Zum Inhalt springen

Forum Fairer Handel (FFH)

„Ein zutiefst solidarischer Handel“

Unter den aktuellen Krisen leiden auch Produzentinnen und Produzenten für Fairen Handel. Aber sie seien besser gewappnet als die Erzeugerinnen und Erzeuger für den konventionellen Handel, sagt Matthias Fiedler vom Forum Fairer Handel (FFH).

Kaffeeernte in Kolumbien: Kaffeebauern bekommen für fair erzeugte Bohnen zwar einen höheren Preis – doch durch die aktuellen Krisen sind ihre Lebenshaltungs- und Produktionskosten gestiegen. (Foto: Forum Fairer Handel/J. Lorenz)
  • E&W: Unterbrochene Lieferketten durch feststeckende Container, ausbleibende Ernten infolge der Klimakrise, Inflation und steigende Energiekosten – wie stark trifft das die Erzeugerinnen und Erzeuger fairer Produkte?  

Matthias Fiedler: Die Kombi dieser Krisen ist dramatisch. Weil die Lebenshaltungskosten extrem gestiegen sind, reicht das, was die Erzeugerinnen und Erzeuger mit ihrer Ernte verdienen, immer weniger zum Leben. Die Kaffeepreise etwa sind seit 2021 gestiegen – aber die höheren Preise, die sie für ihre fairen Bohnen bekommen, werden durch die höheren Lebenshaltungskosten aufgefressen! Auch die Produktionskosten sind in die Höhe geschossen: Allein die Frachtkosten haben sich seit 2020 fast verzehnfacht. Auch Ersatzteile für Maschinen oder Verpackungsmaterialien sind teurer geworden und belasten Kleinbauernfamilien und Kooperativen, die den Fairen Handel beliefern.

  • E&W: Wie hilft ihnen der Faire Handel in dieser Krise?

Fiedler: Der Faire Handel ist ein zutiefst solidarischer Handel – und das ist mit ein Grund, warum die Produzentinnen und Produzenten des Fairen Handels in der aktuellen Krise besser gewappnet und resilienter sind als jene für den konventionellen Handel. Im Fairen Handel gibt es zudem keinen Verteuerungsautomatismus. Die Mitglieder, die deutschen Fair-Handelsimporteure, müssten manches Produkt eigentlich für einen höheren Preis anbieten, machen das aber nicht, weil die Leute es sonst nicht mehr kaufen würden. Weil sie dennoch einen höheren Einkaufspreis zahlen, schultern Importeure wie Gepa, Weltpartner & Co. selbst einen Teil der erhöhten Produktionskosten, die ihre Handelspartnerinnen und -partner im Globalen Süden haben.

  • E&W: Der Faire Handel zahlt den Erzeugern auch eine faire Prämie – wie hilft diese in der Krise?

Fiedler: Aktuell können die Kooperativen mit der Fair-Trade-Prämie auch Lebensmittelpakete oder Saatgut kaufen. Oder zum Schutz gegen Dürren in ein besseres Wassermanagement investieren. Diese Prämie macht etwa bei Kaffee pro britischem Pfund (454 Gramm) 20 US-Cent des Verkaufspreises aus, der aktuell für bio-faire Bohnen bei etwa 2,60 US-Dollar liegt. Die Prämie sowie die im Fairen Handel üblichen langfristigen, planungssichernden Handelskontakte und Vorfinanzierungen von Ernten bilden ein Netz, das die fairen Erzeugerinnen und Erzeuger in der Krise auffängt.

  • E&W: Im Fairen Handel gibt es einen Mindestpreis für die Ernten – als Absicherung gegen den Verfall, wenn der Weltmarktpreis sinkt. Reicht den Familien dieser Mindestpreis?

Fiedler: Sicher nicht. Im Zuge der Diskussion über existenzsichernde Einkommen muss man auch über den Mindestpreis sprechen.

  • E&W: Auch, um Kinderarbeit zu verhindern?

Fiedler: Ja. Wenn man keine fairen Preise zahlt, ist es unausweichlich, dass Erntehelfer nicht richtig entlohnt und Kinder auf die Felder geschickt werden. 

Matthias Fiedler, Geschäftsführer des Forum Fairer Handel. Mitglieder des Forums sind Organisationen und Importeure, die im Fairen Handel arbeiten. (Foto: Forum Fairer Handel/J. Lorenz)