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50 Jahre BAföG

Einst Motor für mehr Chancengleichheit

Die Einführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes am 26. August 1971 fiel in eine politisch turbulente Zeit. Die erste sozialdemokratisch geführte Bundesregierung strebte mehr soziale Gerechtigkeit an.

Im Jahre 2019 erhielten lediglich 11 Prozent der Studierenden BAföG – ein so niedriger Anteil wie noch nie in der 50-jährigen Geschichte der Ausbildungsförderung. (Foto: IMAGO/Panthermedia)

Dem Thema Bildung kam in dieser Situation in doppelter Hinsicht eine wichtige Bedeutung zu: Einerseits sollte sie zu einem Motor des sozialen Aufstiegs werden, andererseits die Nachfrage nach spezialisierten Fachkräften bedienen. Ein Instrument dafür war das BAföG. Das Neue am BAföG war, dass es nicht an gute Studienleistungen, sondern an die Höhe des Einkommens der Eltern geknüpft war. Mit dem neuen Gesetz gab es damit das erste Mal einen individuellen Rechtsanspruch auf eine staatliche Förderung des Studiums.

Im darauffolgenden Jahr erhielten bereits 44,6 Prozent der etwa 600.000 Studierenden in der Bundesrepublik finanzielle Unterstützung im Rahmen des BAföG. In dieser ersten Phase gab es die Zahlungen noch als Vollzuschuss – die Studierenden mussten nichts zurückzahlen. 1974 wurde jedoch bereits die erste Darlehenskomponente in das Gesetz eingefügt und der Anteil der Förderberechtigten in den folgenden Jahren immer weiter gesenkt. Unter der Regierung von Helmut Kohl (CDU) wurden schließlich die BAföG-Zahlungen zu einem Volldarlehen umgewandelt. Das Ziel, mehr Chancengleichheit durch besseren Zugang zu Bildung zu schaffen, wurde aufgegeben, der Arbeitsmarkt für studierte Arbeitskräfte schien gesättigt.

Mit dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) werden seit 1996 Fortbildungen gefördert, die zu einem beruflichen Aufstieg führen sollen. Voraussetzung ist, dass der Abschluss, auf den die Fortbildung vorbereitet, über dem Niveau einer Facharbeiter-, Gesellen- und Gehilfenprüfung oder eines Berufsfachschulabschlusses liegt. Die Zielgruppe umfasst vor allem Menschen, die bereits einen ersten Berufsabschluss haben, schließt aber auch Bachelorabsolventinnen und -absolventen oder Studienabbrecherinnen und -abbrecher nicht grundsätzlich aus. Die Fortbildung wird je zur Hälfte als Zuschuss, zur anderen Hälfte als Darlehen mit bis zu 15.000 Euro gefördert. Bei einem Vollzeitprogramm erhalten beispielsweise alleinstehende Geförderte für den Lebensunterhalt monatlich knapp 900 Euro. Im Jahre 2018 erhielten 167.000 Menschen eine Förderung nach dem AFBG.

Sinkende Förderquote

Nach der Wiedervereinigung 1990 wurde zwar vom Modell des Volldarlehens abgerückt – seitdem sind die BAföG-Zahlungen zur einen Hälfte ein zinsloses Darlehen, zur anderen ein Zuschuss –, und die ab 1998 regierende rot-grüne Koalition verbesserte die Förderbedingungen sogar teilweise. Ein echter Wandel hin zu einem wirklich effektiven Instrument zur Förderung einkommensschwacher Schülerinnen, Schüler und Studierender wurde aber auch damit nicht erreicht.

2019 erhielten nur noch 11 Prozent der Studierenden BAföG – prozentual waren es nie weniger. Gleichzeitig ist unter ihnen der Anteil derjenigen, die neben dem Studium arbeiten, mit zwei Dritteln so hoch wie nie zuvor. Um diesem Bedeutungsverlust des BAföG entgegenzuwirken, novellierte die Bundesregierung das BAföG 2019, nach den Worten von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) sollte damit eine „Trendumkehr“ für das Förderungsgesetz eingeleitet werden. Tatsächlich fallen die Zahlungsaufschläge etwas höher aus als bei vielen vorherigen Anpassungen des BAföG. Kritiker weisen aber darauf hin, dass selbst damit die Steigerung der Lebenshaltungskosten in den vergangenen Jahren nicht annähernd abgedeckt worden sei und die Zahl der BAföG-Geförderten sieben Jahre in Folge sank.

Seit es den zweiten Bildungsweg gibt, können auch Schülerinnen und Schüler unter bestimmten Bedingungen durch das BAföG gefördert werden. 2019 gab es rund 191.000 Geförderte, die zur Schule gingen – seit 2010 ist das ein Rückgang von über 40 Prozent. Förderwürdig ist zum Beispiel, wer das -Abitur auf dem zweiten Bildungsweg anstrebt, sich also dafür entscheidet, nach einer Berufsausbildung bzw. einer Phase der Berufstätigkeit die Hochschulreife nachzuholen. Wer dabei ein Abendgymnasium oder ein Kolleg besucht, erhält zudem elternunabhängig und vollbezuschusst den Höchstsatz von derzeit 723 Euro ausgezahlt. Die GEW setzt sich dafür ein, dass im Bedarfsfall auch für Menschen mit Fluchterfahrung die Förderung des Erwerbs der Hochschulzugangsberechtigung in den Schulen und Einrichtungen des zweiten Bildungswegs gesichert ist.

Kritik der GEW

Auch der GEW geht die jüngste BAföG-Reform nicht weit genug. „Soll das Gesetz einen echten Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit leisten, müssen deutlich mehr Studierende, Schülerinnen und Schüler von ihm profitieren, das BAföG wieder zu einem Vollzuschuss und der Höchstbetrag an den realen Bedarf angepasst werden“, sagt der stellvertretende Vorsitzende und Hochschulexperte der GEW, Andreas Keller. Mittelfristig wünscht sich die GEW eine elternunabhängige Ausbildungsfinanzierung und die Wiedereinführung der Förderungsmöglichkeit aller Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II.