Teile des öffentlichen Schulwesens überlasse der Staat bereits heute den Privaten, sagte Holland-Letz, Autor der „Privatisierungsreporte“ der GEW, in dem Interview weiter. Private Unternehmen kümmerten sich um Lehrerfortbildung, lockten mit kostenlosen Unterrichtsmaterialien mit versteckten Werbebotschaften und verkauften Nachhilfekurse. Auch private, unternehmensnahe Stiftungen übten großen Einfluss in der Debatte um die Weiterentwicklung öffentlicher Schulen aus. "Schulen werden Zug um Zug nach dem Vorbild privater Unternehmen umgebaut. Mit einer mächtigen Schulleitung an der Spitze, mit eigenem Budget, mit vermeintlicher Autonomie und Selbstverantwortung.“
Mit Blick auf TTIP erklärte Holland-Letz, der in den EU-Ländern geltende Subventionsvorbehalt müsse bestehen bleiben. Dadurch hätten die Mitgliedstaaten das Recht, ihr jeweiliges Schulsystem, einschließlich der Privatschulen, zu subventionieren und jenseits der Zwänge des Marktes zu organisieren. Gleichzeitig dürften sie diese Subventionen nichteuropäischen Bildungsanbietern verweigern. Wenn ein US-Konzern hierzulande eine Privatschulkette starte, müsse er also auf steuerliche Förderung verzichten. "Das schützt die bestehenden Einrichtungen", betonte der Experte.
10. Oktober TTIP-Demo in Berlin
Ihm zufolge ist die Zahl der Privatschulen in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. Derzeit gebe es 3.500 allgemeinbildende Schulen in privater Trägerschaft, das seien 60 Prozent mehr als noch 1998. Privatschulen seien jedoch nicht besser. "Dass Privatschulen bei Leistungsvergleichen oftmals einen besseren Eindruck machen, liegt lediglich daran, dass Kinder aus den sogenannten bildungsfernen Elternhäusern hier weniger stark vertreten sind als an öffentlichen Schulen", sagte Holland-Letz.
Der DGB, die GEW und alle anderen Mitgliedsgewerkschaften demonstrieren am 10. Oktober 2015 in Berlin unter dem Motto „TTIP & CETA stoppen! Für einen gerechten Welthandel!“. Das Bündnis der Freihandelskritiker will deutlich machen, dass gesellschaftliche Errungenschaften wie Umweltschutz, Verbraucherschutz und ArbeitnehmerInnenrechte unverhandelbar seien. Die öffentliche Daseinsvorsorge einschließlich eines kostenfreien Angebots guter Bildung für alle und kulturelle Vielfalt seien Errungenschaften, die es zu schützen und auszubauen gelte.