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Fachkräfte-Radar für Kita und Grundschule

„Ein Gesetz macht noch keinen Ganztag“

Jedes Grundschulkind hat bis 2030 einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung. Doch einer Studie zufolge könnten mehr als 100.000 pädagogische Fachkräfte fehlen. Die GEW fordert massive Investitionen in Fachkräfte, Qualität und Ausbau.

In Deutschland fehlen Zehntausende Erzieherinnen, Erzieher, Sozialpädagoginnen und -pädagogen, um bis Ende des Jahrzehnts allen Grundschulkindern den gesetzlich garantierten Ganztagsplatz sicher anbieten zu können. Das geht aus dem am Dienstag veröffentlichten „Fachkräfte-Radar für Kita und Grundschule“ der Bertelsmann Stiftung hervor. Die GEW sieht sich darin bestätigt, dass der ab 2026 geltende Rechtsanspruch auf Ganztag in der Grundschule ein gesellschaftspolitischer Kraftakt werden wird. „Die Zahlen der Bertelsmann-Studie zeigen deutlich, dass unser frühkindliches Bildungssystem vor dem Kollaps steht und wir jetzt unbedingt handeln müssen“, sagte Doreen Siebernik, GEW-Vorstandsmitglied für Jugendhilfe und Sozialarbeit, am Montag in Frankfurt a.M.

„Die Kolleginnen und Kollegen (..) sind nach den kräftezehrenden Herausforderungen der letzten Jahre am Limit!“ (Doreen Siebernick)

Einen hochwertigen Ganztag in der Grundschule könne es nicht ohne massive Investitionen in Fachkräfte, Qualität und Ausbau geben, so Siebernik. „Die Kolleginnen und Kollegen in den Kitas und Schulen leisten täglich trotz enormer Belastungen einen wichtigen Beitrag für eine demokratische und offene Gesellschaft, aber sie sind nach den kräftezehrenden Herausforderungen der letzten Jahre am Limit!“

Personalnot spitzt sich zu

Es fehle überall Personal und Nachwuchs, das bestätige die heute vorgelegte Prognose, so die GEW-Kita-Expertin. „Durch das fehlende Personal entsteht ein zweites Problem. Die Arbeitsbelastung ist vielfach zu hoch. Dieser Zustand ist nicht mehr akzeptabel und wird sich mit Blick auf die demographische Entwicklung und den Berechnungen zu Bedarfen und Personalressourcen, insbesondere im Westen der Republik, in den nächsten zehn Jahren dramatisch zuspitzen“, so Siebernik.

„Die Arbeitsbedingungen müssen zügig verbessert werden, um die Arbeitsfelder Kita und Schule wieder attraktiv zu machen.“ (Anja Bensinger-Stolze)

„Wir brauchen jetzt eine langfristig angelegte Fachkräfteoffensive vom Bund und den Ländern“, ergänzte Anja Bensinger-Stolze, GEW-Vorstandsmitglied für den Organisationsbereich Schule. Sie wies auf blinde Flecken in der Prognose hin: „Es ist unglaublich, dass wir bundesweit keinen empirischen Überblick haben, welche Berufsgruppen überhaupt derzeit im Ganztag beschäftigt und inwieweit diese prekär beschäftigt sind.“

Um der Entwicklung zum schulischen Ganztag an Grundschulen und dem Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung gerecht zu werden, müsse der Bund jetzt die qualitativen Rahmenbedingungen setzen und im Zuge dessen eine qualitative Datengrundlage schaffen. „Das Problem lässt sich nicht aussitzen. Die Arbeitsbedingungen müssen zügig verbessert werden, um die Arbeitsfelder Kita und Schule wieder attraktiv zu machen. Des Weiteren braucht es besonders im Westen der Republik einen koordinierten und bedarfsgerechten Ausbau der Plätze“, kritisierte Bensinger-Stolze abschließend.