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D4 - Für eine umfassende Reform des Befristungsrechts für die Wissenschaft!

Die GEW will das WissZeitVG zu einem Wissenschaftsentfristungsgesetz weiterentwickeln.

Die GEW stellt fest: An Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Deutschland feiert das Befristungsunwesen 15 Jahre nach Inkrafttreten des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) fröhliche Urständ. Daran hat auch die 2016 in Kraft getretene Novelle des Gesetzes nichts geändert. Die wesentlichen Ziele der WissZeitVG-Novelle wurden verfehlt. Die Novelle dämmt weder unsachgemäße Befristung noch Kurzzeitbefristungen ein.

Der Anteil der befristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen ist mit 84 Prozent an den Universitäten und 78 Prozent an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) so hoch wie vor der Novelle, wie aus der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beauftragten und im Mai 2022 veröffentlichten Evaluation hervorgeht. Die Laufzeiten der Zeitverträge sind nach einem vorübergehenden Anstieg wieder auf das Niveau vor 2017 zurückgefallen. 42 Prozent der Zeitverträge an Universitäten laufen nicht einmal ein Jahr, an den HAW beträgt dieser Anteil sogar 45 Prozent. Optionen einer Vertragsverlängerung zum Nachteilsausgleich (familienpolitische und behindertenpolitische Komponente) werden kaum genutzt.

Die GEW fordert, das WissZeitVG zu einem Wissenschaftsentfristungsgesetz weiterzuentwickeln. Ziele einer solchen Reform sind Dauerstellen für Daueraufgaben in Forschung, Lehre und Wissenschaftsmanagement sowie Mindeststandards für Zeitverträge, sofern diese gerechtfertigt sind. Eckpunkte der Weiterentwicklung des WissZeitVG zu einem Wissenschaftsentfristungsgesetz sollten sein:

  • Qualifizierungsbefristung von wissenschaftlichem und künstlerischem Personal nur bei einer echten wissenschaftlichen Qualifizierung wie der Promotion, für die mindestens 50 Prozent der regulären Arbeitszeit selbstbestimmt zur Verfügung steht,
  • verbindliche Mindestlaufzeiten für Qualifizierungsverträge, die sich an der bisherigen Höchstbefristungsdauer von sechs Jahren (Regellaufzeit) und einer Untergrenze von vier Jahren orientieren,
  • Befristung von Arbeitsverträgen mit promovierten Wissenschaftler*innen allenfalls mit einer verlässlichen und berechenbaren Entfristungsperspektive,
  • verbindliche Ausgestaltung der familien- und behindertenpolitischen Komponente sowie der Corona-Komponente im Sinne eines Rechtsanspruchs auf Vertragsverlängerung bei Kinderbetreuung, Behinderung oder chronischer Erkrankung sowie pandemiebedingter Verzögerung von Forschung und Qualifizierung,
  • Absicherung von drittmittelbefristeten Beschäftigten und deren Gleichstellung mit qualifizierungsbefristeten Beschäftigten im Hinblick auf Verlängerungsansprüche zum Nachteilsausgleich,
  • Ausschluss von Beschäftigten, die überwiegend Lehraufgaben oder Aufgaben in Wissenschaftsmanagement oder Wissenschaftsverwaltung wahrnehmen, aus dem Geltungsbereich des Gesetzes,
  • Verzicht auf eine Höchstbefristungsgrenze sowie die Verankerung einer Mindestvertragslaufzeit von zwei Jahren für studentische Beschäftigte,
  • ersatzlose Streichung der Tarifsperre, die Gewerkschaften und Arbeitgebern die Aushandlung von vom Gesetz abweichenden und für die Beschäftigten günstigeren Befristungsregelungen verbietet.

Darüber hinaus fordert die GEW für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst wie bei freien und privaten Arbeitgebern die Streichung der sachgrundlosen Befristung aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).