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Endspurt zum Branchentarifvertrag Weiterbildung!

Der Endspurt zur Allgemeinverbindlichkeit des Branchentarifvertrags Weiterbildung ist noch nicht beendet. Nach der Verabschiedung des Entsendegesetzes in Bundestag und Bundesrat gibt es noch Änderungsbedarf beim Branchentarifvertrag.

Neben den redaktionellen Anpassungen an Formulierungen im Entsendegesetz soll ein Mindestlohn für Beschäftigte mit einfachen Tätigkeiten ohne Qualifikationsanforderungen eingefügt werden. 7,50 Euro steht hier zur Debatte. Dies entspricht der Forderung der DGB-Gewerkschaften zu einem gesetzlichen Mindestlohn. Eine Ost-West-Differenzierung bei dem Mindeststundensatz für einfache Tätigkeiten ist nicht vorgesehen. Unverändert soll auch im zweiten Änderungstarifvertrag die Mindeststundenvergütung für pädagogische MitarbeiterInnen - 12,28 Euro West und 10,93 Ost - sowie für MitarbeiterInnen in der Verwaltung - 10,71 Euro West und 9,53 Euro Ost - bleiben.
Nach den deutlichen Signalen aus dem Ministerium bemühen sich die Gewerkschaften ver.di, GEW und der Bundesverband Berufliche Bildung (BBB), möglichst umgehend eine abgestimmte Neufassung des Branchentarifvertrags zu vereinbaren.

Aber auch nach der Tarifeinigung sind noch Hürden zu nehmen: Bundestag und Bundesrat haben zwar das geänderte Arbeitnehmerentsendegesetz verabschiedet, jetzt muss es vom Bundespräsidenten ausgefertigt und unterzeichnet werden. Erst mit der Verkündung im Bundesgesetzblatt tritt das geänderte Arbeitnehmerentsendegesetz dann in Kraft.

Was wird im Arbeitnehmerentsendegesetz zum Branchentarifvertrag Weiterbildung stehen?
"§ 3 Tarifvertragliche Arbeitsbedingungen
Die Rechtsnormen eines bundesweiten Tarifvertrages finden unter den Voraussetzungen der §§ 4 bis 6 auch auf Arbeitsverhältnisse mit einem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seinen im räumlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zwingend Anwendung, wenn der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt ist oder eine Rechtsverordnung nach § 7 vorliegt.
§ 4 Einbezug in die Branchen
§ 3 gilt für Tarifverträge ...
Ziff. 8:
Für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem 2. oder 3. Buch Sozialgesetzbuch ...
§ 6 Besondere Regelungen
...
Ziff. 9:
Im Falle eines Tarifvertrages nach § 4 Nr. 8 findet dieser Abschnitt Anwendung, wenn der Betrieb oder die selbstständige Betriebsabteilung überwiegend Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen nach dem 2. oder 3. Buch Sozialgesetzbuch durchführt. Ausgenommen sind Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 des 9. Buches Sozialgesetzbuch."

Sobald das Gesetz in Kraft ist, werden die Tarifvertragsparteien unverzüglich den dann geänderten Branchentarifvertrag zur Allgemeinverbindlicherklärung einreichen. Auch hier ist noch eine Hürde eingebaut: Nach § 7 Abs. 2 des Arbeitnehmerentsendegesetzes muss nachgewiesen werden, dass der eingereichte Tarifvertrag für die Branche repräsentativ ist. Eine besondere Bedeutung hat dies, wenn mehrere konkurrierende Branchentarifverträge existieren. Erinnert sei hier nur an die Auseinandersetzung im Bereich der Briefdienstleistungen. Aber auch für die Weiterbildungsbranche muss nachgewiesen werden, dass die Arbeitgeber, die sich in der Zweckgemeinschaft des BBB zusammengeschlossen haben, einen erheblichen Teil der Arbeitnehmer der Branche repräsentieren.
Auch mit dem gemeinsamen Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung, der beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales eingereicht werden muss, sind noch nicht alle Hürden genommen. Wenn für eine Branche erstmals ein Antrag gestellt wird - und dies ist bei dem Branchentarifvertrag Weiterbildung der Fall – muss dieser noch durch den Tarifausschuss.

Der Tarifausschuss setzt sich paritätisch aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen. In der Praxis sind dies auf Arbeitnehmerseite der DGB, der betroffene Einzelgewerkschaften beteiligt, und auf Arbeitgeberseite der Bundesverband deutscher Arbeitgeberverbände. Im Tarifausschuss ist nicht damit zu rechnen, dass Vertreter der BdA die Allgemeinverbindlicherklärung des Branchentarifvertrages Weiterbildung unterstützen. Wird der Antrag jedoch nicht von mindestens einem BdA-Vertreter unterstützt, kann nicht der Arbeits- und Sozialminister die Rechtsverordnung, sondern die Bundesregierung muss damit befasst werden. Auch für den Fall, dass im Tarifausschuss innerhalb von drei Monaten keine Stellungnahme zu Stande kommt, kann der Minister die Rechtsverordnung ohne Beteiligung der anderen Kabinettsmitglieder erlassen.

