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DGB: Umbrüche in Wirtschaft und Gesellschaft sozial gerecht gestalten

Mehr soziale Gerechtigkeit, mehr Frauen in Wahlämtern, mehr Unterstützung des gesellschaftlichen Engagements gegen Rassismus: Beim 21. DGB-Bundeskongress berieten und beschlossen die Delegierten rund 80 Anträge und bestätigten ihre Führungsriege.

GEW-Vorsitzende Marlis Tepe auf dem 21. Parlament der Arbeit des DGB (Foto: Manfred Brinkmann)

Auch die Lehrerin Stefanie Kalupke wurde schon massiv von einem Schüler bedroht.

Der 21. Ordentliche Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes hat die Weichen für den politischen Kurs der nächsten vier Jahre gestellt: Bei ihrem Treffen vom 13. bis 17. Mai in Berlin forderten die Delegierten die Bundesregierung auf, notwendige Verbesserungen für Beschäftigte schnell umzusetzen, um den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft wiederherzustellen. Umbrüche in Gesellschaft und Wirtschaft wie Digitalisierung, Globalisierung und demografischer Wandel müssten demokratisch, sozial gerecht und nachhaltig gestaltet werden. Reiner Hoffmann wurde mit 76,3 Prozent der Stimmen als DGB-Vorsitzender wiedergewählt, Elke Hannack mit 86,5 Prozent der Stimmen als Vizevorsitzende. In ihren Ämtern bestätigt wurden auch die Vorstandsmitglieder Annelie Buntenbach und Stefan Körzell. Zudem beschloss der Bundeskongress eine Frauenquote für DGB-Wahlämter, um sicherzustellen, dass der Frauenanteil in Organen und Gremien mindestens dem der Mitgliedschaft entspricht.

An dem Kongress unter dem Motto „Solidarität_Vielfalt_Gerechtigkeit“ nahmen 400 Delegierte aus den acht Mitgliedsgewerkschaften sowie zahlreiche Gäste teil, darunter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundesfinanzminister Olaf Scholz, Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und der Regierende Bürgermeister Berlins, Michael Müller (alle SPD). Insgesamt wurden rund 80 Anträge debattiert.

„Wir müssen unsere Lehrer in die Lage versetzen, unsere Kinder ordentlich zu unterrichten.“ (Angela Merkel)

Hoffmann sagte, die gute wirtschaftliche Lage dürfe nicht über gravierende Missstände hinwegtäuschen. Trotz hoher Beschäftigung und sinkender Arbeitslosigkeit arbeiteten rund 20 Prozent der Beschäftigten im Niedriglohnsektor. Gleichzeitig öffne sich die Schere bei Vermögen und Einkommen. „Die Menschen haben ein feines Gespür dafür, dass es immer ungerechter zugeht“, sagte Hoffmann. Mit Blick auf die Digitalisierung forderte er eine „präventive Bildungsstrategie“, um Arbeitslosigkeit und Rationalisierung zu verhindern. Auch Merkel äußerte sich in ihrer Rede zum Thema Bildung – und insbesondere zur Lehrkräfteweiterbildung. „Wir müssen unsere Lehrer in die Lage versetzen, unsere Kinder ordentlich zu unterrichten. Wer vor 20 oder 30 Jahren studiert hat, kennt heute vielleicht die digitalen Dinge nicht so gut, die aber für den Unterricht von Relevanz sind.“

Verabschiedet wurde auch ein Antrag, der unter anderem eine Verbesserung des Bildungssystems vorsieht. „Gemessen am Ziel des Dresdner Bildungsgipfels, mindestens zehn Prozent des BIP in Bildung und Forschung zu investieren, muss der Staat schon heute jährlich mindestens 27 Milliarden Euro zusätzlich in Kindertagesstätten, Schulen, Hoch- und Berufsschulen und Weiterbildung investieren“, heißt es darin. Auch für die Sanierung von Schulen müsse mehr Geld ausgegeben werden. Das Kooperationsverbot sei für alle Bereiche des Bildungssystems aufzuheben. Ferner müssten Bund, Länder und Kommunen sämtliche Bildungsgebühren abschaffen – von der Kindertagesstätte über die Hochschule bis zum Meister-Kurs. Für den Anschluss an das digitale Zeitalter müsse der Digital-Pakt endlich umgesetzt werden. Auch der Hochschulpakt zwischen Bund und Ländern sei zu verstetigen.

Gemeinsamer Aktionsplan gegen Rassismus und Verbot der NPD gefordert

In dem Antrag „Rechtsextremismus bekämpfen, Rassismus überwinden, Antirassismusarbeit verstärken“ wurde für eine stärkere Unterstützung des zivilgesellschaftlichen Engagements plädiert: Notwendig sei ein gemeinsam von Bund, Ländern und Kommunen sowie der Zivilgesellschaft zu erarbeitender Aktionsplan gegen Rassismus. Ferner heißt es: „Die Beobachtung rechtsextremer Gruppierungen und Tendenzen sowie der Verfassungsschutz in Bund und Ländern bedürfen einer Neuausrichtung.“ Opfer und Betroffene rassistischer und rechtsextremer Straf- und Gewalttaten sollten über einen Bund-Länderfonds entschädigt werden. Die Gewerkschaften erneuerten auch ihre Forderung nach einem Verbot rechtsextremer Gruppierungen und Organisationen, insbesondere der NPD: Bundestag und Bundesregierung sollten den Verbotsantrag der Länder unterstützen und dem Verfahren beitreten.

Unterdessen nimmt auch Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst weiter zu. In Berlin berichteten Betroffene aus verschiedenen Berufen, wie sie Gewalt im Alltag erlebten. Die Lehrerin Stefanie Kalupke beispielsweise erzählte von einem Schüler, der drohte, sie „abzustechen“ – weil sie ihn in der Pause am Verlassen des Schulhofs hindern wollte.