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Portugal: Lehrerproteste gegen Rentenkürzungen

Dienstjahre verhandelt man nicht

Die Lehrerinnen und Lehrer in Portugal wehren sich gegen geplante Eingriffe in ihre Altersrenten. Zehntausende Menschen sind Ende März dem Aufruf ihrer Gewerkschaften zu einer Protestkundgebung nach Lissabon gefolgt.

Erfolglose Verhandlungen

Alle hatten sich geirrt. Weder die aufrufenden zehn Lehrergewerkschaften noch die Medien hatten mit so vielen wütenden, streikbereiten demonstrierenden Lehrerinnen und Lehrern gerechnet. Am 23. März kamen 80.000 von ihnen aus ganz Portugal nach Lissabon, um gegen die  geplanten Kürzungen der Renten zu protestieren. Über ein Jahr hatten die Gewerkschaften mit der Regierung verhandelt  -  ohne Erfolg. Nicht nur, dass die Lehrer*innen besonders hart von den Lohnkürzungen und vom Einfrieren der Gehälter durch die Austeritätspolitik der letzten zehn Jahre getroffen waren.

Dienstjahre sollen nicht voll für die Rente zählen

Seit 9 Jahren, 4 Monaten und 2 Tagen gab es auch keine Höhergruppierungen in der Gehaltsstufe mehr, wie die Gewerkschaften ausgerechnet hatten.  So verdient eine portugiesische Lehrerin mit 19 Dienstjahren nur 1.200 € im Monat. Diese Opfer genügen der Regierung unter dem sozialdemokratischen  Premierminister António Costa nicht.  Sogar die der Rente zugrundeliegenden Dienstjahre sollen nicht voll angerechnet werden.  Der Gesetzentwurf sieht vor,  von dieser Arbeitszeit  nur 2 Jahre, 9 Monate und 18 Tage für die Rente anzurechnen.

Raub der Lebensarbeitszeit

Mário Nogueira, Generalsekretär der größten portugiesischen Lehrergewerkschaft FENPROF, forderte die Abgeordneten der Nationalversammlung in seiner Rede vor den Demonstranten auf der Praca do Comércio auf, diese Ungerechtigkeit zu beseitigen. Sollten die Parlamentarier*innen den „Raub der Lebensarbeitszeit“ nicht zurücknehmen, kündigte er an, dass die Gewerkschaften zu einem landesweiten Streik  ab dem 6. Juni direkt vor den  Abschlussprüfungen zum Ende des Schuljahres aufrufen werden. Eine weitere Großdemonstration ist vor den Parlamentswahlen am 5. Oktober, dem World Teachers Day geplant.

Hoffnung auf das Parlament

Viele setzen ihre Hoffnung auf die gewählten Volksvertreter. „Dienstjahre verhandelt man nicht. Dienstjahre zählt man. Die Regierung respektiert uns nicht, aber die Parlamentarier*innen müssen uns respektieren“ sagte eine Lehrerin auf der Praca do Comércio. Die Forderungen der Lehrkräfte werden von vielen Abgeordneten aus einem weiten Parteienspektrum von den Verdes (Grünen) über die Partido Socialista(Sozialdemokraten) bis zur PCP (Kommunisten) unterstützt. Sie wollen einem Staatshaushalt nur zustimmen, wenn dieser die Rechte der Lehrer*innen und Lehrer und ihre Altersversorgung sicherstellt. Inakzeptabel ist weiterhin die Ungleichbehandlung der einzelnen Regionen Portugals. So wird auf den Azoren und auf Madeira die volle, ungekürzte Dienstzeit auf die Rente angerechnet.