Ein kalter, grauer Tag im Februar, ganz im Westen von Deutschland. Am Rande der Straße zwischen dem Eifelstädtchen Wittlich und dem Moselort Alf liegt im Wittlicher Stadtteil Neuerburg die Kindertagesstätte, die Schaaf-Peitz leitet. Mit einer Kollegin sitzt sie an einem kleinen runden Tisch, vor ihnen schaut ein Mädchen gerade in ein Buch über Dinosaurier. Die Erzieherinnen besprechen organisatorische Details. Beide nehmen sich aber auch Zeit, als das Mädchen etwas aus dem Dinosaurier-Buch erzählen will. Die Kita Neuerburg ist sehr offen angelegt. Es gibt keine festgelegten Gruppen, sondern die Kinder können selbst entscheiden, womit sie ihre Zeit verbringen wollen. Dafür haben sie zahlreiche Räume zur Verfügung, die unterschiedliche Schwerpunkte haben. Ein Zimmer dient zum Basteln, eins ist mit allerhand Verkleidungsmaterial ausgestattet, ein anderes ist zum Ausruhen da. Im Flur finden sich viele Sitzgelegenheiten, ein kleiner künstlicher Wald und Gelegenheiten zum Klettern.
Außerdem steht dort eine Voliere mit mehreren Wellensittichen. Daneben liegt eine dicke Mappe mit Bildern von Walter; er ist einer der Wellensittiche, geschlüpft in der Kita. Allerdings hatte der kleine Sittich ein Problem: Einer seiner Füße ist verkrüppelt. Schaaf-Peitz erzählt, dass ihr schnell gesagt wurde: „Gebt ihn dem Fuchs – oder dreht ihm den Hals um.“ Das wollte die Erzieherin aber nicht, kilometerweit fuhr sie mit Walter und sorgte dafür, dass er Physiotherapie bekommt. Die Voliere wurde mit dicken Stäben ausgestattet, auf denen der Vogel sich bewegen konnte. Heute braucht Walter solche Stäbe nicht mehr, er fällt unter den Vögeln nicht auf. Die Frage, ob die Kita ein Budget für die Vögel und ihre Versorgung hat, findet Schaaf-Peitz lächerlich. „Wenn man anfängt, so zu denken, dann ist die Idee gestorben.“ Man müsse Eigeninitiative entwickeln. Heute sei das Konzept der „tiergestützten Pädagogik“ fest in der Kita verankert. Aber den Anfang müsse man selbst machen. „Wir sind ja auch für die pädagogischen Konzepte verantwortlich“, sagt die Kita-Leiterin. Die Geschichte vom kleinen Sittich erzählt viel über Schaaf-Peitz. Selber machen, Dinge anpacken und sie offensiv vertreten. Dafür steht die Frau, nicht nur, wenn es um Vögel geht, sondern auch wenn es um Pädagogik oder die Wertigkeit des Erzieherberufs geht.
Mehr als 20 Jahre GEW
1995 hat sich Schaaf-Peitz der GEW angeschlossen. Sie erzählt, dass sie sich vorher mit mehreren Organisationen befasst, aber ihr nichts so richtig gefallen habe. Dann entdeckte sie auf ihrem Schreibtisch einen mit der Schreibmaschine geschriebenen Brief vom GEW-Kreisverband Bernkastel-Wittlich. Die Gewerkschaft lud zu einem Treffen für Erzieherinnen und Erzieher ein. Schaaf-Peitz hatte zwar Bedenken, zur „Lehrergewerkschaft“ zu gehen, fuhr dann aber doch zu dem Treffen. Daran kann sich auch Alexander Koltermann noch gut erinnern. Der pensionierte Berufsschullehrer war damals Kreisvorsitzender der GEW. Im Gespräch erzählt er, es sei ein „lebendiger Abend“ gewesen und dass Schaaf-Peitz ihm direkt als „engagierte Diskutantin“ aufgefallen sei. Noch am selben Abend sei sie mit elf weiteren Erzieherinnen in die GEW eingetreten. Seither, fügt Koltermann hinzu, vertrete die heute 62-Jährige „ihre Sache mit vollem Herzen“: Sie könne Menschen begeistern, sei eine „begnadete Rednerin“, die immer den richtigen Ton treffe. Dabei sei egal, ob es um pädagogische Konzepte oder die Ziele bei Tarifverhandlungen gehe. Mit seinem Urteil ist Koltermann nicht allein. Egal, wen man fragt, alle sind voll des Lobes für Schaaf-Peitz. Eine Mitarbeiterin der Kita betont, wie viel Selbstbewusstsein für den Erzieherberuf die Leiterin vermittle.
Schaaf-Peitz hat es weit gebracht. Für die GEW sitzt sie seit 2016 in der Großen Tarifkommission. In diesem Frühjahr stehen für sie wieder viele Verhandlungstage in Berlin an. Das ist ein wichtiger Teil ihrer Arbeit. Fast noch wichtiger ist ihr aber, gute pädagogische Arbeit zu leisten. „Aus der Praxis und für die Praxis“ streitet sie, die aus einem Dörfchen in der Eifel kommt und wohl nicht gedacht hätte, diesen Weg zu gehen.