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Unisex-Toiletten an Schulen

„Ein Weg, Normalität zu erreichen“

Bisher machten Schultoiletten wegen ihres desolaten Zustands Schlagzeilen. Nun hat eine neue Unisex-Toilette in Ulm Aufmerksamkeit erregt. Was es dabei zu beachten gilt.

Im Hinblick auf alle Toiletten und Umkleideräume müssen Lernende Zugang zu den Einrichtungen haben, die ihrer Geschlechtsidentität entsprechen.(Foto: Pixabay / CC0)

An der Sägefeldschule in Ulm gibt es jetzt eine Unisex-Toilette: Mädchen und Jungen der Grund- und Werkrealschule in Baden-Württemberg nutzen seit Frühjahr 2022 ein gemeinsames WC, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) jüngst berichtete. Das funktioniere außerordentlich gut, sagt Schulleiterin Cornelia Euchner. An den meisten Schulen in Deutschland sind Unisex-Toiletten zwar noch kein Thema, es gibt aber etwas Bewegung beim Thema. „Unisex-Toiletten sind ein Weg, Normalität zu erreichen“, sagt GEW-Vorstandsmitglied Frauke Gützkow. Die GEW setzt sich aber nicht grundsätzlich für Unisex-WCs ein, sondern plädiert für Einzelanlagen ohne Ausweisung des Geschlechts.

„Bei der Bezeichnung dieser Toiletten ist Sensibilität gefragt, aber da vertraue ich auf Lernende und Unterrichtende, sie bekommen das gemeinsam sensibel und diskriminierungsfrei hin.“ (Frauke Gützkow)

„Es ist gut, dass das Thema Schultoiletten immer wieder auf die Tagesordnung gestellt wird. Es geht doch darum, dass kein großes Drama um die Geschlechtsidentität gemacht wird“, sagt Gützkow, die bei der GEW den Arbeitsbereich Frauen-, Gleichstellungs-, Geschlechterpolitik leitet, weiter. Es sollte aber auch in jeder Schule möglich sein, Einzelanlagen dafür freizugeben –  ohne Ausweisung des Geschlechts. „In Zügen und Flugzeugen klappt es ja auch mit der getrennten Nutzung nacheinander. Bei der Bezeichnung dieser Toiletten ist Sensibilität gefragt, aber da vertraue ich auf Lernende und Unterrichtende, sie bekommen das gemeinsam sensibel und diskriminierungsfrei hin.“

Antworten auf Praxisfragen

Auf ihrer Homepage gibt die Bildungsgewerkschaft unter der Rubrik Gender & Diversity – Praxisfragen weiterführende Informationen. Generell gilt: Im Hinblick auf alle Toiletten und Umkleideräume müssen Lernende Zugang zu den Einrichtungen haben, die ihrer Geschlechtsidentität entsprechen. Bildungseinrichtungen müssen (gesetzlich vorgeschrieben) Toiletten und Umkleideräume für weibliche und männliche Lernende bereithalten, die getrennt benutzt werden können. Den Schüler*innen sollte es aber grundsätzlich freistehen, die Einrichtungen auf der Grundlage ihrer Geschlechtsidentität zu wählen.

Sinnvolle Lösung bei Neubau

Anlass für die Unisex-Toilette in Ulm war dem dpa-Bericht zufolge der „desolate Zustand“ des bisherigen Schulklos. Dieses wurde ständig beschädigt und war auch für Fremde zugänglich. Für einen Neubau kam der Vorschlag für eine „Toilette für alle“ auf. Erst habe es Bedenken bei Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern gegeben, doch dann hätten sich alle schnell daran gewöhnt, sagt Euchner. Die neue Toilette hat nur noch Kabinen. Außerhalb der Pausen kommen die Schülerinnen und Schüler nur mit einem digitalen Chip herein. Der Vorsitzende des Landeselternbeirats in Baden-Württemberg, Michael Mittelstaedt, hält Unisex-Toiletten an Schulen für einen „pragmatischen Ansatz“: Bei einem anstehenden Neubau seien sie eine sinnvolle und wirtschaftliche Lösung.

Weit verbreitet sind die geschlechtsneutralen Toiletten an deutschen Schulen laut dpa-Umfrage bislang aber nicht. Am Goethe-Gymnasium in Freiburg gebe es seit Jahresanfang eine Unisex-Toilette, teilte eine Sprecherin der Stadt mit. In Tübingen liege der Stadt ein Antrag vor, sie an allen weiterführenden Schulen einzurichten. Auch Berlin habe schon Erfahrungen mit Unisex-Toiletten gemacht.

In Nordrhein-Westfalen werden Forderungen nach Unisex-Toiletten lauter. Aktuell gebe es noch eher wenige in NRW, aber der Wunsch von Seiten der Schüler und Schülerinnen nehme immer weiter zu, sagte Laura Körner, Vorstand LandesschülerInnenvertretung. Kein Thema sind die geschlechtsneutralen Klos bislang etwa in Sachsen, wie das Landesamt für Schule und Bildung mitteilte. Auch in Bayern sieht der Bayerische Elternverband bei der breiten Mehrheit kein Interesse an dem Thema und vermutet auch nur eine geringe Verbreitung.