30. Gewerkschaftstag der GEW
Drei Voten zu Kinderrechten und Inklusion
Kinderrechte im Grundgesetz, inklusive Berufsbildung, mehr Jobs für Menschen mit Einschränkungen: Die Delegierten auf dem Gewerkschaftstag in Berlin forderten Gesetzgeber und Bildungseinrichtungen auf, etwas umzusetzen, was längst Recht ist.
Kinderrechte müssen endlich ins Grundgesetz – dafür haben sich die Delegierten des 30. Gewerkschaftstages in Berlin ausgesprochen. In der Verfassung verankert, müsste der Staat das Kindeswohl bei allen Entscheidungen, die Kinder betreffen, als „vorrangigen“ Gesichtspunkt berücksichtigen. Das verlangt auch die 1990 in Kraft getretene UN-Kinderrechtskonvention, die Deutschland bereits 1992 ratifiziert hat.
Kinderrechte kein „nice to have“
Bisherige Entwürfe, etwa der geplatzten Ampelkoalition, sahen zwar vor, das Wohl des Kindes bei allem staatlichen Handeln, das es unmittelbar in seinen Rechten betrifft, angemessen zu berücksichtigen. Doch das reiche nicht aus, so der GEW-Beschluss.
„Kinderrechte im Grundgesetz sind kein „nice to have, sondern ein Menschenrecht“, sagte eine Delegierte in der Debatte vor der Abstimmung über den Antrag. Ein Delegierter betonte, dass erst eine Verankerung in der Verfassung der Bundesrepublik eine staatliche Verantwortung für Kinderrechte garantiere. Ein weiteres GEW-Mitglied mahnte: „Kinder haben keine Anwält*innen in der Gesellschaft; diese Aufgabe müssen wir als Gewerkschaft übernehmen.“
Einer Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz müssten mindestens zwei Drittel der Bundestagsabgeordneten zustimmen. Der Koalitionsvertrag der neu gewählten Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD sieht die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz nicht vor.
Berufliche Bildung soll inklusiver werden
Die Delegierten haben nicht nur für Kinderrechte im Grundgesetz, sondern auch für eine inklusivere berufliche Bildung votiert. „Das ist eine ideale Ergänzung“, so die Antragstellerin. „Denn aus Kindern werden Erwachsene, die in Ausbildung gehen.“ Leider blieben vielen jungen Menschen etwa wegen ihrer Behinderung, Herkunft oder Sprachbarrieren Abschlüsse verschlossen, kritisierte sie. Viele würden in Berufe abgeschoben, von deren Löhne sie nicht leben können. „Ihnen Lebensvoraussetzungen mitzugeben – diesem Ziel werden wir in vielen Berufsschulen noch nicht voll gerecht“, so die Delegierte. Dies auch, weil es an Personal fehle.
Deutschland hat 2009 die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) unterzeichnet. Die Delegierten forderten berufliche Bildungseinrichtungen und Ausbildende auf, das Menschenrecht auf inklusive berufliche Bildung in Deutschland endlich umzusetzen. Konkret votierten sie für eine umlagefinanzierte Ausbildungsplatzgarantie für alle, öffentlich geförderte Ausbildungsplätze, ein einklagbares Recht auf Ausbildung und die Einrichtung von unabhängigen Beschwerde- und Ombudsstellen. Fördermaßnahmen müssten individualisiert, Ausbildungszeiten und Prüfungsformate angepasst, Räume und Lernmaterialien barrierefrei gestaltet, Ausbildende und Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen noch besser für eine inklusive Bildung vorbereitet werden.
„Wir müssen etwas für die Jugendlichen tun, die nicht den gesamten Weg schaffen.“
Wichtig sei auch, dass im Falle eines Abbruchs der Ausbildung oder einer vorzeitigen Auflösung des Vertrags die bis dato erreichten Qualifikationen anerkannt werden, „damit der oder die Auszubildende nicht wieder bei null anfangen muss“, mahnte ein Delegierter: „Wir müssen etwas für die Jugendlichen tun, die nicht den gesamten Weg schaffen.“ Dann, so ein weiterer Delegierter, „können sie auch später die restlichen Qualifikationen ergänzen und einen Abschluss machen.“
Derzeit wird jede dritte Ausbildung nicht beendet. Die Zahl junger Erwachsener ohne Berufsabschluss – weder durch ein Studium noch durch eine Berufsausbildung – ist zuletzt auf fast 2,9 Millionen gestiegen.
Mehr barrierefreie Jobs im öffentlichen Dienst
Menschen mit Schwerbehinderung oder chronisch Erkrankte haben gegenüber ihrem Arbeitgeber besondere Rechte – kennen diese aber oft nicht und fordern sie daher auch häufig nicht ein. Das will die GEW ändern und sich dafür einsetzen, Betroffene besser auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren. Ihr Anteil im öffentlichen Dienst müsse steigen, so der von den Delegierten verabschiedete Beschluss.
Die GEW will betroffene Mitglieder dabei unterstützen, einen barrierefreien Arbeitsplatz durchzusetzen sowie sie über ihr Recht auf Arbeit, gleichen Lohn und freie Berufswahl zu informieren und zu beraten. Die Landesverbände sollen von den Landesregierungen Zahlen einholen, wie viele Menschen mit Schwerbehinderung oder chronischer Krankheit sie in Bildungseinrichtungen beschäftigen.
Es sei wichtig, Berufstätige mit Einschränkungen sichtbarer zu machen: „Sie können Vorbilder für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit und ohne Einschränkungen sein“, so die Antragsstellenden.