Rund 2500 Delegierte waren vom 12. -15. Januar 2017 in die brasilianische Hauptstaddt gekommen, um über die Zukunft des Bildungswesens, aber vor allem über die politische Situation nach dem Putsch gegen die gewählte Präsidentin Dilma Roussef im letzten Sommer zu diskutieren und Kampfmaßnahmen gegen die Entdemokratisierung Brasiliens zu beschließen.
Empörung über kalten Staatsstreich
Der Saal tobte als der Gastredner des Kongresses, der frühere Präsident Luís Inácio Lula da Silva sich mühsam einen Weg durch die ihn umdrängende Menge bahnte. Alle wollte den 'sempre presidente' (Präsident für immer) berühren oder wenigstens ein Selfie erheischen. Lula hob in seiner leidenschaftlichen Rede die Errungenschaften im Bildungsbereich, die Teilhabe der armen, besonders der schwarzen Bevölkerung, am Leben in einem demokratischen Staat unter seiner Regierung hervor. Durch den Staatsstreich gegen seine Nachfolgerin und Parteigenossin Dilma Roussef wurde der demokratische Staat beerdigt, den nur die Rückkehr zu einer vom Volk legitimierten Regierung der PT (Partido dos Trabalhadores/ Arbeiterpartei) wiederherstellen kann.
Lula bleibt Hoffnungsträger
Fast nebenbei erklärte Lula, dass Brasilien nur unter seiner Führung nach den nächsten Wahlen 2018 wieder zur Demokratie zurückkehren könne. Seine Rede wurde ständig von Rufen: "Lula volte" (Lula komm zurück), "Lula te amamos" (wir lieben dich) und dem alle Veranstaltungen begleitenden Ruf "fora Temer" (Präsident Temer raus) begleitet. In dem Land, in dem Politiker und Industrielle in schwere Korruptionsskandale verwickelt sind, gilt der charismatische Lula immer noch als Hoffnungsträger weiter Teile der armen Bevölkerung, Intellektueller und der Gewerkschaften.
Widerstand gegen Privatisierungen und Sparmaßnahmen im Bildungswesen
Die Delegierten stimmten für Veränderungen und Maßnahmen. So wird sich ab dem jetzigen Mandat die Amtszeit des Vorstands, nach der der Bildungsinternationale und der CUT (dem Gewerkschaftsdachverband Brasiliens) richten und von drei auf vier Jahre erhöht. Prioriät sollen in diesen vier Jahren vor allem 4 Bereiche haben:
der Kampf gegen
- Privatisierung, für eine demokratische staatliche Schule mit gut ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern
- die Reform des Sekundarschulwesens, die die Streichung von Fächern, "die für den Beruf unwichtig" sind, vorsieht. Hierunter sollen Philosophie, Soziologie, Geschichte, Geographie und die Künste fallen. Unterstützt wird dieser Kampf auch von Schülerinnen und Schülern, leidenschaftlich vorgetragen von der 16jährigen Ana Paula, die die Schülerbewegung im Bundesstaat Paraná anführt.
- die geplante Obergrenze (= Kürzung) des Bildungs- und Gesundheitsbudgets
- die Erhöhung des Rentenalters von derzeit 50 Jahren
Neuer Vorstand gewählt
Eine große Aufgabe muss das neugewählte Präsidium umsetzen: die Delegierten stimmten für einen Generalstreik im Schulwesen im ganzen Land ab dem 15. März. Nach dem Rotationsprinzip im Vorstand kann eine Person maximal 3 Amtszeiten ein Ressort leiten. So löste Heleno Araújo Filho den langjährigen Präsidenten Roberto Franklin Leão ab. Letzterer übernimmt das Ressort Internationale Beziehungen und bleibt in der BI (Bildungsinternationalen) als Vizepräsident für Lateinamerika, Fátima da Silva wechselt von diesem Ressort und wird Generalsekretärin der CNTE, bleibt aber mit 20% ihrer Arbeitszeit im Ressort Internationales. Die GEW verbindet mit Leão und Fatima eine langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Gäste aus 18 Ländern
Dem Bereich Internationales hatte die CNTE dieses Jahr eineinhalb Tage gewidmet, in denen Repräsentanten von Bildungsgewerkschaften aus 18 Ländern von den besonderen Herausforderungen für Gewerkschaften und Bildungswesen in ihren Heimatländern aus Lateinamerika, Afrika, Europa und Japan berichteten und diskutierten. Die besondere Situation in Deutschland durch die Anzahl der geflüchteten Kinder und Jugendlichen wurde nicht nur im Internationalen Seminar, sondern auch bei der Vorstellung im Plenum sehr aufmerksam aufgenommen und diskutiert. Die Rolle der GEW als Anwältin zum einen der Kinder, die ein uneingeschränktes Recht auf gute Bildung haben, zum anderen der pädagogischen und psychologischen Fachkräfte wurde in Einzelgesprächen intensiv nachgefragt. Hier wurde deutlich, wie wenig die Problematik des Schulbesuches der Flüchtlingskinder als Teil der humanitären Aufgabe wahrgenommen wird. In einem Dank für den deutschen Beitrag, mahnte Roberto Franklin Leão hier auch besonders die internationale Solidarität an und hob die Bedeutung der Bildungsinternationale hervor.