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fair childhood - Bildung statt Kinderarbeit

„Die ersten Fußbälle ohne Kinderarbeit“

Kinderarbeit sei im Fairen Handel nicht immer ein Thema gewesen, sagt Brigitte Frommeyer, Pressereferentin der Gepa. Das Unternehmen ist Europas größter und Deutschlands ältester Importeur fair gehandelter Produkte.

Brigitte Frommeyer ist Pressereferentin bei Gepa – The Fair Trade Company (Foto: GEPA/C. Schreer)
  • E&W: Frau Frommeyer, vor 50 Jahren, am 14. Mai 1975, haben die beiden Kirchen und die Weltläden das Handels-unternehmen Gepa gegründet, kurz davor kam der erste faire Kaffee nach Deutschland. War Kinderarbeit damals schon ein Thema?

Brigitte Frommeyer: Ja, aber es wurde eher allgemein behandelt. Im Fokus standen die benachteiligten Kleinbauernfamilien in Afrika, Lateinamerika und Asien sowie faire Erzeugerpreise für diese. Auch die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) hat erst 1999 mit der Kernarbeitsnorm 182 der ausbeuterischen Kinderarbeit explizit den Kampf angesagt. Dass Ausbeutung ein No-Go ist, dass Bildung und Stärkung benachteiligter Produzentinnen und Produzenten unser Ziel ist, haben wir schon 1977 festgelegt – und Ende der 1990er-Jahre mit der Kampagne „Fair play – fair pay“ auf Kinderarbeit in der Fußballproduktion aufmerksam gemacht. Damals kamen die meisten Bälle aus Pakistan, sie wurden dort in Handarbeit genäht, auch von Kindern. Wir brachten die ersten fairen Fußbälle ohne Kinderarbeit auf den Markt. Seit 2023 werden Bälle per Maschine genäht.

  • E&W: Bei welchem Produkt ist Kinderarbeit heute noch ein großes Problem?

Frommeyer: Bei Kakao. Zwar haben die schlimmsten Formen von Kinderarbeit abgenommen. Grund zum Jubeln gibt es trotzdem nicht: Nach wie vor werden Kinder ausgebeutet, weltweit 160 Millionen, davon schuften allein 1,5 Millionen auf Kakaoplantagen in Westafrika, oft unter gefährlichen Bedingungen.

  • E&W: Was tut Gepa dagegen?

Frommeyer: Wir beziehen den Kakao für unsere Schoko-laden vor allem aus der Dominikanischen Republik und São Tomé e Príncipe, aber auch aus Peru, Bolivien, Madagaskar, Togo und Uganda. Wir handeln mit den Kooperativen direkt. Und wir bezahlen ihnen einen Preis, der aufgrund einer Bio- und Fairhandelsprämie immer über dem Weltmarktpreis liegt. Das ist wie eine Boje, die immer auf dem Wasser schwimmt, selbst wenn der Pegel steigt. In Zeiten niedriger Weltmarktpreise zahlen wir den Genossenschaften einen Preis, der nie unter 3.500 US-Dollar pro Tonne Bio-Kakao fällt. Das gibt Kleinbauern-familien eine Planungssicherheit, die Erzeuger für den konventionellen Markt nicht haben.

  • E&W: Lange lagen die Preise für die Tonne Rohkakao -unter 3.000 US-Dollar, jetzt erfahren sie seit Monaten ein nie dagewesenes Hoch. Was sind die Ursachen?

Frommeyer: Knappheit, vor allem durch Ernteeinbrüche und Pflanzenkrankheiten als Folge der Klimakrise. Aber auch, weil Börsianer mit dem Rohstoff Kakao spekulieren. Deswegen erleben wir zurzeit eine Achterbahnfahrt mit Schwankungen zwischen 6.000 und 12.500 US-Dollar pro Tonne.

  • E&W: Vor zehn Jahren warb Gepa damit, dass 82 Prozent des Rohstoffpreises bei den Kakaobauern landen. Ist das bis heute so?

Frommeyer: Eine repräsentative Kalkulation können wir derzeit nicht erstellen, weil die Preise dauernd rauf und runter gehen. Aber natürlich profitieren unsere Partnergenossenschaften und damit die Kleinbauernfamilien von den hohen Marktpreisen. Das verringert auch das Risiko von Kinderarbeit: Erst wenn Eltern genug Einkommen erzielen, schicken sie ihre Kinder nicht mehr aufs Feld, in Fabriken oder Minen.

  • E&W: Die Tafel Schokolade kostet heute einiges mehr als noch vor einem Jahr – Gepa begründet den Preisanstieg mit dem teuer gewordenen Rohstoff. Manche Prognosen gehen davon aus, dass der Kakaopreis weiter steigt. Ein Fass ohne Boden?

Frommeyer: Ja, wir haben den Preis für unsere Schokoladen im Oktober um im Schnitt 20 Prozent erhöht, pro Tafel um 20 bis 70 Cent. Wir mussten jetzt nochmal erhöhen und hoffen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher das annehmen. Fakt ist aber auch: Für 100 Gramm Dubai-Schokolade, die nicht fair und bio produziert wird, legen manche bis zu 20 Euro auf den Tisch.