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Bericht „Bildung in Deutschland 2020“

Einsatz digitaler Medien verstärkt Bildungsungerechtigkeit

Der Bildungsbericht belegt die Erfahrungen der vergangenen Monate: Die Coronapandemie und der digitale Fernunterricht verschärfen das langjährige Problem der Bildungsungerechtigkeit weiter. Die GEW fordert die Politik auf, endlich zu handeln.

Ein echtes Weiterbildungsgesetz muss die Defizite in den institutionellen, finanziellen, zeitlichen und organisatorischen Voraussetzungen für gutes Lehren und Lernen verbessern, so die GEW. (Foto: Pixabay / CC0)

Chancengerechtigkeit und Durchlässigkeit bleiben die größten Baustellen des deutschen Bildungssystems – was sich in Zeiten von Covid-19 besonders deutlich gezeigt hat. „Die Corona-Krise ist eine immense Herausforderung für die gesamte Bildungslandschaft, die Bildungsungerechtigkeit zu verschärfen droht“, sagte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) und rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) am Dienstag bei der Vorstellung des Berichts „Bildung in Deutschand 2020“. „Gerade in der Corona-Krise wurden Defizite bei der Digitalisierung im Bildungsbereich deutlich“, ergänzte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU).  

„Die Politik muss endlich gegensteuern. Sonst klafft die soziale Schere künftig noch weiter auseinander.“ (Ilka Hoffmann)

Die GEW sieht sich durch die Ergebnisse des Nationalen Bildungsberichtes in ihren Forderungen bestätigt. „Die Politik muss endlich gegensteuern. Sie muss den Raum für die Entwicklung pädagogischer Konzepte schaffen, für eine stabile digitale Infrastruktur sorgen, Systemadministratoren einstellen sowie Lehrkräfte und Schüler mit digitalen Endgeräten ausstatten. Sonst klafft die soziale Schere künftig noch weiter auseinander“, betonte Vorstandsmitglied und Schulexpertin Ilka Hoffmann.

Digitale Kompetenzen „ausbaufähig“

Der achte Bildungsbericht mit dem Schwerpunkt „Bildung in einer digitalisierten Welt“ dokumentiert zwar positive Entwicklungen wie die zunehmende Bildungsbeteiligung, den quantitativen Ausbau des Bildungspersonals, kontinuierlich höhere Bildungsausgaben und einen steigenden Bildungsstand. Die Autorinnen und Autoren bilanzieren aber auch: Es verlassen wieder mehr junge Menschen die Schule ohne Hauptschulabschluss. Zudem gibt es über alle Bildungsbereiche hinweg Menschen mit geringen schriftsprachlichen Kompetenzen. Und nach wie vor ist der Einfluss des sozialen Hintergrunds auf den Bildungserfolg groß. 

Mit Blick auf den Schwerpunkt heißt es: Digitale Kompetenzen bei Schülerinnen und Schülern seien „ausbaufähig“. Huber betonte: „Wir sehen in der Corona-Krise, dass wir bei der digitalen Bildung aufholen müssen.“ Bund, Länder und Schulträger müssten jetzt gemeinsam schulische Strukturen stärken, die langfristig ausgelegt seien. 

Zu wenig Unterstützung für Schulen und Lehrkräfte

Hoffmann kritisierte, bisher seien die Schulen zu wenig bei der Entwicklung medienpädagogischer Konzepte unterstützt worden. „Die Fortbildungsangebote für Lehrkräfte zur Digitalisierung müssen ausgebaut und passgenauer werden, aber auch die Ausbildung muss digitale Anforderungen stärker berücksichtigen. Ohne ausreichende Angebote und die Unterstützung bei der Konzeptentwicklung bleibt der Einsatz digitaler Medien im Unterricht allenfalls Stückwerk“, forderte sie. 

Auch die Situation der Lehrkräfte werde bei der Umsetzung der Digitalisierung nur unzureichend berücksichtigt – etwa arbeitsrechtlich. „Lehrkräfte sollen – bei unzureichender digitaler Infrastruktur – den Datenschutz beachten, gleichzeitig aber ins Online-Lernzeitalter vorstoßen. Sie sollen immer per E-Mail zu erreichen sein, sich aber nicht über die schleichende Ausweitung ihrer Arbeitszeit beklagen. Das passt nicht!“

Eine Anfang Juni veröffentlichte Studie der GEW hatte aufgezeigt, dass beispielsweise 90 Prozent der Lehrkräfte darauf angewiesen sind, ihre privaten Endgeräte für die Arbeit an der Schule zu nutzen.