Für die Befristungspraxis an ihrer Hochschule tragen sie häufig die Hauptverantwortung: die Kanzlerinnen und Kanzler. Wenn es um die Befristung von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geht, kennen sie in der Regel keine Gnade. Wie der Teufel das Weihwasser scheuen sie Dauerverträge – selbst für Daueraufgaben in Forschung, Lehre und Wissenschaftsmanagement. Durch allerlei juristische Winkelzüge versuchen sie die 2016 in Kraft getretene Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes ins Leere laufen zu lassen. Der Super-GAU ist für sie die erfolgreiche Entfristungsklage einer Wissenschaftlerin oder eines Wissenschaftlers: Um auf Nummer Sicher zu gehen, schließen sie im Zweifelsfall lieber gar keinen Arbeitsvertrag ab.
Die Rede ist von den Kanzlerinnen und Kanzlern der Hochschulen – von einigen Ausnahmen, die ganz anders ticken, abgesehen ;o) Ein Kanzler aus Brandenburg hat nun selbst gegen seine eigene Befristung geklagt und den Marsch durch alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht angetreten. Mit Erfolg: „Das Lebenszeitprinzip als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums schützt nicht nur den Grundstatus des Beamten auf Lebenszeit, sondern auch das ihm jeweils übertragene statusrechtliche Amt“, urteilten die Karlsruher Richterinnen und Richter, allesamt selbst Lebenszeitbeamtinnen und -beamte.
Die höchstrichterliche Entscheidung könnte eine bundesweite Entfristungswelle von Hochschulkanzlerinnen und Hochschulkanzlern zur Folge haben. GEW-Vize und Hochschulexperte Andreas Keller hat Verständnis für die Klage und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. „Dauerstellen für Daueraufgaben – dieser Grundsatz gilt selbstverständlich auch für Hochschulverwaltung und Wissenschaftsmanagement. Zwar sind Kanzlerinnen und Kanzler Mitglieder der Hochschulleitung mit einem politischen Amt, das daher zeitlich begrenzt sein sollte – es ist aber keineswegs zwingend, auch das jeweilige Beschäftigungsverhältnis zu befristen. Bleibt zu hoffen, dass die entfristeten Kanzlerinnen und Kanzler ihre eigene Befristungspraxis für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einem neuen Licht sehen.“