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Die Erwartungen sind hoch

Die Erwartungen von Wissenschaft und Bildung an die neue Regierungskoalition sind hoch: Im Vordergrund stehen die Abschaffung des Kooperationsverbotes und mehr Geld für überfällige Reformen in Hochschulen wie Schulen. Zugetraut wird dies am ehesten einer großen Koalition. Von Karl-Heinz Reith, dpa.

Erneut werden die Hochschulen in den nächsten Tagen ihre Tore für rund eine halbe Million Erstsemester öffnen. Das ist ein weiterer Studienanfängerrekord - nunmehr im dritten Jahr in Folge. Mit über 2,5 Millionen eingeschriebenen Studenten bleibt die Lage an den total überfüllten Universitäten und Fachhochschulen auf Jahre absehbar angespannt. Trotz Schuldenbremse sind Bund und Länder gefordert, ihre befristeten und bald auslaufenden milliardenschweren Hilfsprogramme für Forschung und Hochschulen neu zu justieren. Aber auch für den Ausbau der Ganztagsschule - den laut Umfragen über 70 Prozent der Eltern fordern - wird mehr Geld gebraucht.

Spricht man in diesen Tagen mit Wissenschaftsorganisationen, Elternverbänden oder Bildungsgewerkschaften, dann ist die Botschaft einmütig. Fast alle hoffen jetzt nach der Bundestagswahl auf eine Grundgesetzänderung zur Abschaffung - oder zumindest Lockerung - des umstrittenen Kooperationsverbotes in der Bildung. Es untersagt dem Bund die dauerhafte Mitfinanzierung von Schul- und Hochschulreformen in den Ländern. Nahezu einhellig wird das Kooperationsverbot heute als großer Fehler der Föderalismusreform von 2006 gesehen. Die Länder haben sich damals bei der Vorstellung, allein sie könnten das deutsche Bildungssystem zukunftsfest machen, schlicht übernommen.

 

Eine große Koalition hätte es leichter, das Grundgesetz zu ändern

Doch für eine erneute Verfassungsänderung ist im Bundestag und Bundesrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Eine große Koalition von Union und SPD hätte es leichter, das Grundgesetz zu ändern, heißt es immer wieder. Manche träumen gar von einer All-Parteienkoalition für Bildung und Forschung, um die rot-grüne Ländermehrheit im Bundesrat gleich von Anfang an einzubeziehen.

Berlins ehemaliger Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) hat in einem Positionspapier für die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW) einen neuen Bildungsgipfel der Regierungschefs von Bund und Ländern für das Frühjahr vorgeschlagen. Zöllner warnt davor, bei den Bemühungen um eine bessere Hochschulausstattung allein auf eine nur im allseitigen Konsens zu erzielende Grundgesetzänderung zu setzen. Auch «unterschwellige» Absprachen zwischen Bund und Ländern zu Gunsten der Wissenschaft seien denkbar.

Gleichwohl wird in Wissenschaft wie Bildungsorganisationen der Ruf nach einem Gesamtpaket immer lauter. Es geht um eine Verfassungsänderung, eine neue Konzeption für die bisherigen Hilfsprogramme für Hochschulen und Forschung sowie die Fortführung der in diesem Jahre auslaufenden Hochschulbauförderung. Auch eine grundlegende Bafög-Reform, die jetzt schon im zweiten Jahr aussteht, ist Thema. Zudem sollte der Bund die Möglichkeit erhalten, sich auch dauerhaft an der Grundfinanzierung der Hochschulen zu beteiligen.

Insgesamt geht es um viele Milliarden Euro. Der Bund-Länder-Pakt für Forschung und Innovation läuft 2015 aus. Er sicherte den Forschungsorganisationen in den vergangen Jahren Etaterhöhungen von jährlich fünf Prozent. Die Exzellenzinitiative für die Universitäten endet 2017. Volumen: 4,6 Milliarden Euro. Für die Hochschulbauförderung investierte der Bund allein in den Jahren 2009 bis 2013 etwa 3,5 Milliarden. Der Hochschulpakt zur Schaffung zusätzlicher Studienplätze - Umfang etwa sieben Milliarden Euro zusätzlich - ist bis 2020 begrenzt.

Auch die CDU hat Bundeshilfe für Schulen in Aussicht gestellt

Aber auch die Schulpolitik hat Wünsche an die neue Koalition. Die SPD hatte in ihrem Wahlprogramm ein Acht-Milliarden-Programm des Bundes zum weiteren Ausbau der Ganztagsschulen zugesagt. Aber auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und andere CDU-Spitzenpolitiker haben im Wahlkampf Bundeshilfe für mehr Ganztagsschulen in Aussicht gestellt - ohne bislang auf die Finanzierung konkret einzugehen.

Knapp 31 Prozent der Schüler können heute Ganztagsangebote nutzen.
Der Bedarf der Eltern ist nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung aber weit mehr als doppelt so groß. Ein flächendeckender Ausbau der Ganztagsschule in Deutschland würde nach Schätzungen etwa 9,4 Milliarden Euro kosten.