Pädagogik und Digitalisierung
Eine Daueraufgabe
Im GEW-Bundesforum „Bildung in der digitalen Welt“ erarbeiten Mitglieder, Landesverbände und Funktionäre Forderungen und Konzepte mit Blick auf Arbeitsplätze, Datenschutz und pädagogische Ideen. Jetzt legten sie einen Zwischenbericht vor.
„Die sogenannte 4. Industrielle Revolution lässt deutliche Umwälzungen in der Gesellschaft im Allgemeinen und der Arbeitswelt im Besonderen erwarten. Die GEW stellt sich den Risiken und Chancen einer durch Automatisierung, Algorithmen und künstliche Intelligenz beeinflussten Gesellschaft. Sie stellt Bedingungen für ein zukunftsfähiges Bildungswesen und die Sicherung von Freiheit und Demokratie auf. Sie arbeitet auch über den Gewerkschaftstag 2017 hinaus dauerhaft an der Gestaltung der Arbeits- und Lebensbedingungen im Zeichen der Digitalisierung. Zentrale Prinzipien dieser Arbeit sind Inklusion, Chancengleichheit und Gerechtigkeit, gute Lern- und Arbeitsbedingungen, Mitbestimmung und Beteiligung, Qualität der Bildung, Erhalt der öffentlichen Bildung sowie die Sicherheit und das Wohlbefinden von Lernenden und Lehrenden. … Der Hauptvorstand prüft die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zur Digitalisierung im Bildungsbereich.“ Dieser Auszug gibt die ersten Sätze und zugleich den letzten Satz des Beschlusses „Bildung in der digitalen Welt“ des Freiburger Gewerkschaftstags von 2017 wieder – sie bilden den Auftrag und die Handlungsgrundlage für das anschließend gegründete Bundesforum der GEW.
Vier Arbeitsgruppen
Im März 2019 fand das erste Forum-Treffen mit knapp 60 Delegierten aus allen Organisationsbereichen und Landesverbänden der GEW statt. In den vier Arbeitsgruppen des Forums* sind mehrere Veröffentlichungen entstanden, so die Flyer zum Digitalpakt und zur Reform des Urheberrechts, Dossiers zur Strategie der Kultusministerkonferenz (KMK), zum Digitalpakt Schule sowie zu den Aktivitäten der -Digitalindustrie im Schulbereich. Ferner initiierte das Forum die Veranstaltung „Learning Analytics und Big Data in der Bildung“. Zudem gibt es monatlich einen Newsletter heraus. Häufig werden Vertreterinnen und Vertreter des Bundesforums zu Fachveranstaltungen als Inputgeber oder Diskutanten eingeladen.
Flankierend zur Begleitung des Digitalpakts Schule sind je eine Bildungsfinanzierungsstudie für die berufsbildenden und die allgemeinbildenden Schulen erschienen. Sie belegen, dass die Effekte, die die Politik vom Digitalpakt erwartet, nur dann eintreten, wenn die 5,5 Milliarden Euro Paktmittel vervierfacht werden und die entsprechende administrative Infrastruktur bereitgestellt wird. Für zwei weitere Gutachten** hat das Bundesforum zugearbeitet.
In den Veröffentlichungen hat sich das Forum unter anderem dafür eingesetzt, dass eine medienpädagogische Grundbildung für alle Bildungsphasen in den Lehrplänen der Bundesländer verankert wird. Dazu gehört nicht nur der Erwerb technischer, informatischer und wirtschaftlich verwertbarer Fertigkeiten, sondern auch ein kritisch-konstruktiver Umgang mit digitalen Medien und Tools. Ziel ist die Bildung mündiger und verantwortungsbewusster Bürgerinnen und Bürger. Wichtig ist zudem, dass Lehrkräften schon in der Ausbildung medienpädagogische Grundlagen vermittelt werden. In der Lehrkräfteaus- und -fortbildung sind daher entsprechende Bestandteile zu integrieren.
Die KMK ist gefordert, dem schleichenden Einfluss von Lobbyverbänden der Digitalwirtschaft auf den Prozess der Digitalisierung, der in der Phase des „Corona-Lernens“ gewachsen ist, entgegenzuwirken.
Zustimmendes Medienecho
Die Corona-Pandemie und ihre Konsequenzen haben auch vor der Arbeit des Bundesforums nicht Halt gemacht: So musste die Ende März geplante Tagung „Gesellschaft digital? – Herausforderungen der Digitalisierung für Gesellschaft, Bildung und Unterricht“ abgesagt werden. Wir haben jedoch aus der Not eine Tugend gemacht: Die Tagungsbeiträge – unter anderem zur Kontroverse zwischen Informatik und Medienpädagogik sowie zum Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Digitalisierung – werden demnächst veröffentlicht. „Corona“ dürfte gleichzeitig sowohl zu einem Tief- wie zu einem Höhepunkt der Arbeit des Forums beigetragen haben: Einerseits ist die Arbeit in den AGs trotz gestiegener Informations- und Handlungsbedarfe zwischenzeitlich fast zum Erliegen gekommen, andererseits erreichten wir mit einer Pressekonferenz, auf der wir die Ergebnisse der GEW-Mitgliederbefragung zum Digitalpakt und zur Digitalisierung Anfang Juni vorgestellt haben, ein sehr großes, zustimmendes Medienecho.
Die Projektarbeit des Bundesforums befindet sich mittlerweile auf der Zielgeraden mit Blick auf den Gewerkschaftstag 2021 in Leipzig – es bleibt viel zu tun, schließlich will die GEW die Gestaltung der Arbeits- und Lebensbedingungen mit voranbringen. Trotz aller Unsicherheiten im Rahmen der Digitalisierung bleibt eine Gewissheit: Mit der Bildung in der digitalen Welt wird sich die GEW auf Dauer auseinandersetzen.
* Die Foren arbeiten zu folgenden Themen: Arbeit, Rechte und Arbeitsbedingungen im Bildungsbereich; Pädagogische Herausforderungen und Chancen; Aus-, Fort- und Weiterbildung der Beschäftigten im Bildungsbereich; Kommerzialisierung und Ökonomisierung.
** Die Gutachten beschäftigen sich mit den Themen: Arbeitszeit und Arbeitsbelastung von Lehrkräften im Rahmen der Digitalisierung; Wirkungsweisen und Problemlagen zur Umsetzung des Digitalpakts Schule in den 16 Bundesländern. Beide Studien hat die GEW-nahe Max-Traeger-Stiftung finanziert.