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Klimawandel

Einfach mehr grün

Klimafreundliches Reisen ist weniger kompliziert als man denkt, auch bei Klassenfahrten. Entscheidend sind drei Punkte: An- und Abreise, Unterkunft und Verpflegung sowie Aktivitäten vor Ort.

Die Wahl des Verkehrsmittels hat mit Abstand den größten Einfluss darauf, wie groß der Klima-Fußabdruck ausfällt. Empfehlenswert sind daher Reiseziele mit möglichst kurzer Anreisestrecke und der Verzicht auf das Flugzeug. (Foto: Pixabay/rauschenberger)

Klimafreundliches Reisen war lange Zeit nur ein Nischenthema. Man stieg in den Billigflieger, freute sich über den günstigen Preis und dachte nicht an die Umweltkosten, die dabei in Form von Treibhausgasemissionen entstehen. Das hat sich gründlich geändert. Vor allem die Jüngeren sind sensibilisiert, sie werden die Auswirkungen der Erderwärmung sehr viel stärker als die Älteren zu spüren bekommen. Denn der Klimawandel verläuft nicht linear, sondern exponentiell – er beschleunige sich zunehmend, wie der Weltklimarat in seinem neuen Bericht gerade erneut eindrücklich gewarnt hat.

Wie organisiert man unter solchen Umständen eine Klassenfahrt? Geht das überhaupt klimafreundlich? Einfache Antwort: Ja, es geht. Und es ist weniger kompliziert, als man vielleicht denkt. Entscheidend sind drei Punkte: An- und Abreise, Unterkunft und Verpflegung sowie Aktivitäten vor Ort. Der erste Punkt ist der wichtigste. Die Wahl des Verkehrsmittels hat mit Abstand den größten Einfluss darauf, wie groß der Klima-Fußabdruck ausfällt. Fachleute empfehlen deshalb Reiseziele mit möglichst kurzer Anreisestrecke, damit man sich das Fliegen sparen kann, das um ein Vielfaches klimaschädlicher ist als die Reise mit Auto, Bahn und Reisebus.

Sanfter Tourismus

Die Reiseziele der Veranstalter klimafreundlicher Klassenfahrten liegen denn auch zumeist in Deutschland – außerdem in Nachbarländern, die man problemlos ohne Flugzeug erreichen kann. Der auf sanften Tourismus spezialisierte Verband „Naturfreunde“ etwa bietet Klassenfahrten in seine Naturfreundehäuser an. Diese haben 20 bis 180 Betten, sie liegen, wie der Verband mitteilt, „im Wald, am See, auf dem Berg oder am Meer“. Sowohl Selbstversorgung als auch Vollverpflegung sind möglich.

Das Deutsche Jugendherbergswerk, ebenfalls einer der führenden Anbieter klimafreundlicher Klassenfahrten, belohnt sogar ausdrücklich eine möglichst umweltschonende Anreise. „Jugendherbergen engagieren sich schon aus ihrer Tradition heraus für Nachhaltigkeit“, sagt Hauptgeschäftsführer Julian Schmitz. „Bei der Gruppenanreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln bieten wir Vorteilskonditionen.“ Das schafft einen Anreiz, mit der besonders klimafreundlichen Bahn zu fahren.

Anbieter reagieren auf gestiegenes Umweltbewusstsein

Auch unter Corona-Bedingungen ist das gut möglich. „Sowohl Bahn als auch Bus haben sich in Sachen Infektionsschutz gut aufgestellt“, sagt Petra Thomas vom „Forum anders Reisen“. Der Verband setzt sich schon seit 1998 für nachhaltigen Tourismus mit verbindlichen Umwelt- und Sozialstandards ein. Rund 130 Reiseveranstalter gehören dazu, einige bieten auch Klassenfahrten an.

Der Punkt Unterkunft und Verpflegung fällt für die Klimawirkung weniger ins Gewicht, ist aber auch wichtig. Viele Anbieter reagieren längst auf das gestiegene Umweltbewusstsein, bemühen sich um Energiesparmaßnahmen, Mülltrennung, weniger Plastik. Der Naturfreunde-Verband beispielsweise bietet sowohl fleischlose als auch fleischarme Verpflegung an. Auch auf regionale, saisonale und fair gehandelte Lebensmittel wird geachtet. Die Jugendherbergen, so schildert es Schmitz, tauschten immer mehr Produkte gegen umweltfreundlichere Alternativen aus. „Das wird von unseren Gästen sehr positiv aufgenommen und unterstützt.“

Reisen in die Natur

Allerdings hat Corona einiges an Rückschlägen gebracht. „Die Pandemie hat uns in puncto Nachhaltigkeit aktuell schon ein Stück weit gebremst“, sagt Schmitz. Infektionsschutz musste im Zweifelsfall wichtiger sein als Umweltbelange. „Gesundheit und Sicherheit gehen vor, auch wenn dies zumindest jetzt erst einmal partiell wieder den vermehrten Einsatz von Einwegprodukten bedeutet.“ Noch gravierender sind die deutlichen Umsatzeinbußen, die viele Anbieter im vergangenen Jahr erlitten haben, weil Klassenfahrten im Lockdown wegfielen.

Um das Infektionsrisiko niedrig zu halten, rät die Nachhaltigkeitsexpertin Petra Thomas zu Reisen in die Natur. „Ich würde Lehrkräften nahelegen, sich mit ihren Klassen gezielt in die Natur zu begeben“, sagt sie. „Das bietet aktuell die beste Voraussetzung einer aktiven Erholung beim Wandern, Spazieren, Rad- oder Kanufahren mit gleichzeitig niedrigem Risiko.“ Eine gute Möglichkeit seien auch organisierte Wildniscamps oder Wandertouren in die Berge. „Mit einer guten naturkundlichen Begleitung kann dies Einblick in den Naturschutz geben und den sozialen Zusammenhalt der Klassen stärken – und natürlich auch die Einschränkungen der Pandemie etwas vergessen lassen“, sagt Thomas. Genau das wäre auch am klimafreundlichsten.

Auf vielen Internetseiten mit Verbrauchertipps lautet die Antwort auf die Frage: mit dem Reisebus. Beim CO2-Ausstoß pro Kopf, heißt es dort, schneide der Bus besser ab als die Bahn. Die Berechnung stützt sich auf Zahlen des Umweltbundesamtes – allerdings auf alte Daten. Diese stammen noch aus einer Zeit, als der Strommix in Deutschland viel weniger grün war als heute. Kürzlich hat die Behörde ihre Zahlen aktualisiert und den gestiegenen Ökostromanteil berücksichtigt. Danach liegt die Bahn nun klar vorn; sie ist am klimafreundlichsten.

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