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Coronavirus

„Einwerben von Drittmitteln ist nicht mehr zu schaffen“

Das System der Drittmittelfinanzierung ist nicht nur eine Ursache für das Befristungsunwesen in der Wissenschaft, es behindert auch die Forschung zur Coronavirus-Epidemie. Letzteres kritisiert der Virologe Christian Drosten im NDR2-Podcast.

Das System der Drittmittelfinanzierung behindert nach Ansicht von Experten auch die Forschung zum neuartigen Coronavirus. „Wir sehen in der jetzigen Wissenschaftstätigkeit an der Epidemie, dass das Einwerben von Drittmitteln in seinem zeitlichen Umfang nicht mehr zu schaffen ist. Wir brauchen da unbedingt andere Mechanismen, wie wir direkt Geld dahin steuern können, wo es auch wirklich gebraucht wird, wo es wirklich eingesetzt werden kann. Und wo nicht denjenigen, die die Patienten behandeln und beforschen, die Zeit gestohlen wird“, sagte der Virologe Christian Drosten in seinem Podcast auf NDR 2

„In dieser Situation können wir es uns absolut nicht mehr leisten, komplizierte Anträge auf den Weg zu bringen, wo wir uns in großer Konkurrenz um Geldtöpfe bewerben, die vielleicht falsch dimensioniert sind, wo man auch die Begutachtung dieser Anträge gar nicht mehr organisieren kann.“ (Christian Drosten)

Aktuell gehe es in der Forschung nicht um langjährige Grundlagenforschung, sondern die Umsetzung direkt notwendiger Wissenschaftsuntersuchungen. Beantwortet werden müssten Fragen wie: Wissen wir in einem Monat, ob dieses neue Medikament hilft? „In dieser Situation können wir es uns absolut nicht mehr leisten, komplizierte Anträge auf den Weg zu bringen, wo wir uns in großer Konkurrenz um Geldtöpfe bewerben, die vielleicht falsch dimensioniert sind, wo man auch die Begutachtung dieser Anträge gar nicht mehr organisieren kann.“

Drosten verwies zudem darauf, dass es in der Forschungsförderung, insbesondere der internationalen, inzwischen folgendes Phänomen gebe: „Die Qualifikation, um solche Forschungsmittel zu bekommen, ist nicht unbedingt mehr die Tatsache, dass man wirklich an dem Problem arbeitet, sondern das kann zu einer Situation führen, wo diejenigen eigentlich die Forschungsgelder kriegen, die sich auf das Einwerben von Forschungsgeldern spezialisiert haben und nicht auf das Behandeln dieser Patienten.“

GEW fordert Ausbau der Grundfinanzierung

Die GEW sieht im System der Drittmittelfinanzierung darüber hinaus eine Ursache für das Befristungsunwesen in der Wissenschaft. Die Gewerkschaft fordert, die Grundfinanzierung auszubauen und so die Beschäftigung zu stabilisieren. Sie kritisiert, das vor vier Jahren geänderte Wissenschaftszeitvertragsgesetz habe die große Zahl von Fristverträgen in der Wissenschaft nicht eingedämmt. Die GEW verlangt eine erneute Reform noch vor der nächsten Bundestagswahl. Im März diskutierte auch der 10. Follow-up-Kongress des Templiner Manifests darüber.