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Corona-Maßnahmen an Kitas und Schulen

Enttäuschend und riskant

Bundeskanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder haben sich am Mittwoch auf nicht ausreichende Corona-Maßnahmen an Kitas und Schulen verständigt. „Enttäuschend und riskant“ nannte GEW-Chefin Marlis Tepe das Ergebnis der Videokonferenz.

Foto: GEW/shutterstock.com
Keine Ansage zum Wechselunterricht, dafür eine Maskenpflicht, die ohnehin schon fast überall galt. „Enttäuschend und riskant“ nannte GEW-Chefin Marlis Tepe das Ergebnis der Videokonferenz (Foto: GEW/Shutterstock).

Schulen und Kitas in Deutschland sollen in der Corona-Pandemie auch weiterhin grundsätzlich geöffnet bleiben. Darauf haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder am Mittwoch bei ihrer Videokonferenz verständigt. Gleichzeitig verabredeten sie nicht ausreichend Maßnahmen, um Ansteckungen an Schulen einzudämmen.

„Es gibt keine klare Linie und Verlässlichkeit für die Schulen.“ (Marlis Tepe)

„Die Entscheidungen für den Bildungsbereich sind enttäuschend und riskant, es gibt keine klare Linie und Verlässlichkeit für die Schulen. Die GEW stellt fest, dass bei Bundeskanzlerin Merkel und den Ministerpräsidenten angekommen ist, dass man etwas tun muss, wenn man die Schulen offenhalten will. Mehr aber auch nicht“, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe noch am Mittwoch Abend in Frankfurt am Main.

Die Infektionsfälle stiegen zudem auch in den Kitas. „Kanzlerin und Ministerpräsidentinnen und -präsidenten haben sich aber davor gedrückt, auch für diesen Bereich abgestimmte Maßnahmen zu verabreden. Einerseits gelten Erzieherinnen und Erzieher als systemrelevant, doch ihre Gesundheit wird nicht geschützt. Das ist ein Fehler: Wenn Kitas für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wichtig sind, müssen Beschäftigte und Kinder besser geschützt werden als bisher. Ein ‚Weiter so‘ darf es nicht geben. Die GEW schlägt ein einheitliches, abgestimmtes Vorgehen bei Infektions- und Verdachtsfällen sowie anlasslose Corona-Tests für das Kitapersonal vor, um die Sicherheit zu erhöhen“, sagte Tepe.

Die neuen Corona-Maßnahmen im Überblick

  • Wechselunterricht nur ab der 8. Klasse und nur bei einem Inzidenzwert ab 200. Entschieden wird aber vor Ort.
  • Maskenpflicht im Unterricht ab der 7. Klasse, ebenfalls abhängig von den regionalen Infektionszahlen.
  • Vorziehen der Weihnachtsferien auf den 19. Dezember.
     

Kein Umschwenken auf Wechselunterricht

Ein großflächiges Umschwenken auf sogenannten Wechselunterricht in Deutschland ist trotz anhaltend hoher Infektionszahlen nicht geplant. Merkel und die Länderchefs vereinbarten, dass über solche Maßnahmen – bei denen etwa Klassen halbiert und abwechselnd zu Hause und in der Schule unterrichtet werden – weiterhin vor Ort entschieden werden soll.

Zum Einsatz kommen soll Wechselunterricht zudem nur bei Schülern ab der 8. Klasse und wenn die Infektionszahlen in einer Region extrem steigen. Als Grenze wird eine Zahl von 200 Neuansteckungen pro 100.000 Einwohnern pro Woche genannt (Inzidenzwert). Diese Zahl wird in den meisten Landkreisen Deutschlands laut aktuellen Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) momentan nicht überschritten. Der sogenannte Hybridunterricht wird auch nicht verpflichtend, sondern nur als Beispiel für etwaige Zusatzmaßnahmen bei starkem Infektionsgeschehen genannt.

Das weiche die Empfehlungen des RKI auf, kritisierte Tepe. „Statt – wie vom RKI vorgeschlagen – konsequent auf Wechselunterricht zu setzen, sobald der Inzidenzwert von 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner in einer Woche überschritten ist, wird Wechselunterricht lediglich als mögliche Maßnahme ab einer Inzidenz von 200, also dem vierfachen RKI-Wert für ältere Schüler ins Auge gefasst.“

„Masken in bestimmten Situationen zu tragen, ist nicht falsch – aber eben nur die zweitbeste Lösung.“ (Marlis Tepe)

Zusätzlich vereinbart wurde außerdem eine Maskenpflicht im Unterricht ab der 7. Klasse, ebenfalls abhängig von den regionalen Infektionszahlen. „Statt auf Maßnahmen wie das Teilen von Klassen zu setzen, die es ermöglichen, das gesellschaftlich geltende Abstandsgebot zwischen zwei Menschen von 1,5 Metern auch an Schulen umzusetzen, soll jetzt ab Klasse 7 verpflichtend ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Masken in bestimmten Situationen zu tragen, ist nicht falsch – aber eben nur die zweitbeste Lösung.“

In den meisten Bundesländern gilt ohnehin längst eine Maskenpflicht im Unterricht und zwar schon ab der 5. Klasse, in Bayern sogar an Grundschulen. Keine flächendeckende Maskenpflicht im Unterricht gab es zuletzt nur noch in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern.

Vorgezogene Weihnachtsferien sind Symbolpolitik

Das Vorziehen der Winterferien um zwei Tage in sieben Bundesländern bewerte Tepe als „nicht mehr als Symbolpolitik.“ Den Schülertransport zu entzerren, sei eine notwendige, richtige Maßnahme. Antigen-Schnelltests an der Schulhaustür bedeuteten einen großen organisatorischen und zeitlichen Aufwand. „Wo das Fachpersonal für diese Maßnahme für über 40.000 Schulen, an denen täglich getestet werden müsste, herkommen soll, bleibt das Geheimnis der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten.“

5-Punkte-Programm der GEW

Die GEW schlägt ein Fünf-Punkte-Programm vor, dessen Umsetzung hilft, das Recht auf Bildung und das Recht der Lehrkräfte, Schüler und deren Eltern auf Gesundheitsschutz unter einen Hut zu bringen:

  5-Punkte-Programm zum Gesundheitsschutz an Schulen
1. Ab der 5. Klasse muss das gesellschaftliche Abstandsgebot von 1,5 Metern gelten. Dafür müssen Klassen geteilt und zusätzliche Räume beispielsweise in Jugendherbergen gemietet werden.
2. Um die Schulräume regelmäßig zu lüften, gilt das Lüftungskonzept des Umweltbundesamtes. Können die Vorgaben nicht umgesetzt werden, müssen sofort entsprechende Filteranlagen eingebaut werden.
3. Die Anschaffung digitaler Endgeräte für Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler muss endlich beschleunigt werden. Flächendeckend müssen eine datenschutzkonforme digitale Infrastruktur geschaffen und IT-Systemadministratoren eingestellt werden. Zudem müssen die Länder Sofortmaßnahmen zur digitalen Fortbildung der Lehrkräfte anbieten.
4. Für die Arbeitsplätze in den Schulen müssen Gefährdungsanalysen erstellt werden, um Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler besser zu schützen.
5. Transparenz schaffen: Kultusministerien und Kultusministerkonferenz müssen zügig ihre Planungen umsetzen, wöchentlich Statistiken auf Bundes-, Landes- und Schulebene über die Zahl der infizierten sowie der in Quarantäne geschickten Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler zu veröffentlichen. „Wir brauchen eine realistische Datenbasis, um vor Ort über konkrete Maßnahme zu entscheiden“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe.