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Konferenz der europäischen Wissenschaftsministerinnen und -minister

Dauerstellen für Daueraufgaben auch im europäischen Hochschulraum

Gute Lehre und gute Arbeitsbedingungen für die Lehrenden sind zwei Seiten einer Medaille. Das hat GEW-Vize Andreas Keller in seinem Appell an die europäischen Wissenschaftsministerinnen und -minister deutlich gemacht.

„Gute Lehre und gute Arbeitsbedingungen für die Lehrenden sind zwei Seiten einer Medaille“, sagte GEW-Hochschulexperte Andreas Keller. (Foto:stocksnap.io)

Die GEW hat auf der  Konferenz der Wissenschaftsministerinnen und -minister den Abbau berechenbarer Laufbahnen und eine Zunahme von befristeten Arbeitsverträgen an den Hochschulen kritisiert. „Diese Entwicklung untergräbt die Kontinuität und Qualität von Lehre und Forschung – und schließlich auch des Studiums“, sagte Andreas Keller, GEW-Hochschulexperte und Vizepräsident der Dachorganisation der europäischen Bildungsgewerkschaften EI/ETUCE, für die er auf der Konferenz sprach. Die Konferenz wurde wegen der Coronapandemie als Online-Veranstaltung abgehalten.

Seine Forderung an die Ministerinnen und Minister: „Dauerstellen für Daueraufgaben in Lehre und Forschung, Beschäftigungssicherheit, verlässliche Karrierewege und eine angemessene berufliche Fort- und Weiterbildung.“ Darüber hinaus machte sich Keller für eine bessere öffentliche Finanzierung der Hochschulen stark, auch als Beitrag zur Überwindung der gegenwärtigen Corona-Krise.

Schutz der Wissenschaftsfreiheit

Zudem rief GEW-Hochschulexperte Keller zum Schutz der Wissenschaftsfreiheit in Europa auf. In den letzten Jahren habe es immer wieder zum Teil schwere Verstöße gegen die Grundwerte des Europäischen Hochschulraums gegeben. Aktuell werden in Weißrussland Studierende und Lehrende verfolgt, weil sie die Legitimität der Präsidentschaftswahl hinterfragen.

„Wir bitten Sie eindringlich, die demokratische Mitbestimmung, die kollegiale Selbstverwaltung und den sozialen Dialog als Teil einer Strategie zur Gewährleistung der akademischen Freiheit zu stärken.“ (Andreas Keller)

„In der Türkei wurden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entlassen und ins Gefängnis gesperrt, weil sie einen Friedensappell unterzeichneten. In Ungarn wurden Gender-Studies per Regierungsdekret aus dem Lehrangebot der Hochschulen gestrichen. In Weißrussland werden Studierende und Lehrende verfolgt, weil sie die Legitimität der Präsidentschaftswahl hinterfragen. Ministerin Karliczek muss diese Vorfälle zur Sprache bringen und Druck auf ihre Amtskollegen ausüben“, sagte Keller bereits am Mittwoch im Vorfeld der Konferenz.

„Wir bitten Sie eindringlich, die demokratische Mitbestimmung, die kollegiale Selbstverwaltung und den sozialen Dialog als Teil einer Strategie zur Gewährleistung der akademischen Freiheit zu stärken“, appellierte Keller an die Ministerinnen und Minister. Im Vorfeld der Konferenz hatten die Vorgänge im Weißrussland zu diplomatischen Verwicklungen geführt. Die Mitgliedsstaaten des Europäischen Hochschulraums konnten sich nicht auf eine gemeinsame Resolution zu dem Thema verständigen.

Mitglieder der belarussischen Studierendenvertretung mutmaßlich festgenommen

Die Vertreterin des weißrussischen Bildungsministeriums verlor in ihrer Rede kein Wort über Vorwürfe. Stattdessen führte sie aus, dass sich das Hochschulwesen im Belarus im Einklang mit den Vorgaben des Europäischen Hochschulraums und dessen Grundwerte entwickelten. Die Regierung unterstütze auch die Arbeit der nationalen Studierendenrats. Dem widersprach die Präsidentin der europäischen Studierendenvertretung ESU, Gohar Hovhannisyan, vehemt. Sie berichtete, dass Mitglieder der Studierendenvertretung festgenommen und vom belarussischen Geheimdienst verhört worden seien. Am Ende blieb zwar der von Manchen erwartete Eklat auf der im Detail durchchoreografierten Ministerinnen- und Ministerkonferenz aus. Aber es bleibt ein schaler Beigeschmack, welchen Wert die im Europäischen Hochschulraum getroffenen Vereinbarungen haben, wenn diese von einzelnen Unterzeichnerstaaten ignoriert werden.

Insgesamt zeigte Keller sich trotzdem zufrieden mit den Gesprächen: „In ihrem Kommuniqué betonen die Ministerinnen und Minister, dass Wissenschaftsfreiheit, Hochschulautonomie und Mitbestimmung respektiert, die soziale Dimension des Europäischen Hochschulraums gestärkt und die Lehrenden besser unterstützt werden müssen, auch durch attraktive Beschäftigungsbedingungen. Das ist eine gute Grundlage für die Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses bis zur nächsten Konferenz 2024 in Albanien – auch für mehr Dauerstellen für Daueraufgaben an Europas Hochschulen. Wir werden uns weiter einmischen“, resümierte Keller.