fernunterrichtsschutzgesetzes 2017 den Fernunterricht gestärkt.

Auch Ulrike Bahr, die für die SPD im Bildungsausschuss sitzt, verweist auf einzelne Verbesserungen, die die jetzige Regierung schon auf den Weg gebracht habe, etwa das neue Aufstiegs-BAföG, das Teil der Weiterbildungsstrategie ist, und das 2019 verankerte Recht auf eine Weiterbildungsberatung. „Nun muss der Rechtsanspruch auf eine Weiterbildung für alle Beschäftigten folgen“, sagt Bahr.

„Volkshochschulen oder Musikschulen sind elementar für die Bildung, denn sie vermitteln weit mehr als nur berufsrelevante Fähigkeiten. “ (Ulrike Bahr)

Eine Ausweitung des Digitalpakts Schule hält Bahr nicht für sinnvoll. „Es hilft keinem, wenn wir die Gelder breiter streuen und die Schulen sowie Weiterbildungsträger gegeneinander ausspielen.“ Besser wäre aus Bahrs Sicht ein Digitalpakt Weiterbildung. In diesen sollten alle Formen von Grundbildung, allgemeiner Weiterbildung bis hin zur Seniorenbildung mit eingeschlossen sein. Auch die Länder müssten mitziehen, so Bahr. Allerdings sieht sie dabei „ähnlich große Herausforderungen“ wie beim Digitalpakt Schule. „Das Problem ist die Vielschichtigkeit“, sagt die Bildungspolitikerin. „Volkshochschulen oder Musikschulen sind elementar für die Bildung, denn sie vermitteln weit mehr als nur berufsrelevante Fähigkeiten. Aber eben diese Berufsrelevanz ist vielfach der Gradmesser, mit dem die Kostenübernahme durch den Staat gemessen wird.“ Dafür Lösungen zu finden, müsse diskutiert werden.

Auch die FDP ist gegen eine „direkte Übertragung“ des Digitalpakts Schule. Dieser sei „ohnehin schon viel zu bürokratisch und schwerfällig“, sagt der bildungspolitische Sprecher der Partei, Jens Brandenburg, auf Anfrage. Nach den Vorstellungen der FDP sollen volljährige Bürgerinnen und Bürger mit einem „persönlichen Freiraumkonto selbstbestimmt Bildungsguthaben ansammeln“ können. Geringverdiener sollen mit einem „staatlichen Midlife-BAföG“ unterstützt werden. „Vom Abendkurs über das E-Learning-Modul in der Straßenbahn bis zum mehrmonatigen Vollzeit-studiengang soll alles möglich sein“, sagt Brandenburg.

Recht auf Weiterbildung

Bildung sollte nicht gegen Bildung ausgespielt werden, sagen auch die Grünen. „Es war hart genug, den Digitalpakt Schule verfassungskonform zu verhandeln“, so die grüne Bildungspolitikerin Beate Walter-Rosenheimer. „Bei der öffentlich geförderten Weiterbildung haben wir andere Voraussetzungen, da kann der Bund anders agieren.“ Ohnehin seien die Gelder des Digitalpakts Schule nicht annähernd ausreichend für eine adäquate digitale Ausstattung der Schulen sowie der Schülerinnen und Schüler, „von guter Internetanbindung, Wartung und Service bei den Geräten ganz zu schweigen“. Die Grünen wollen ein Recht auf Weiterbildung einführen und die Bildungsmaßnahmen durch öffentliche Gelder finanzieren. Kursanbietende sollen bei der Digitalisierung ihrer Angebote unterstützt werden.

„Diese Förderung ist eine Daueraufgabe und deshalb nicht mit temporären Förderprogrammen lösbar.“ (Birke Bull-Bischoff)

„Wir brauchen einen Digitalpakt Bildung“, sagt die Bildungspolitikerin der Linken, Birke Bull-Bischoff. „Die notwendigen digitalen Lehr- und Lernmittel müssen allen jungen Leuten und Erwachsenen für Aus- und Weiterbildung sowie den Trägern und den dort arbeitenden Beschäftigten zur Verfügung gestellt werden.“ Für Menschen mit wenig Geld solle eine „digitale Grundsicherung“ verbrieftes Recht werden. „Diese Förderung ist eine Daueraufgabe und deshalb nicht mit temporären Förderprogrammen lösbar.“

Allerdings dämpft CDU-Politikerin Mannes bereits die Erwartungen. „Durch die Corona-Krise sind große außerplanmäßige Hilfsprogramme aufgesetzt worden, die zu einer gewaltigen Neuverschuldung führen“, sagt sie. Der Bund werde nicht mehr die finanziellen Spielräume haben wie vor der Pandemie. „Ich halte es für fraglich, ob der Bund weiterhin Länder und Kommunen im bisherigen Umfang im Bereich ihrer eigenen Zuständigkeit entlasten kann.“ Für die öffentlich finanzierte Weiterbildung sind das nicht die besten Aussichten.