§ 7 Rechtsverordnung
(1) Ist für einen Tarifvertrag im Sinne dieses Abschnitts ein gemeinsamer Antrag der Parteien dieses Tarifvertrages auf Allgemeinverbindlicherklärung gestellt, kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrats bestimmen, dass die Rechtsnormen dieses Tarifvertrages auf alle unter seinen Geltungsbereich fallenden und nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer und
Arbeitnehmerinnen Anwendung finden. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Tarifvertragsgesetzes findet entsprechend Anwendung. Satz 1 gilt nicht für tarifvertragliche Arbeitsbedingungen nach § 5 Nr. 4.
Ausschussmitglieder für den Antrag oder gibt der Tarifausschuss innerhalb von drei Monaten keine Stellungnahme ab, kann eine Rechtsverordnung nach Absatz 1 erlassen werden. Stimmen zwei oder drei Ausschussmitglieder für den Antrag, kann eine Rechtsverordnung nur von der Bundesregierung erlassen werden. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für Tarifverträge nach § 4 Nr. 1 bis 3.
(2) Kommen in einer Branche mehrere Tarifverträge mit zumindest teilweise demselben fachlichen Geltungsbereich zur Anwendung, hat der Verordnungsgeber bei seiner Entscheidung nach Absatz 1 im Rahmen einer Gesamtabwägung ergänzend zu den in § 1 genannten Gesetzeszielen die Repräsentativität der jeweiligen Tarifverträge zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Repräsentativität ist vorrangig abzustellen auf
1. die Zahl der von den jeweils tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigten unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen,
2. die Zahl der jeweils unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Mitglieder der Gewerkschaft, die den Tarifvertrag geschlossen hat.
(3) Liegen für mehrere Tarifverträge Anträge auf Allgemeinverbindlicherklärung vor, hat der Verordnungsgeber mit besonderer Sorgfalt die von einer Auswahlentscheidung betroffenen Güter von Verfassungsrang abzuwägen und die widerstreitenden Grundrechtsinteressen zu einem schonenden Ausgleich zu bringen.
(4) Vor Erlass der Rechtsverordnung gibt das Bundesministerium für Arbeit den in den Geltungsbereich der Rechtsverordnung fallenden Arbeitgebern sowie Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab dem Tag der Bekanntmachung des Entwurfs der Rechtsverordnung.
(5) Wird erstmals ein Antrag nach Absatz 1 gestellt, wird der Antrag im Bundesanzeiger veröffentlicht und mit ihm der Ausschuss nach § 5 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertragsgesetzes (Tarifausschuss) befasst. Stimmen mindestens vier Ausschussmitglieder für den Antrag oder gibt der Tarifausschuss innerhalb von drei Monaten keine Stellungnahme ab, kann eine Rechtsverordnung nach Absatz 1 erlassen werden. Stimmen zwei oder drei Ausschussmitglieder für den Antrag, kann eine Rechtsverordnung nur von der Bundesregierung erlassen werden. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für Tarifverträge nach § 4 Nr. 1 bis 3.


Welche Wirkung entfaltet ein dann für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag in der Weiterbildungsbranche?
Durch den deutlichen Betriebsbezug im Geltungsbereich des zweiten Änderungstarifvertrages zum Branchentarifvertrag ergibt sich eine weit gehende Tarifbindung für Träger von Weiterbildungsmaßnahmen.

Selbstverständlich haben auch die bei Weiterbildungsträgern Beschäftigten einen Anspruch auf Einhaltung der tariflichen Mindestnormen und die Betriebsräte die Pflicht, auf die Einhaltung zu achten.
Zentral wird allerdings sein, wie die Bundesagentur mit der Vergabe von Maßnahmen umgeht. Hier hat die Bundesagentur mit Schreiben vom 4. März 2009 angekündigt, dass bis zum Inkrafttreten einer verbindlichen Regelung den Bietern „empfohlen“ wird, den Mindestlohn bereits jetzt im Rahmen einer vorausschauenden Kalkulation zu berücksichtigen. Zur Voraussetzung für Bieter wird die Einhaltung des Mindestlohns jedoch erst dann, wenn das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, das zurzeit im Gesetzgebungsverfahren ist, in Kraft getreten ist. Erst damit – so die Bundesagentur – kann sie ein tarifkonformes Verhalten der Bieter einfordern.

Auch für die Gewerkschaften ist mit der Allgemeinverbindlicherklärung des Branchentarifvertrages die Arbeit noch nicht vorbei. Im Gegenteil: Dann – so die Planung – werden die Verhandlungen zu einem umfassenden Mantel- und Entgeltrahmentarifvertrag mit Ost-/Westangleich sowie zu einem Qualifizierungstarifvertrag aufgenommen.

Dieses Ziel werden nur mit einem hohen Organisationsgrad erreichen.
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