Zum Inhalt springen

Vereinbarkeit von Pflege und Beruf

Handlungsempfehlungen an die Bundesregierung

Der unabhängige Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf hat seinen ersten Bericht veröffentlicht. Darin empfiehlt er unter anderem die Einführung einer Entgeltersatzleistung analog des Elterngeldes für bis zu 36 Monate.

Foto: Pixabay / CC0

Mit der demografischen Alterung der Gesellschaft gibt es immer mehr Pflegebedürftige bei gleichzeitig abnehmender Zahl potenziell Pflegeleistender. Die Angehörigen pflegebedürftiger Menschen stehen vor der Herausforderung, Familie, Pflege und Beruf zu vereinbaren. Arbeitgeber müssen die betrieblichen Erfordernisse mit den pflegerischen Aufgaben der Beschäftigten in Einklang bringen. Die Politik reagierte mit der Reform des Pflegezeitgesetzes (PflegeZG), dem Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) und der Einsetzung des unabhängigen Beirates für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Dieser veröffentlichte nun seinen ersten Bericht, der Stellung zur aktuellen Situation nimmt sowie Handlungsempfehlungen formuliert. 

Grundsätzlich gilt für den Beirat unter anderem:

  • Pflege wird als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden.
  • Es wird jede individuelle Entscheidung für oder gegen die Übernahme der Pflege der eigenen Angehörigen respektiert.
  • Die Pflegenden sollen dabei unterstützt werden, dass sie nicht beziehungsweise nicht dauerhaft aus dem Beruf aussteigen.
  • Der Beirat spricht sich für Maßnahmen aus, welche die geschlechtergerechte Vereinbarung von Pflege und Beruf fördern.

Zu den Handlungsempfehlungen, um Pflege und Beruf besser vereinbaren zu können, zählen:

  • die Einführung einer Entgeltersatzleistung analog des Elterngeldes für bis zu 36 Monate, die das Darlehen als finanzielle Unterstützung ablöst.
  • die Erhöhung der teilweisen Freistellung auf 36 Monate bei einer Mindestarbeitszeit von durchschnittlich 15 Stunden pro Woche. Dieser Anspruch gilt einmalig für jede beschäftigte Person für die Pflege ein und desselben pflegebedürftigen nahen Angehörigen. Die maximal sechsmonatige vollständige Freistellung innerhalb der maximal 36-monatigen Dauer erfolgt unabhängig von der Größe des Betriebes, in dem die Person beschäftigt ist.
  • die Erweiterung der Regelung zur kurzzeitigen Arbeitsverhinderung (§ 2 PflegeZG) und deren Finanzierung durch das Pflegeunterstützungsgeld von bis zu zehn Arbeitstagen pro Jahr.
  • die Einführung von staatlichen, bedarfsorientierten Zuschüssen für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, um erwerbstätige, pflegende Angehörige gezielt zu entlasten.
  • die Zusammenführung des Pflegezeitgesetzes und des Familienpflegezeitgesetzes in ein Gesetz.
  • die Verbesserung und Ausbau der professionellen Pflegeinfrastruktur.
  • Unterstützungsangebote, die für pflegende Angehörige einfach und schnell zugänglich, flexibel und verlässlich sind.

Frauen leisten die meiste Pflegearbeit

Derzeit haben die meisten Beschäftigten Probleme, die Pflege eines Angehörigen mit ihrem Job zu kombinieren: 71 Prozent können dies zeitlich nur schlecht vereinbaren, wie eine Sonderauswertung des DGB-Index Gute Arbeit ergab. 3,3 Millionen Menschen sind in Deutschland pflegebedürftig, etwa zwei Drittel von ihnen werden zu Hause versorgt. Jeder elfte Beschäftigte muss daher seinen Job und die Pflege eines Angehörigen unter einen Hut bringen. Frauen sind in dieser Gruppe etwas häufiger vertreten als Männer – der Anteil Pflegeverantwortlicher in Teilzeit liegt bei elf Prozent, in Vollzeit bei acht Prozent. Offenbar ist die meist von Frauen geleistete Teilzeitbeschäftigung ein Weg, um  Arbeit und Pflege zu vereinbaren. 

Die Befragten mit Pflegeverantwortung gaben an, dass sie pro Woche im Durchschnitt 13,3 Stunden für die Pflege aufwenden müssten. Frauen kostet dies etwas mehr Zeit: Sie leisten im Schnitt 15 Stunden für die Pflege, Männer etwa 12 Stunden. Besonders schwierig stellt sich die Vereinbarkeitssituation für vollzeitbeschäftigte Frauen dar: Hier geben 78 Prozent an, Schwierigkeiten zu haben. Für 25 Prozent ist dies sehr häufig, für 13 Prozent oft und für 40 Prozent selten der Fall. Die Werte bei den teilzeitbeschäftigten Frauen liegen deutlich darunter (14 Prozent / 14 Prozent / 41 Prozent).

Die GEW engagiert sich auch vor diesem Hintergrund für eine neue Zeitpolitik. Insbesondere für Frauen sei ein Neudenken bei der Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit gefragt. „Zeit ist ein zentrales Frauen-, Gleichstellungs- und geschlechterpolitisches Thema“, betont die Leiterin des GEW-Arbeitsbereichs Frauenpolitik, Frauke Gützkow.